Diese Umfrage schockiert: Eine Mehrheit der Familien in der Schweiz ist gemäss eigener Angaben in finanzieller Not – und einer erdrückend hohen Zahl fehlt der Glaube, dass sich die Situation in den nächsten Jahren zum Positiven ändert. Das zeigt das repräsentative Familienbarometer 2024.
Über 2100 Familien füllten dafür zwischen dem 8. und dem 18. November 2023 einen Online-Fragebogen aus. Bereits vor einem Jahr war die Umfrage durchgeführt worden, die aktuellen Ergebnisse zeigen, wie stark Inflation, steigende Krankenkassenprämien, Wohn- und Betreuungskosten die finanzielle Situation von Familien verschärft haben.
Das Beratungs- und Forschungsunternehmen Empiricon AG führte die repräsentative Online-Umfrage für das Schweizer Familienbarometer im Auftrag von Pro Familia Schweiz, Dachverband der Familienorganisationen, und Pax, einer Vorsorgeversicherung, durch. 2123 Familien nahmen an der Umfrage teil. 36 Prozent der befragten Familien haben ein Kind, 45 Prozent zwei Kinder, 14 Prozent drei oder mehr und 5 Prozent keine Kinder. 7 Prozent der Befragten verfügten über ein jährliches Bruttohaushaltseinkommen von weniger als 40'000 Franken, 12 Prozent zwischen 41'000 und 60'000, 16 Prozent haben pro Jahr zwischen 61'000 und 80'000 zur Verfügung, 19 Prozent ein Einkommen zwischen 81'000 und 100'000, 15 Prozent zwischen 101'000 und 120'000. 12 Prozent der befragten Familien haben mehr als 140'000 Franken zur Verfügung. Dies spiegelt gemäss Pro Familia in etwa die Einkommensverteilung in der Schweiz wider.
Das Beratungs- und Forschungsunternehmen Empiricon AG führte die repräsentative Online-Umfrage für das Schweizer Familienbarometer im Auftrag von Pro Familia Schweiz, Dachverband der Familienorganisationen, und Pax, einer Vorsorgeversicherung, durch. 2123 Familien nahmen an der Umfrage teil. 36 Prozent der befragten Familien haben ein Kind, 45 Prozent zwei Kinder, 14 Prozent drei oder mehr und 5 Prozent keine Kinder. 7 Prozent der Befragten verfügten über ein jährliches Bruttohaushaltseinkommen von weniger als 40'000 Franken, 12 Prozent zwischen 41'000 und 60'000, 16 Prozent haben pro Jahr zwischen 61'000 und 80'000 zur Verfügung, 19 Prozent ein Einkommen zwischen 81'000 und 100'000, 15 Prozent zwischen 101'000 und 120'000. 12 Prozent der befragten Familien haben mehr als 140'000 Franken zur Verfügung. Dies spiegelt gemäss Pro Familia in etwa die Einkommensverteilung in der Schweiz wider.
Im Detail: 79 Prozent der landesweit befragten Familien fürchten, in den nächsten drei Jahren werde sich die Situation für sie eher oder stark verschlechtern. Das sind 11 Prozent mehr als vor einem Jahr.
52 Prozent der Familien – über alle Einkommen hinweg – sagen, ihr Familienbudget reiche nicht oder nur knapp.
Für vier von zehn Familien ist die finanzielle Lage mit ein Grund, um auf mehr Nachwuchs zu verzichten.
Blick hat die Umfrageergebnisse im Detail ausgewertet. Sie bergen gesellschaftspolitischen Zündstoff. Denn die finanziellen Sorgen betreffen längst nicht mehr nur die tiefen Einkommen – sie haben weite Teile des Mittelstands erfasst: Selbst mit einem Familieneinkommen von monatlich 8400 bis 10'000 Franken brutto (101'000 bis 120'000 pro Jahr) sagen über ein Drittel der Befragten, am Ende des Monats bleibe wenig übrig.
Gemäss Pro Familia ist der Anteil von Familien, deren Haushaltseinkommen nicht oder nur knapp reicht, in der italienischen Schweiz, in der Romandie, bei Einelternhaushalten und bei Einkommen bis CHF 100'000 besonders hoch.
Für Philippe Gnaegi (62), Direktor von Pro Familia, dem Dachverband der Schweizer Familienorganisation, sind die Resultate ein Alarmzeichen: «Wenn im reichsten Land der Welt, fast 80 Prozent aller Familien derart pessimistisch in die Zukunft schauen, müssen wir uns etwas überlegen.»
Die Sorgen spiegeln sich im Sparbüchlein: 30 Prozent der befragten Familien sagen, sie können am Ende des Monats nichts auf die Seite legen, über zwei Drittel der Befragten höchstens 500 Franken. Es gibt auch das andere Ende der Skala: 9 Prozent haben monatlich mehr als 2000 Franken auf der hohen Kante.
Durch die Schweiz zieht sich ein neuer Graben, zwischen jenen, die sorgenfrei leben – und einer breiten Bevölkerungsschicht, die am Ende des Monats zittern muss. Pro-Familia-Chef Gnaegi sagt: «Wer nur ganz wenig auf die Seite legen kann, für den ist bereits eine unvorhergesehene Zahnarztrechnung ein fundamentales Problem.»
Der Einkommensgraben könnte zum politischen Faktor werden. Bereits in den Resultaten zur Abstimmung für eine 13. AHV hatte sich gezeigt: Gemeinden mit überdurchschnittlich reichen Einwohnern stimmten gegen den Sozialausbau, arme und Mittelstandsgemeinden zum Teil sehr deutlich dafür – und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um ein ländlich geprägtes Dorf mit der SVP als stärkste politische Kraft handelt – oder um eine arme Stadt, die mehrheitlich links wählt.
Diese Entwicklung ist im Hinblick auf die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP vom 9. Juni höchst relevant – und dürfte dem bürgerlichen Nein-Komitee und FDP-Präsident Thierry Burkart (48) kalten Schweiss den Rücken runter treiben. Die Initiative schreibt vor, dass die Prämien maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens betragen dürfen. Die Mehrkosten in Milliardenhöhe müssten Bund und Kantone berappen. Gemäss Bundesrat käme dies vor allem dem Mittelstand zugute – ärmere Haushalte erhalten bereits heute Prämienvergünstigungen. Das Familienbarometer legt nun offen: Für alle Familien unabhängig vom Einkommen ist die Krankenkasse die Sorge Nummer 1.
Und weite Teile der Bevölkerung scheinen zumindest offen für einen Eingriff durch die Politik. 51 Prozent der Befragten im Familienbarometer finden, die Politik müsse sich auf die Kostenreduktion der Krankenkassenprämien fokussieren.
Doch die finanziellen Nöte verschieben in der Schweiz nicht nur politische Grenzen. Sie sorgen auch dafür, dass die Leute ihre Pensen hochschrauben. 49 Prozent überlegen, den Beschäftigungsgrad aufgrund der finanziellen Situation der Familie zu erhöhen.
Gleichzeitig deuten Zahlen darauf hin, dass Eltern die Betreuung ihrer Kinder überdenken – um Kita-Kosten zu sparen. So gaben letztes Jahr 50 Prozent der Eltern an, ihre Kinder fremdbetreuen zu lassen. 2024 sind es noch 37 Prozent. Gnaegi sagt dazu: «Wir haben noch nicht genügend Daten. Aber es deutet einiges darauf hin, dass Familien ihre Kinder aus der Kita nehmen – um Geld zu sparen.»
Gnaegi hält diese Entwicklung – sollte sie sich bestätigen – für tiefgreifend: «Das könnte bedeuten, dass Frauen aus finanziellen Gründen wieder stärker zu Hause bleiben. Das wäre volkswirtschaftlich verheerend – die Wirtschaft leidet schon jetzt unter Fachkräftemangel.»
Pro-Familia-Chef Gnaegi sieht politisch dringenden Handlungsbedarf: «Die Schweiz muss sich fragen, ob sie eigentlich eine Familienpolitik macht, die diesen Namen verdient. Wir müssen schleunigst aufwachen.»
Zumindest eine gute Nachricht gibt es zum Schluss aus dem Kreis der Familie: 80 Prozent sind mit ihrem eigenen Familienleben zufrieden. Immerhin das.