Wettbewerb sucht intelligente Lösungen
So nutzen kreative Schweizer KI

Schweizer Unternehmen setzen zunehmend auf KI: Ein Schreiner nutzt sie für 3D-Visualisierungen, während ein Champignonproduzent den Reifegrad von Pilzen mit KI bestimmt. Microsoft Schweiz sucht nun nach weiteren kreativen KI-Anwendungen im Land.
Publiziert: 03.04.2025 um 12:18 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2025 um 13:08 Uhr
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Jil Kommer (rechts) ist erst zwölf Jahre alt, doch die Toggenburgerin hat gemeinsam mit ihrem Vater Lars Kommer (links) schon rund 200 Songs auf Musikplattformen wie Spotify oder AmazonMusic gestellt.
Foto: lerneki.ch

Darum gehts

  • 12-jährige Jil Kommer erstellt KI-generierte Songs mit 250'000 Streams
  • KI wird in verschiedenen Bereichen wie Schreinerei und Pilzzucht eingesetzt
  • Wettbewerb von Microsoft Schweiz sucht weitere kreative KI-Anwender
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ravena FrommeltRedaktorin Gesellschaft

Jil Kommer spielt kein Instrument und hat eigentlich nichts mit Musik zu tun. Trotzdem hat die Toggenburgerin über 200 Songs mit insgesamt fast 250’000 Streams auf Musikplattformen wie Spotify oder Amazon Music. Kommer ist 12 Jahre alt, ihr Künstlername «Chillijil». Möglich macht das KI. Im Jahr 2025 ist das kaum überraschend. KI hat in immer mehr Bereichen Einfluss. Der Schreiner Justin Metry (25) aus dem Wallis etwa nutzt KI für die Visualisierung seiner Skizzen, und der Champignonsproduzent Roland Vonarburg (57) aus Luzern misst mit künstlicher Intelligenz den Reifegrad seiner Pilze. Microsoft Schweiz sucht weitere Schweizer, die KI kreativ nutzen. Erstmals führen sie einen Wettbewerb durch.

Ihre Songs laufen im Radio

Die 12-jährige Jil nutzt KI als Hobby. Gemeinsam mit ihrem Vater Lars Kommer (53) erstellt sie seit letztem Sommer Songs digital. Ihr neuestes Album «Chillijil Club House» mit 35 Titeln erschien im Februar 2025 .

Die Songs sind meist Pop, Electro oder Dance, die Texte sind auf Deutsch, Englisch oder Französisch. Aber nicht nur: «Ich will später Medizin studieren und lerne Latein in der Schule. Aber wie lernt man eine tote Sprache?», fragte sich Jil. Die Lösung: ein Song auf Latein, «Vita Servi» (dt. «Das Leben eines Sklaven»). 

Lars Kommer bezeichnet sich und seine Tochter als «musikalische Techniker». Jil bestimmt das Songthema, ihr Vater und KI-Tools wie ChatGPT helfen beim Texten. Eine weitere KI, die der Vater selbst programmiert hat, wandelt den Text mithilfe eines hinterlegten Stimmmodells von Jils Stimme in Gesang um. Dieser wird an Beats und Melodien aus dem Programm Serato Studios angepasst. Bei der Erstellung von Hintergrundmelodien helfen weitere KIs wie Suno.ai oder Udio.

An einem einzigen Song sitzt das Duo rund sechs Stunden. Finanziell bleibt es ein Hobby: Monatlich verdient Jil 25 bis 50 Franken, genug fürs «Znüni». Der Spass steht im Vordergrund. «Chillijils» Songs liefen bereits in Schweizer Radios, derzeit erstellen die Kommers mithilfe von KI Hintergrundvideos für die weltweiten Shows der Musikgruppe Enigma. 

3D-Modelle mit KI steigern Effizienz

Künstliche Intelligenz hält aber nicht nur im Freizeit-, sondern auch im Berufsleben Einzug. Ein Beispiel ist Justin Metry, Schreiner und Projektleiter bei Rino Holz in Visp VS. Seit diesem Jahr nutzt er KI in der Raumplanung für die Visualisierung seiner 3D-Modelle im CAD-Zeichnungsprogramm Vectorworks. «Mit einem Klick kann ich Schatten hinzufügen, Materialien anpassen oder Objekte generieren – fast wie ein Bild generieren», erklärt er.

Obwohl die KI noch fehleranfällig sei, steigere sie seine Arbeitseffizienz. «Früher musste man alles manuell zeichnen, das dauerte Tage», sagt Metry. Seinen Kunden zeige er die KI-Versionen jedoch noch nicht, da sie als generiert erkennbar wären. Stattdessen nutze er die Funktion als Inspiration für seine Entwürfe, die er noch klassisch von Hand zeichne.

KI misst Reifegrad von Pilzen

Auch beim grössten Champignonsproduzenten der Schweiz arbeitet man mit KI. Die Wauwiler Champignons AG mit ihren 300 Angestellten produziert täglich über zwölf Tonnen Champignons in 30 Kulturräumen. Von Wauwil in Luzern aus beliefert sie den Gross- und Detailhandel im ganzen Land.

Seit einem Jahr nutzen die 100 Pilzpflückerinnen in Wauwil die KI «Spotlight» des Schweizer Startups Mycosense. Die Pflückerinnen fahren mit einem Gerät über das Pilzbett und die KI markiert alle reifen Champignons mit einem grünen Lichtpunkt. «Bei Champignons ist es ohne KI sehr schwierig, den Reifegrad zu erkennen, weil man das nicht aufgrund der Farbe sieht, wie etwa bei Beeren», sagt Geschäftsführer und Inhaber Roland Vonarburg.

Um den Reifegrad der Pilze zu bestimmen, misst die KI verschiedene Wachstumseigenschaften der Pilze und verarbeitet die Bilder blitzschnell. Über Algorithmen lernt sie durch immer mehr Bilder immer besser, die Eigenschaften der Champignons und ihre Wachstumsstadien zu erkennen. Die Einführung der KI sorgte für gemischte Reaktionen. Erfahrene Pflückerinnen sind teils skeptisch, sie müssen die KI nicht nutzen. Andere hingegen möchten nicht mehr ohne sie arbeiten. 

Neue Mitarbeiterinnen werden von Anfang an in die KI eingeführt. Sie profitieren von kürzeren Schulungen und höherer Anfangsleistung. Zudem sinken Ernteausfälle: «Mit dem Spotlight-Gerät, das die Pflückerinnen dabeihaben, gibt es einen optimalen Ertrag», so Vonarburg. Dies liege daran, dass beim Pflücken ohne KI Pilze gelegentlich auch zu früh oder zu spät gepflückt werden. Abends seien die Pflückerinnen, die mit Spotlight arbeiten, zudem weniger erschöpft, da sie sich weniger konzentrieren müssen.

KI-Wettbewerb von Microsoft

Der KI-Wettbewerb, den Leiseder Kommunikation & Marketing im Auftrag von Microsoft Philanthropies lanciert hat, sucht die vier kreativsten KI-Nutzer und -Nutzerinnen der Schweiz. Interessierte können sich vom 3. April bis zum 18. Mai 2025 auf der Webseite lerneki.ch bewerben und zeigen, wie sie KI im Alltag einsetzen. Zu gewinnen gibt es ein exklusives KI-Training in Zürich, Verpflegung und Übernachtung sind inbegriffen.

Der KI-Wettbewerb, den Leiseder Kommunikation & Marketing im Auftrag von Microsoft Philanthropies lanciert hat, sucht die vier kreativsten KI-Nutzer und -Nutzerinnen der Schweiz. Interessierte können sich vom 3. April bis zum 18. Mai 2025 auf der Webseite lerneki.ch bewerben und zeigen, wie sie KI im Alltag einsetzen. Zu gewinnen gibt es ein exklusives KI-Training in Zürich, Verpflegung und Übernachtung sind inbegriffen.

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