Im grossen Blick-Test der besten Schweizer Schaumweine belegte das Weingut Obrecht aus der Bündner Herrschaft von über 42 Kandidaten die vorderen Plätze 4 und 5. Dabei sind Schaumweine nur ein kleiner Anteil der gesamten Weinproduktion der Obrechts.
Auf den rund sieben Hektar Rebland in Jenins GR und Malans GR werden vornehmlich Rot- und Weissweine, von Pinot noir bis hin zu Completer, gekeltert. Obrecht-Weine erhalten von der Fachpresse regelmässig Höchstnoten und sind sehr gefragt. Was viele nicht wissen: Francisca Obrecht (45) und ihr Mann Christian (44) arbeiten strikt biodynamisch.
Arten von Weinbau und Weinbereitung
Es gibt verschiedene Arten, wie Winzer im Rebberg und Keller arbeiten. Die konventionelle, moderne Methode zielt auf hohe und sichere Erträge. Chemisch hergestellte Dünger für den Rebberg sowie Reinzuchthefen für die Gärung sind zwei wichtige Elemente. Der Nachteil: Monokulturen und kaputte, unter anderem mit Schwermetallen belastete Böden.
Der etwas schwammig definierte nachhaltige Weinbau setzt auf das optimierte Zusammenspiel von wirtschaftlicher, sozialer und umweltspezifischer Nachhaltigkeit. Biodiversität wird gefördert, Abfälle werden auf ein Minimum reduziert, doch chemische Dünger oder Pflanzenschutzmittel können trotzdem eingesetzt werden. Neuseeland wird im nachhaltigen Weinbau eine Pionierrolle zugeschrieben.
Ökologischer Weinbau (Bio) verbietet Chemie und setzt stattdessen auf Kompost, natürlich hergestellte Dünger und Pflanzenschutzmittel sowie eine Reduktion von Monokulturen.
Die Vorteile: Die Gesundheit und natürliche Widerstandsfähigkeit von Böden und Reben nimmt zu und die Kosten für teure Chemie fällt weg. Auf der anderen Seite entsteht ein Risiko für Ernteausfälle in schwierigen Jahren und eine mögliche Abhängigkeit von kupferbasierten Lösungen gegen Krankheiten wie zum Beispiel Mehltau.
Biodynamischer Weinbau geht weiter
Nach den Lehren von Rudolf Steiner (1861–1925) und Maria Thun (1922–2012) bezieht der biodynamische Weinbau Elemente vom ökologischen Weinbau und vernetzt diese mit philosophischen und kosmologischen Elementen. Neue Reben sollten zum Beispiel nur bei abnehmendem Mond gepflanzt werden, weil die Böden in dieser Mondphase dafür besser empfänglich seien.
Ein weiteres Beispiel: Über den Sommer vergraben die Obrechts mit Quarzkiesel gefüllte Kuhhörner zwischen den Rebstöcken. Im Herbst befüllen sie neue Kuhhörner, dieses Mal mit Kuhmist, die den ganzen Winter über unter der Erde bleiben. Im Frühling wird der entstandene Kompost der Kuhmist-Hörner als wässrige Lösung tröpfchenweise im Weinberg verteilt.
«Regenwasser schwemmt den natürlichen Dünger tief in die Erde und erhöht so die am Standort vorliegende Aktivität, damit die im Boden vorhandenen Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar werden», so Obrecht.
Die Erklärung mit der Party
Doch wie lässt sich beweisen, dass die Reben sowie der fertige Wein von all den biodynamischen Eingriffen wirklich profitieren? Obrecht erklärt es mir so: «Sie sind an einer Party. Menschen lachen, flirten und trinken zusammen ein feines Glas Wein. Wenn sich ein Paar miteinander unterhält, wie erkennt man, ob die beiden zusammen sind oder einfach nur gut miteinander auskommen?»
Ich überlege lange, bis mich Obrecht erlöst: «Sie spüren es. Ein Lachen ist nicht einfach ein Lachen. Strahlt es Wärme, Zuversicht und Geborgenheit aus oder ist es generisch und aufgesetzt? Sie können es empirisch nicht beweisen, aber sie spüren, wo Energie und Aufmerksamkeit in einer Beziehung steckt. Und so geht es mir bei unseren Weinen. Ich spüre, dass es unseren Reben dank des biodynamischen Weinbaus prächtig geht».
Auswahl von weiteren biodynamischen Weinen aus der Schweiz
- Adrian Hartmann
- Biovin Bruno Martin
- Bioweingut Karin und Roland Lenz
- Cave de la Tour
- Château le Rosey
- Christian Zündel
- Cru de l'Hôpital
- Domaine Château de Rochefort
- Domaine de Beudon
- Domaine des Lerins
- Domaine La Capitaine
- Louis Liesch, Bioweine
- Marie-Thérèse Chappaz
- Pierre Fonjallaz
- Tom Litwan
- Weingut Sprecher von Bernegg