«Das Liebesleben der Bundesratskandidaten» titelte der SonntagsBlick vor einer Woche und zeigte in Text und Bild die Partnerinnen und Partner der Kandidierenden. Solcher Journalismus irritiert. Die privaten Beziehungen von Politikerinnen und Politikern sind kein relevantes Thema – oder sind es nur unter ganz speziellen Voraussetzungen. Diese treffen in diesem Fall auf ein einziges der präsentierten Paare zu: Hier ist der (inzwischen ausgeschiedene) Bundesratskandidat Partner einer frisch gewählten Ständerätin, was im Fall einer Wahl bedeutet hätte, dass die Partnerin den Partner institutionell kontrolliert. Das kann zu Interessenskonflikten führen.
Im SonntagsBlick ging es aber um alle Kandidierenden und ihre Beziehungen. Mit der Folge, dass eine ganze Reihe von Personen, die nicht Teil des öffentlichen Lebens sind, aus purem Voyeurismus exponiert wurden. Es gehört zu unserem Demokratieverständnis, dass in der Schweiz auch die politische Prominenz unbehelligt über die Strasse gehen oder Tram fahren kann. Das muss noch viel mehr für deren Angehörige gelten.
Nun ist es allerdings nicht so, dass das Private grundsätzlich unpolitisch ist. Eher ist das Gegenteil der Fall – das wissen wir spätestens seit der Frauenbefreiungsbewegung und ihrem Slogan: «Das Private ist politisch!» Der Slogan war ungemein wichtig, weil er im Privaten verborgene Machtstrukturen aufdeckte. Damit kam ans Licht, wie Frauen in ihrem privaten Leben diskriminiert und drangsaliert werden. In der Folge wandelte sich vieles zum Besseren. Doch im Ziel sind wir nicht. Bezeichnend dafür ist, dass Femizide erst neuerdings als das wahrgenommen werden, was sie sind: Gewalttaten gegen Frauen – nicht «Familiendramen».
So weit dringt der SonntagsBlick aber nicht vor. Er reduziert das Private auf die Fotos von lächelnden Angehörigen. Statt um Befreiung und Emanzipation geht es um Show. Das hat weder die Politik noch der Journalismus verdient.
* Jacqueline Fehr ist SP-Mitglied und Regierungsrätin des Kantons Zürich.