Darum gehts
- Finanzielle Situation von Schweizer Familien bleibt angespannt, trotz leichter Verbesserungen
- Alleinerziehende Mutter erwartet höhere Bildungskosten für ihren 14-jährigen Sohn
- Familie Matzig arbeitet mehr, kann nun Rechnungen laufend bezahlen
Das Familienbarometer von letztem Jahr schockierte: Jede zweite Familie in der Schweiz komme nur knapp über die Runden, hiess es. Blick stellte Familien vor, die offen über ihre finanziellen Nöte sprachen. Ein Jahr später haben wir bei zwei von ihnen erneut nachgefragt.
Mehr Auslagen für Bildung
«Am Monatsende bleibt nie etwas übrig», erzählte Eveline Sahli (51) vor einem Jahr. Ihre Situation hat sich nicht gebessert. Im Gegenteil, sie ist seither sogar eher noch angespannter geworden.
Die alleinerziehende Mutter klingt verschnupft, als sie ans Telefon geht, sagt aber, es gehe ihr generell gut. «Mein Sohn wird die nächsten vier Jahre weiter zur Schule gehen», sagt sie. Der 14-Jährige wird eine Fachmittelschule besuchen. Sahli erwartet, dass für Laptop, Musikschule und weitere Auslagen etwa 4000 Franken im Jahr anfallen werden. «Vielleicht kann ich Stipendien beantragen», hofft sie.
Die Luzernerin, die beruflich weiterhin Blutproben durch die halbe Schweiz transportiert, bezeichnet ihre eigene Situation als stabil. Doch die allgemeine Situation habe sich verschlimmert. Sie weiss von Menschen, die vor ihrem Haus im Auto leben oder in Kartonkisten im nahen Park. Und bei der Lebensmitteltonne des Discounters, wo sich Sahli jeweils Ware holt, bildet sich mittlerweile allabendlich eine Schlange. «Ich lasse den anderen den Vortritt», sagt Eveline Sahli. «Ich habe nicht viel Geld, aber es reicht immer.»
Ein kleiner Lichtblick: Aufgrund des gesunkenen Referenzzinssatzes bekommt sie eine Mietzinsreduktion von 30 Franken – ab August 2025.
Ein Paar gibt sich die Klinke in die Hand
Etwas entspannt hat sich die finanzielle Situation von Familie Matzig aus Jona SG. Jennifer Matzig (40) fährt nun an sechs statt vier Abenden pro Woche im Stundenlohn für ein Restaurant Essensbestellungen aus. Die zusätzlichen Einnahmen bedeuten eine spürbare Entlastung: «Wir können nun unsere Rechnungen laufend bezahlen.» Früher hätten sie und ihr Mann Carlo (39) nach Teilrechnungen fragen oder bis zur Mahnung warten müssen.
Dafür bleibt wenig gemeinsame Zeit als Familie oder als Paar. Kommt der Schreiner abends nach Hause, geht die Mutter von Julian (2) und Gabriele (14) zur Arbeit. Sie arbeitet auch sonntags. «Nur den Samstagabend habe ich frei. Der ist uns heilig als Familie.»
Drei Jahre nach der Hochzeit reiste das Paar kürzlich in die Flitterwochen und verbrachte ein paar Tage in Irland. «Das hat uns gutgetan», sagt Jennifer Matzig.