Nachhaltige Firmen bevorzugt
Wenn die Grosseltern grün für die Enkel investieren

Dank Tillmann Lang (37) können Grosseltern in die Zukunft ihrer Enkel investieren: Mit einem Sparplan, der in nachhaltige Firmen investiert. Doch das Sagen hat nicht Lang, sondern der Computer.
Publiziert: 16.09.2020 um 18:10 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2020 um 09:41 Uhr
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Tillmann Lang (37), der Gründer der nachhaltigen Anlage-Plattform Yova in Zürich.
Foto: Moritz Leisen
Barbara Ehrensperger

Vertraut man Tillmann Lang (37) sein Geld an, so kann man das ganz genau definiert anlegen lassen. Aber alles nur in Firmen, die positive Auswirkungen haben auf die Gesellschaft, auf die Umwelt oder auf die Geschlechter-Gleichheit. Dafür geht man aber nicht bei ihm persönlich in seiner Anlage-Firma in Zürich vorbei, sondern man legt sein Geld online an.

Denn man vertraut sein Geld nicht Lang an, sondern seinem Computer oder noch genauer dem Algorithmus, den er zusammen mit seinen Technikleuten entwickelt hat. Dieser wählt für den Kunden die ideale Aktien-Kauf-Zusammenstellung mit den gewünschten positiven Auswirkungen aus. Das klingt sehr futuristisch. Traditionell hingegen ist, wie die meisten seiner Kunden das Geld bei ihm anlegen: «Rund 70 Prozent unserer Kunden investieren mit einem Sparplan», sagt Firmengründer.

Das Risiko bleibt

«Viele Grosseltern, Göttis und Gotten bezahlen jeden Monat Geld ein und legen das nach ihren Wünschen für die Enkel und Patenkinder an», erzählt er. Und macht es selber auch. «Noch nicht so lange, meine Kinder sind erst zweieinhalb und ein halbes Jahr alt», erzählt er im Gespräch mit BLICK. Aber wenn seine Kinder dann Erwachsene seien, mach das eine Stange mehr Geld aus, als wenn er das Geld in ein gewöhnliches Sparbuch einzahle. «Noch wichtiger ist mir aber, dass ich mit Geld Firmen unterstützen kann, die mir wichtig sind», sagt er.

Das bedingt aber, dass die Firmen, in die man investiert hat, Geld erwirtschaften. Sind Geldanlagen in nachhaltige Unternehmen nicht noch risikoreicher als es Aktienkäufe eh schon sind? «Nein, mehr Risiko nimmt man dabei nicht in Kauf», sagt Lang. Und gibt ein Gegenbeispiel: «Erdöl-Firmen haben auch die Pole als Bohrgebiete erfasst. Aber was, wenn man dort nicht mehr abbauen darf? Dann haben die Firmen gleich weniger Wert.» Geld in Firmen investieren ist nie risikofrei, man kann immer alles verlieren – das gilt natürlich auch für nachhaltige Anlagen. Oder wie der «Beobachter» schreibt: Beim Anlegen kann es nicht darum gehen, alle Risiken vollständig zu vermeiden. Das ist schlicht unmöglich. Wichtig ist aber, dass man nur Risiken eingeht, die man verkraften kann.

Keine Finanzanalysten, sondern «Techies»

Und warum nicht einfach in einen Nachhaltigkeits-Fonds investieren? Das sei natürlich simpler, meint Lang, der an der ETH Zürich seine Doktorarbeit geschrieben hat. Aber findet: «Da hat man weniger Transparenz und kann auch nicht eine Firma ausschliessen, die einem nicht zusagt.»

Und wie macht Yova, die Firma von Lang, dass sie nur in Unternehmen investiert, die wirklich nachhaltig arbeiten? «Wir machen das mit einem Big-Data-Ansatz. Wir nehmen alle Daten, die wir über eine Firma finden. Öffentliche und auch solche für die wir bezahlen müssen. Diese werten wir und unsere Algorithmen dann aus», erklärt er. So können sie die Wirkung der Unternehmen beurteilen.

Weil niemand die Finanzmärkte analysiert, sondern die unglaublich vielen Daten der Firmen ausgewertet werden müssen, arbeiten bei Yova keine Finanzanalysten. Die Hälfte der rund zwanzig Mitarbeitenden sind laut Lang «Techies».

Mehr nachgefragt

«Generell stellen wir fest, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Investitionen in letzter Zeit stark angestiegen ist», sagt André Bähler, Leiter Politik und Wirtschaft bei der Stiftung für Konsumentenschutz zu BLICK. Oft versprächen Anbieter von nachhaltigen Investitionen, dass sie auch soziale und ethische Standards einhielten. «Die entscheidende Frage ist natürlich, was denn überhaupt nachhaltig ist und was nicht.» Wie immer gäbe es Trittbrettfahrer, die sich als nachhaltig verkaufen, es bei genauerem Hinsehen jedoch nicht sind – sogenanntes Greenwashing. Das Thema sei bereits in der Politik angekommen, sagt Bähler.

Keine Schalterhalle, dafür Open Nights

Weil viele Kundinnen und Kunden nicht einfach ihr Geld online anlegen möchten, sondern wissen wollen, welche Menschen bei Yova wie arbeiten, veranstaltet die Firma die Open Nights. Kurze Referate, viel Zeit zum Reden, beschreibt Lang die Abende, die nun wieder stattfinden.

Wer sein Geld nachhaltig anlegen will, will eben auch nachhaltig mehr wissen – und das ganz altmodisch von Angesicht zu Angesicht.

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