Vom Knasti zum Graffiti-Star – das bewegende Schicksal von Bane
«Ich habe mich früher selbst vergiftet»

Am Wochenende findet in Chur das dritte und bisher grösste Street Art Festival statt. Organisator und Kurator ist Bane, einer der bekanntesten Graffiti-Künstler der Schweiz. Dass er eine schwere Vergangenheit hinter sich hat, merkt man heute nur noch an seinem Namen.
Publiziert: 21.06.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2024 um 07:29 Uhr
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Fabian «Bane» Florin ist einer der bekanntesten Graffiti-Künstler der Schweiz, hier vor seinem Werk «Der Plessurfischer».
Foto: Linda Käsbohrer
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Marisa CaluoriPraktikantin Gesellschaft

Mit zufriedenem Blick schaut der Fischer auf den Fluss hinunter, er scheint geduldig zu warten, bis ein Fisch anbeisst. Das riesige Gemälde «Der Plessurfischer» prangt an einer Hausmauer gleich beim Obertor in der Nähe der Churer Altstadt. Der Mann, der das Bild geschaffen hat, kommt auf einem schwarzen E-Scooter angedüst. Fabian «Bane» Florin (41) ist im Schuss: In wenigen Tagen beginnt das Street Art Festival in Chur. Dass er eines Tages Initiant, Organisator und Kurator eines internationalen Festivals wird, hätte vor 20 Jahren niemand gedacht – der Künstler war 14 Jahre heroinsüchtig und mehrmals im Gefängnis.

Street Art Festival Chur

Vom 21. bis am 23. Juni findet in Chur das dritte Street Art Festival statt. Während drei Tagen können Besucher die in der ganzen Stadt verteilten Gemälde der Künstlerinnen und Künstler bestaunen. Für musikalische Unterhaltung ist ebenfalls gesorgt: Am Rap Cypher zeigt die Bündner Rapszene ihr Können, während sich B-Boys und B-Girls im Breakdance Battle messen. Verschiedene DJs und Musiker sorgen zusätzlich für eine stimmungsvolle Atmosphäre. Das Festival ist grundsätzlich kostenlos zugänglich, wer an Führungen oder Workshops teilnehmen will, muss je nach Angebot zwischen 8 und 50 Franken bezahlen.

Vom 21. bis am 23. Juni findet in Chur das dritte Street Art Festival statt. Während drei Tagen können Besucher die in der ganzen Stadt verteilten Gemälde der Künstlerinnen und Künstler bestaunen. Für musikalische Unterhaltung ist ebenfalls gesorgt: Am Rap Cypher zeigt die Bündner Rapszene ihr Können, während sich B-Boys und B-Girls im Breakdance Battle messen. Verschiedene DJs und Musiker sorgen zusätzlich für eine stimmungsvolle Atmosphäre. Das Festival ist grundsätzlich kostenlos zugänglich, wer an Führungen oder Workshops teilnehmen will, muss je nach Angebot zwischen 8 und 50 Franken bezahlen.

Heute besprayt er Wände auf der ganzen Welt und ist bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht. «Kunst ist mein Lebensinhalt. Ich kann mit dem, was liebe, mein Geld verdienen und mein Leben gestalten. Das ist fantastisch», sagt Florin. Seine Motive wählt der Churer spontan. Beim «Plessurfischer» hatte er einfach das Gefühl, «hier müsse irgendwie ein Fischer hin». «Ich bin sehr sprunghaft und mache einfach das, worauf ich gerade Lust habe», meint er.

Vom Suchtkranken zum gefragten Künstler

Seinen Künstlernamen hat der 41-Jährige allerdings ganz bedacht gewählt: «Fluch», «Gift» und «Ärgernis» spuckt das Internet als Definition für das englische Wort «bane» aus. «Ich war früher mein eigenes, ständiges Ärgernis und habe mich selbst vergiftet», erklärt Bane. «Deshalb wollte ich den Namen als Mahnmal mitnehmen.»

14 Jahre lang war Florin drogenabhängig, lebte auf der Strasse und kam mehrmals ins Gefängnis. Als ihm schliesslich 3,5 Jahre Haftstrafe drohten, erreichte er einen Wendepunkt. Über ein Resozialisierungsprogramm konnte er anstelle der Haft eine stationäre Therapie machen. «Auf diesem Weg bin ich quasi wieder über eine Spraydose gestolpert. Danach habe ich mich ziemlich schnell selbständig gemacht.»

Gesprayt habe er schon vor seiner Sucht – damals einfach illegal. Neben Aufträgen begann Bane nach der Therapie auch, an legalen Wänden zu sprayen und an Wettbewerben teilzunehmen. Schon bald erhielt er Aufträge aus dem Ausland und machte sich schnell einen Namen in der Szene. Heute ist er einer der bekanntesten Graffiti-Künstler der Schweiz. Auch in Chur kennt ihn mittlerweile fast jeder, immer wieder grüssen ihn Passanten beim Spaziergang durch die Stadt, darunter auch einige ältere Leute.

Grösstes Street Art Festival bisher

Das hängt auch mit Street Art Festival zusammen. Vor sechs Jahren rief Florin das Street Art Festival ins Leben. «Ich habe das Gefühl, ich schulde der Welt etwas, aufgrund meiner Vergangenheit», sagt Florin. «Ausserdem sehe ich das Potenzial und all die guten Menschen in der Szene. Ich dachte, wenn ich das nicht mache, macht es niemand.»

Dieses Jahr, beim dritten und bisher grössten Festival, kommen über 50 Artists aus der ganzen Welt nach Chur. Schon eine Woche vorher treffen einige Künstler und Künstlerinnen ein und beginnen mit ihren Kunstwerken, den sogenannten Murals. Diese malen und sprayen sie hauptsächlich auf Wände, die von Hausbesitzern für das Festival zur Verfügung gestellt werden. «2018 bekamen wir nur eine Wand. Heute sind es 15», erzählt Bane. Aber nicht nur Graffiti gehört ans Street Art Festival. Vom 21. bis am 23. Juni wird getanzt, gerappt und gefeiert. «Die ganze Stadt verwandelt sich über das Wochenende in ein grosses Fest», meint Florin lächelnd.

Auch der «Plessurfischer» entstand im Rahmen des Street Art Festival 2021. Dieses Jahr entschied sich Bane, am Festival nur als Organisator und Kurator, aber nicht als Künstler tätig zu sein. «Ich möchte auch Gastgeber sein und voll und ganz für die Leute da sein können», sagt der Churer, bevor er schliesslich wieder mit seinem E-Scooter davon flitzt – vermutlich um die nächsten Artists abzuholen.

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