Hast du «Picky Eaters» zu Hause? Das kannst du tun
Hilfe, mein Kind will nur Pommes und Pasta!

Oft fragen sich Eltern, was sie falsch gemacht haben, wenn sich das Kind nur von Pasta, Pizza und Pommes ernährt. Nicht so viel, sagt jetzt eine Studie aus England. Warum, und was du tun kannst, wenn du einen Picky Eater daheim hast, erklärt eine Ernährungsexpertin.
Publiziert: 05.12.2024 um 16:42 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2024 um 17:45 Uhr
Lieber Schokolade statt Broccoli: Am Familientisch kann es zu kleinen Machtkämpfen zwischen Eltern und Kindern kommen.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

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Maja ZivadinovicFreie Journalistin Service-Team

Dass die meisten Kinder Schoggi besser finden als Broccoli, ist keine Überraschung. Auch dass Pommes höher im Kurs sind als Gemüse, ist verständlich. Was aber, wenn du einen sogenannten «Picky Eater» daheim hast? Also ein Kind, das gar keine Lust hat, sich aus seiner kulinarischen Komfortzone zu bewegen? Eine Situation, die für die ganze Familie belastend und frustrierend sein kann. Die Kinderernährungsexpertin Franziska Hess hat Antworten und Tipps.

Blick: Frau Hess, was können wir tun, wenn sich unser Baby nicht für das Essen vom Tisch interessiert?
Franziska Hess: In diesem Fall können drei Fragen abgecheckt werden: Ist das Kind schon bereit dafür? Der optimale Beikost-Start ist individuell. Ist das Kind hungrig? Ein gut gefüllter Magen schmälert natürlich das Interesse am Essen. Derweil ist auch ein zu grosser Hunger ungünstig, weil dieser ungeduldig macht. Und: Ist das Kind müde? Neues auszuprobieren ist dann zu anstrengend. Am besten ist es, wenn Eltern eine gute und entspannte Situation rund um das Essen schaffen und dabei auf die Signale des Kindes eingehen, sobald dieses Interesse zeigt.

Was tun, wenn das Kind plötzlich kein Gemüse oder keine Früchte mehr essen will?
Entspannt bleiben! In den meisten Fällen handelt es sich nur um eine Phase – die in manchen Fällen allerdings Jahre dauern kann. Obst und Gemüse sind ein Teil des Nahrungsangebotes, das wir Kindern zur Verfügung stellen sollen. Das Kind soll und darf aber selber entscheiden, wie viel es davon essen mag. In Gruppen springen übrigens viele über den eigenen Schatten und probieren Neues. Ebenfalls bewährt haben sich kleine Degustationen am Familientisch: Man kann gemeinsam zum Beispiel Rüebli auf verschiedene Arten zubereiten, schön präsentieren und darüber diskutieren, was einem besser und was weniger gut schmeckt.

Was kann man machen, wenn das Kind partout nichts Neues probieren will?
Auch hier rate ich zu Pragmatismus. Gut ist, dem Kind das gewünschte Essverhalten vorzuleben und es zum Probieren einzuladen. Wenn es nicht will, soll man es auf keinen Fall zwingen, sondern einfach weiterhin als gutes Beispiel vorangehen. Wenn die Eltern aber das Gefühl nicht loswerden, dass etwas anderes hinter der Verweigerung steckt, sollen sie sich an ihre Kinderärztin oder den Kinderarzt wenden.

Auch die Genetik macht aus Kindern wählerische Esser

Wenn Eltern Picky Eaters am Tisch haben, machen sie sich gerne Vorwürfe und fragen sich, was sie in Sachen Ernährung falsch machten. Tatsächlich können Eltern gar nicht so viel dafür, zeigt eine englische Studie.

Forschende des King’s College London und der University of Leeds und des University Colleges London haben Daten zum Essverhalten ein- und zweieiiger Zwillingspaare, die im Jahre 2007 geboren wurden, verglichen.

Das Resultat: Eineiige Zwillinge wiesen ein ähnlich wählerisches Essverhalten auf, während bei genetisch unterschiedlichen Zwillingen abweichendes Verhalten beobachtet werden konnte

Die Schlussfolgerung: Es ist weniger der äussere Einfluss, sondern rund 60 Prozent der Genetik dafür verantwortlich, ob ein Mensch zum wählerischen Esser wird.

Wenn Eltern Picky Eaters am Tisch haben, machen sie sich gerne Vorwürfe und fragen sich, was sie in Sachen Ernährung falsch machten. Tatsächlich können Eltern gar nicht so viel dafür, zeigt eine englische Studie.

Forschende des King’s College London und der University of Leeds und des University Colleges London haben Daten zum Essverhalten ein- und zweieiiger Zwillingspaare, die im Jahre 2007 geboren wurden, verglichen.

Das Resultat: Eineiige Zwillinge wiesen ein ähnlich wählerisches Essverhalten auf, während bei genetisch unterschiedlichen Zwillingen abweichendes Verhalten beobachtet werden konnte

Die Schlussfolgerung: Es ist weniger der äussere Einfluss, sondern rund 60 Prozent der Genetik dafür verantwortlich, ob ein Mensch zum wählerischen Esser wird.

Wie reagieren wir richtig, wenn es der Nachwuchs keine fünf Minuten am Familientisch aushält?
Nach einer Ermahnung soll man das Essen des Kindes wegräumen und ihm erst bei der nächsten geplanten Mahlzeit wieder etwas zu essen geben. Dazwischen soll es keine Extras bekommen. 

Gibt es sowas wie eine Faustregel, wie viele Süssigkeiten es wirklich verträgt?
Gemäss Empfehlungen der Schweizer Gesellschaft für Ernährung ist gegen eine kleine Portion Süsses (oder salzige Knabbereien) pro Tag nichts einzuwenden.

Welches sind Ihre wichtigsten Ratschläge für Eltern?
Grundsätzlich soll man sich bewusst sein, dass Kinder das Essverhalten – gutes und schlechtes – hauptsächlich durch Nachahmung erwerben. Eltern sollen vorleben, was ihnen bei der Ernährung und beim Essen wichtig ist. Ich plädiere dafür, dass Eltern den Zeitplan, das Angebot und den Ort des Essens bestimmen, das Kind darf immer selber entscheiden, was und wie viel es essen will. Am Tisch selber rate ich von Ablenkungen wie Bücher, Spielsachen und Bildschirm ab. Auch sollen die Essensmengen nicht gelobt oder getadelt werden. Das Kind soll seinen Bedürfnissen entsprechend essen und nicht den Eltern zuliebe. In Bezug auf das Essen sollen auch keine Belohnungen oder Bestrafungen gemacht werden. Sätze wie «Wenn du aufisst, gibts Dessert» sind kontraproduktiv. Ganz allgemein gilt am Familientisch: keine Machtkämpfe und keine Zwänge. Und dann betone ich stets gerne, dass Kinder meist sehr gut spüren, wie viel sie benötigen. Die Sättigung wahr- und ernstzunehmen, ist der beste Schutz vor Überessen und somit ein Schutz vor Übergewicht.


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