Das Ultra-Samsung scheitert an den Erwartungen
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Top-Phone ab 1350 Fr.Das Ultra-Samsung scheitert an den Erwartungen

Display und Bedienung top, Akku und Kamera weniger
Das Ultra-Samsung scheitert an den Erwartungen

Ab heute gibts das Samsung Galaxy S20 Ultra in der Schweiz. Das Phone zu Preisen ab 1350 Franken ist vollgestopft mit Features. Das beste Samsung aller Zeiten? Diese Erwartungen kann es nicht in allen Bereichen erfüllen.
Publiziert: 13.03.2020 um 11:40 Uhr
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Aktualisiert: 13.03.2020 um 12:04 Uhr
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Digital-Redaktor Lorenz Keller hat das neue Samsung Galaxy S20 Ultra getestet, das ab sofort in der Schweiz erhältlich ist.
Foto: Lorenz Keller
Lorenz Keller

1020 Franken kostete vor einem Jahr das Top-Modell der Galaxy S-Reihe. Nun müssen anspruchsvolle Käufer bereits 1350 Franken bezahlen. Damit ist das Galaxy S20 Ultra ähnlich teuer wie ein vergleichbares iPhone 11 Pro Max.

Wer solche Preise verlangt, muss dafür auch in allen Bereichen erstklassige Qualität liefern. Und dieses Bemühen ist bei Samsung sehr stark zu erkennen. Kamera, Akku, Prozessor, Display, Ausstattung – überall soll das S20 Ultra die Nummer 1 sein. Auf dem Papier ist das auch so. Kein anderes Smartphone bietet eine solche geballte Ladung an Features.

BLICK hat das neue Smartphone ausführlich getestet und untersucht, ob Samsung die sehr hohen Erwartungen erfüllen kann.

Display: Der Bildschirm ist eindeutig das grosse Highlight des S20 Ultra. Obwohl er mit 6,9 Zoll so gross ist wie nie zuvor bei einem Galaxy, liegt das Phone noch gut in der Hand und wirkt gar nicht so gewaltig. Das liegt auch daran, dass der Platz gut genutzt wird. Rund um den Screen gibt kaum mehr Ränder. Gut gefällt auch, dass Samsung den Bildschirm weniger über den Rand zieht, was jegliche Klicks aus Versehen am Rand verhindert. Eine Auflösung bis 3200 auf 1440 Pixel sind möglich. Wichtiger noch ist die Bildwiederholfrequenz von 120 Hertz, die schön flüssige Grafiken und Übergänge ermöglicht, etwa wenn man schnell scrollt. Schade, muss man das selber einstellen und gibts keinen Modus, mit dem flexibel zwischen 60 und 120 Hertz gewechselt wird. Aber vielleicht kommt das ja noch mit dem Update. Hohe Erwartungen erfüllt!

Bedienung erstklassig, Kamera nicht so gut wie erhofft

Bedienung: Die Samsung-eigene Interpretation von Android 10 ist ein weiteres Vergnügen im Alltag. Aufgeräumt, übersichtlich, praktisch und schnell – so macht das Navigieren Spass. Das grösste Manko des S10 hat Samsung behoben: Man kann nun voll auf Gestensteuerung setzen, hat aber auch die Möglichkeit die traditionellen Android-Button zu nutzen. Auch sonst gibts enorm viele Möglichkeiten, die Menüs und das Design so zu personalisieren, wie man das gerne möchte. Sehr praktisch etwa die Shortcut-Leiste, die man sich von überall her mit einem Wisch nach links einblenden lassen kann. Dort lassen sich etwa App-Favoriten ablegen. Oder Kombinationen von zwei Anwendungen, die man regelmässig gleichzeitig nebeneinander öffnet. Hohe Erwartungen erfüllt!

Kameras: Bei der Präsentation des S20 Ultra waren im Bereich Foto nur Superlative zu hören. 108 Megapixel Sensor! Bis zu 100facher Zoom! Im Alltagstest macht sich dann schnell Ernüchterung breit – natürlich auch, weil Samsung überzogene Erwartungen generiert hat. Der 108 Megapixel Hauptsensor etwa schiesst sehr gute Fotos (siehe Bildergalerie), aber nicht bessere als das sechs Monate alte iPhone 11 Pro oder das vier Monate alte Huawei Mate 30 Pro. Im Nachtmodus hinkt Samsung der Konkurrenz sogar weiter hinterher mit weniger Lichtstärke und mehr Bildrauschen.

Beim Zoom hat das S20 Ultra Vorteile, aber nur gegenüber dem iPhone. Das Mate mit einem 5fach optischem Zoom ist ebenbürtig in den Bereichen bis rund 10fach, die man tatsächlich nutzen kann. Ein Foto mit 100-fachem Zoom ist verschwommen und taugt nur als Gag oder als Fernglas-Ersatz. Immerhin macht Samsung den Ultra-Zoom einfacher bedienbar als viele Konkurrenten, indem oben ein kleines Vorschaufenster mit dem gesamten Bild angezeigt wird.

Der 108-Megapixel-Sensor hat aber auch ein echtes Problem – und zwar bei Nahaufnahmen so ab etwa 30 Zentimetern. Der grosse Sensor erzeugt ganz natürlich eine Tiefenschärfe, was aber auch bedeutet, dass nur eine Ebene richtig scharf ist. Fotografiert man also etwa einen Kaktus aus der Nähe, ist entweder der hintere Teil oder der vordere unscharf. Aber eben nur so ein bisschen, so dass es komisch aussieht. Im Alltag sorgt das für Unzufriedenheit.

Videos sind sehr gut stabilisiert, allerdings ist der Fokus weniger stabil als gewünscht. Auf dem Papier tönt es auch gut, dass man mit 8k filmen kann. Eine Handy-Weltpremiere. Aber im Alltag ist das nicht brauchbar. Nicht nur wird der Ausschnitt stark beschnitten, Stabilisierung und Fokus sind massiv schlechter, bei Schwenks gibts sichtbare Ruckler. Eigentlich ist 8K so nur mit Stativ bei sich nicht schnell bewegenden Sujets nutzbar.

Einzig die Selfiecam erfüllt die Erwartungen voll und ganz. So gute Eigenaufnahmen macht kaum ein Handy, auch bei schwierigen Lichtverhältnissen. Fazit: Die Kamera ist gut, aber nicht besser, sie hat gar eine neue Schwäche erhalten. Immerhin: Samsung dürfte wie bei den Vorgängern über Software-Updates die Qualität noch verbessern. Hohe Erwartungen enttäuscht!

Schwacher Akku, starke Ausstattung mit 5G

Akku: Auch hier trumpft der Hersteller mit grossen Zahlen auf. Im S20 Ultra wurde eine 5000 mAh grosse Batterie eingebaut. Mehr Power als je zuvor in einem Samsung. Die ersten Testberichte aus den USA stimmen positiv. «Great battery life» schreibt etwa das Fachmagazin The Verge im sonst ebenfalls sehr kritischen Testbericht. Im Alltagstest hier in der Schweiz kommen wir dann statt auf sieben bis acht Stunden Bildschirmzeit nur auf rund fünf Stunden. Wer also sein Handy den ganzen Tag nutzt, kommt nur so eben durch den Tag und hat kaum Reserven. Warum dieser Unterschied? Wohl wegen des unterschiedlichen Prozessors. In den USA kommt der neuste Snapdragon zum Einsatz, bei uns der Exynos 990. Und der scheint weniger effizient mit den Ressourcen umzugehen wie der Vergleich von Testberichten aus Europa und den USA zeigen. Hohe Erwartungen enttäuscht!

Ausstattung: Samsung liefert beim Ultra alles mit, was man bei einem auch preislich ganz oben angesiedelten Smartphone erwartet. Wasserdichtes Gehäuse, Fingerabdruck-Scanner unter dem Screen, drahtloses Laden, 12 GB Arbeitsspeicher plus 128 GB Speicher sowie die beste Netzwerktechnik. Das Galaxy S20 Ultra kommt vollgepackt mit Technik. Vor allem die Kombination aus 5G-Mobilfunk für alle Systeme und Wi-Fi 6 fürs drahtlose Internet ist noch fast konkurrenzlos. Für 200 Franken Aufpreis gibts gar 16 GB Arbeitsspeicher und 512 GB Speicher. Dass Samsung auf den letztes Jahr noch so gefeierten Kopfhöreranschluss verzichtet, kann man verkraften. Hohe Erwartungen erfüllt!

Das BLICK-Testfazit zum Samsung Galaxy S20 Ultra

Das neue Topmodell von Samsung ist kein schlechtes Gerät. Es gehört in den meisten Bereichen zu den Top5 auf dem Markt. Trotzdem ist man nach dem Test ein wenig enttäuscht. Die Schwächen bei Akku und Kamera trüben das Gesamtbild. Bei einem Gerät für 1000 Franken würde man das vielleicht noch verzeihen, aber bei Preisen ab 1350 Franken erwartet man von Samsung in allen Bereichen Höchstleistungen.

Eine valable Alternative dürfte gemäss vielen Tests das Samsung Galaxy S20 Plus sein, das es ebenfalls auf Wunsch mit 5G gibt. Für 1099 Franken gibts zwar weniger Spektakel und Zahlenspielereien, dafür ein solides, ausgereiftes und zuverlässiges Smartphone, das etwa bei der Kamera durchgehend in den wichtigen Bereichen gleich gut oder gar besser ist.

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