Mit dem Einbruch kürzerer Tage bringen köstliche Wildgerichte den Herbst auf unsere Teller. Egal ob gegrillte Rehkeule, aromatischer Hirschpfeffer oder ein herzhaftes Wildragout, sie alle zeichnen sich durch ihren kräftigen und einzigartigen Geschmack aus. Dabei ist das passende Wein-Pairing der Schlüssel, um das Beste aus einem Wildgericht herauszuholen. Weltmeister-Sommelier Marc Almert verrät uns seine Geheimtipps.
Blick: Herr Almert, Wild ist nicht gleich Wild. Was sind die häufigsten Wildgerichte, mit denen Sie als Sommelier konfrontiert sind?
Marc Almert: Hirsch und Reh in jeglicher Form; als Rückenfilet, als Gulasch, als Pfeffer, als Pastete… aber auch Wildgeflügel steht bei uns regelmässig auf der Speisekarte. Im preisgekrönten Pavillon Restaurant serviert unser Küchenchef Maximilian Müller im Herbstmenü aktuell zum Beispiel gebratenes Reh mit Pilzen und Sauce Grand Veneur.
Was hat den grössten Einfluss auf das Wein-Pairing bei Wild: Die Fleischsorte, die Zubereitungsart oder der Würzigkeitsgrad?
Die Fleischsorte gibt die Grundrichtung vor, doch entscheidend sind vor allem die Art der Zubereitung sowie die Würze und Beilagen. Für viel Pfeffer braucht es zum Beispiel andere Weine, als für ein Gericht, bei dem eher Preiselbeeren im Vordergrund stehen.
Marc Almert (32) kommt aus Deutschland und ist Association de la Sommellerie International (ASI) Best Sommelier of the World 2019. Als Chef-Sommelier des Schweizer 5-Sterne-Hotels Baur au Lac und deren Weinhandlung befasst er sich tagtäglich mit den perfekten Weinkombinationen zu verschiedenen Speisen.
Marc Almert (32) kommt aus Deutschland und ist Association de la Sommellerie International (ASI) Best Sommelier of the World 2019. Als Chef-Sommelier des Schweizer 5-Sterne-Hotels Baur au Lac und deren Weinhandlung befasst er sich tagtäglich mit den perfekten Weinkombinationen zu verschiedenen Speisen.
Wie beeinflussen die Zubereitungsarten von Wild, wie Braten, Grillen oder Schmoren, die Wahl des Weins?
Wenn ein Gericht angebraten ist – man spricht von Röstaromatik – harmoniert es hervorragend mit Weinen, die tanninbetont und/oder im Holz ausgebaut sind. In unserer aktuellen Weinbegleitung haben wir zum Beispiel einen Malbec Blend der toskanischen Tenuta Sette Cieli. Ist das Gericht geschmort, sollte es etwas weniger gerbstoffhaltig und gerne opulent sein. Hervorragend eignen sich hierzu etwa Cuvées aus Grenache und Syrah, wie aus Châteauneuf-du-Pape oder auch aus dem Priorat.
Welche Aromen in Wildgerichten sollten in einem Wein idealerweise ergänzt oder kontrastiert werden?
Nebst dem eigenen Wildgeschmack sind fast immer Gewürze wie Pfeffer, Nelke oder Wacholder im Spiel. Hier hilft ein Quäntchen Säure und Kraft im Wein, um Paroli zu bieten. Ebenso fühlen sich Weine aus wärmeren Regionen wohler mit Wild als leichte Weine aus kühlen Regionen.
Bei Wild denken viele in erster Linie an Rotwein. Gäbe es auch geeignete Weissweine?
Auf jeden Fall. Ein weisser Rioja, ein im Holz ausgebauter Chardonnay aus Napa – wie zum Beispiel von Duckhorn – oder auch ein Bündner Completer sind tolle Begleiter zu manchen Wildgerichten.
Und wie sieht es mit Sherry oder Portwein aus?
Sind eine Challenge, kann aber je nach Sauce auch gut funktionieren. Hier gilt der bekannte Grundsatz; der Wein, der in der Sauce ist, harmoniert auch oft gut zum Gericht. Zum Kochen und Begleiten von Wild gut geeignet wären Oloroso Sherrys. Vom Douro würde ich in die Sauce eher einen Ruby Port geben, denn den begleitenden Vintage Port möchte man im Glas zelebrieren. Viele Portweinhäuser erzeugen inzwischen übrigens hervorragende trockene Rotweine, die auch ausgezeichnet zu Wild passen. Mein persönlicher Tipp: die Quinta de la Rosa aus Pinhão.
Welche Rebsorten empfehlen Sie generell für die Begleitung von Wildgerichten? Gibt es spezielle Weinregionen oder Herkünfte, die besonders gut zu Wild passen?
Syrah zählt zu meinen liebsten Sorten für dieses Pairing, sowohl aus dem Wallis, aus Frankreich oder auch aus Südaustralien. Nebbiolo aus dem Piemont ist ein Gedicht zu Wild, vor allem wenn Pilze oder Trüffel ebenfalls im Gericht sind. Hier darf es gerne auch etwas Holz haben, wie zum Beispiel bei den Weingütern Rocche Costamagna und Paolo Conterno. Und gegen einen gut gereiften Cabernet Sauvignon würde ich mich auch nicht wehren. Alle diese Weine haben genug Kraft und Würze, um Wildgerichte hervorragend zu begleiten.
Welches wäre Ihr persönlicher Schweizer Rotwein-Pairing-Favorit für ein typisch schweizerisches Wildgericht?
Cornalin! Diese oft unterschätzte autochthone Rebsorte des Wallis hat für mich persönlich im Vergleich zum Syrah noch ein klein wenig mehr Würze und dazu eine tragende Säure sowie firmes Tannin. Hervorragend zu vielen kräftigeren Wildgerichten, vor allem wenn man ihr etwas Flaschenreife zugesteht. In meinem Keller daheim schlummern zum Beispiel noch ein paar Fläschchen von Didier Joris, die auf den passenden Rehrücken warten…
Gibt es spezielle Empfehlungen für Beilagen oder Saucen, die das Pairing von Wild und Wein vereinfachen können?
Pilze! Trüffel! Sauce Grand Veneur! Pfeffersauce! Preiselbeeren! Birne! Rotkohl! Grünkohl mit Speck! Spätzle… alles hervorragend zu Wild und Wein. Pilze und Trüffel ebnen erdigen Weinen wie Nebbiolo die Bühne. Pfeffer und andere würzige Saucen sind perfekt zum Pairen von Syrah, Cornalin & Co., die selber viel Würze mitbringen. Preiselbeeren betonen die Fruchtigkeit im Wein, zum Beispiel bei gereiftem Pinot Noir oder Humagne Rouge. Kohl gibt ebenfalls oft einen leichten Frischekick in der Kombination.
Zum Abschluss: Kennen sie auch ungewöhnliche oder weniger bekannte Weinkombinationen, die sie für Wild empfehlen könnten?
Wir denken bei Wild oft nur an europäische Weine. Ein Blick über den europäischen Tellerrand lohnt sich aber ebenfalls. Die De Toren Bordeaux-Blends aus dem südafrikanischen Stellenbosch können genauso gut zu Wild passen, wie der Luddite Shiraz aus Bot River. Wer mal die Farbe wechseln möchte: Gereifte trockene Champagner mit langem Hefelager, insbesondere Blanc de Noirs, sind ein perfekter Match zu zahlreichen würzigen Wildgerichten, da sie selbst eine erdige und nussige Aromatik entwickeln. Abenteurerinnen und Abenteurer probieren zu leichteren Wildgerichten wie Geflügel, zu denen Früchte im Gericht serviert werden, zum Beispiel einen gereiften, trockenen Riesling aus Deutschland. Gerade kühlere Regionen wie der Mittelrhein können hier überraschen. Der Wow-Effekt ist garantiert, und die Kombination grandios!