Viele von uns denken beim Weinland Portugal in erster Linie an Portwein. Dass sich das mit rund 190'000 Hektar Reben bepflanzte südeuropäische Land immer häufiger mit traditionellen Rot- und Weissweinen einen Namen macht, wissen nur die wenigsten. Ändern möchte dies der Weltmeister Sommelier Marc Almert (31), der sich nicht nur bestens mit portugiesischen Weinen auskennt, sondern auch mit den passendsten Speisekombinationen.
So treffe ich den Deutschen zusammen mit dem jungen Winzer Kit Weaver (29) aus Portugal zum Mittagessen im Restaurant Die Blume in Zürich-Schwamendingen. Almert hat im Jahr 2019 die Sommelier Weltmeisterschaft bei der Association de la Sommellerie Internationale (ASI) gewonnen und zählt seit jeher zu den weltweit gefragtesten Sommelier-Profis. Weaver ist ein junger, innovativer Winzer der neuen Generation. Er keltert die Weine der Quinta de la Rosa.
Portugiesische Weine sind eine Entdeckung wert
Sowohl die Weiss- als auch die Rotweine der Quinta de la Rosa passen allesamt perfekt zu den ausgewählten Speisen. Anstatt das Geschmacksprofil zu dominieren, ergänzen sie die verschiedenen Aromen der Speisen subtil und doch bestimmt. Zum Atlantik-Steinbutt mit Trüffelwirsing, Venere-Risotto und Weissweinschaum probiere ich zusätzlich zum Weisswein einen Rotwein, der ebenso hervorragend dazu passt.
Meine Begleitungen entscheiden sich für hausgemachte Nüdeli mit frischen Steinpilzen in Sherryrahmsauce sowie Rehgeschnetzeltes mit Waldpilzen, Spätzle und Wildgarnitur. Auch hierzu passen die filigranen, eleganten Weine der Quinta de la Rosa vorzüglich. Zum Abschluss probieren wir doch noch einen Portwein, der, wie könnte es auch anders sein, brillant zur Käseplatte mit Lichtensteiger Jersey Blue, Portweinfeigen und gerösteten Pecannüssen passt.
Blick: Herr Almert, welche Speisebegleitungen kommen ihnen bei Weinen aus Portugal, zum Beispiel aus der Region Douro, als Erstes in den Sinn?
Marc Almert: Der Fluss Douro mündet unweit der Weinreben in den Atlantik, somit sind die Weissweine oft im Pairing mit frischen Meeresfrüchten und leichten Fischgerichten unschlagbar. Die gehaltvolleren Rotweine eignen sich gut zu Schmor- und Wildgerichten, oder scharf angebratenem. Und ein White Port Tonic bereichert jeden Feierabend-Apero, erst recht, wenn Salziges wie Sardinen, Bacalhau (Kabeljau) oder Oliven und Schinken ins Spiel kommen.
Sie sind Chef-Sommelier im Zürcher Baur au Lac Hotel. Wie häufig empfehlen sie ihren Gästen portugiesische Weine als Speisebegleitung?
Regelmässig! Portugal zählt leider zu den Ländern, die in der Weinkarte – noch – häufig überblättert werden. Man denkt fast nur an die Portweine, vor allem zu Schokoladen-Desserts oder Blauschimmelkäse. Doch Portugal kann viel mehr! Im Baur au Lac empfehlen wir besonders gerne die frischen Weissweine zu Gerichten mit Zutaten aus den Meeren dieser Welt. Ferner bin ich überzeugt, dass jede und jeder, der spanische Rote liebt, den Blick auch weiter gen Westen öffnen sollte.
Haben sie ein persönliches Lieblingsweingut in Portugal?
Wir pflegen schon seit Jahrzehnten eine enge Verbundenheit mit der Familie Bergqvist, die im idyllischen Pinhão die Quinta de la Rosa betreibt. Hier begeistern mich vor allem die trockenen Weine, aber auch die Tawny Ports zählen zu meinen Geheimtipps zum Käseteller oder zur Tarte Tatin. Sophia hat das Weingut seit den 1970ern gemeinsam mit ihrem Vater Tim zur neuen Blüte geführt. Inzwischen zählen auch ein Boutique Hotel sowie zwei Restaurants dazu, von denen man eine traumhafte Aussicht auf den Douro sowie auf die Weinberge mit klingenden Namen wie Val do Inferno geniesst. Ihr Sohn, Kit, bringt seit einigen Jahren noch weitere, moderne Ideen ins Weingut ein und somit ergänzen sie sich ideal als Team. Ihren trockenen Roten empfehle ich im Baur au Lac besonders gerne zu Hochzeiten, da er für mich den perfekten Allrounder darstellt, mit dem man sowohl Weinkenner und Weinkennerinnen abholt als auch jene, die nur selten vergorenen Traubensaft im Glas haben.
Sie haben das Weinland Portugal bereits mehrfach bereist. Was ist ihre schönste Erinnerung an ihren letzten Aufenthalt?
Nach einer Fahrt mit dem historischen Zug ohne Klimaanlage auf der Strecke von Porto nach Pinhão, gibt es nichts Schöneres, als einen erfrischenden White Port Tonic und auf einem hoch gelegenen Weinberg den Blick schweifen zu lassen. Zurück in Porto, sollte man dann unbedingt das O Gaveto aufsuchen, wo man auf eine beeindruckende portugiesische Weinkarte trifft, zu der man eine Vielzahl klassischer Seafood-Gerichte von unschlagbarer Frische geniessen kann. Ein echter Geheimtipp!