Auf einen Blick
Zu mir spricht ein Mann auf Chinesisch – und ich verstehe jedes Wort. Auf meiner Nase sitzt eine Smartbrille von Rokid – und die übersetzt in Echtzeit jedes Wort. Ich sehe die Übersetzung direkt im Brillenglas. Willkommen auf der Consumer Electronics Show (CES) 2025 in Las Vegas, wo Smartbrillen mit künstlicher Intelligenz (KI) die Zukunft greifbar machen.
An fast jedem zehnten Stand präsentieren die Hersteller ihre Vision davon, wie KI und die erweiterte Realität (AR) unseren Alltag mit Brillen verändern sollen. Ich habe an der grössten Tech-Messe der Welt gut ein Dutzend schlaue Brillen ausprobiert.
Smartbrillen: Die Typologie
Aber was können solche Smartbrillen überhaupt heute schon? Die CES zeigt, dass die Geräte mittlerweile mehr sind als futuristische Gadgets. Sie lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
- Stylisch und dezent: Smarte Technik, die nicht auffällt. Diese Brillen, wie die erfolgreiche Ray-Ban Meta oder die Brille von Chamelo, setzen auf diskrete Funktionen wie Kameras und kleine Lautsprecher in den Bügeln, Letztere wird per Knopfdruck sogar zu einer Sonnenbrille, da man die Tönung der Gläser anpassen kann.
- Technologie pur: Modelle wie die Xreal One Pro oder Vuzix Ultralite Pro zeigen, was technisch möglich ist. Virtuelle Displays, AR-Spiele und immersive Filme – aber dafür sind sie oft klobig und benötigen ausserdem externe Batteriepacks.
- Produktivitätshelfer: Hier glänzen Brillen wie die Rokid, Halliday oder Even Realities. Sie kombinieren KI mit AR, übersetzen Gespräche in Echtzeit, navigieren oder dienen als Teleprompter. Es sind nützliche Werkzeuge, aber nicht jedes Modell möchte man den ganzen Tag lang tragen.
Die Preise bewegen sich zwischen 200 und 800 Dollar. Die Brillen funktionieren mit iPhones wie auch Android-Geräten. Noch fehlt der entscheidende Durchbruch: Die Batterien halten wenige Stunden, die Bedienung reagiert manchmal extrem träge, die virtuellen Anzeigen erscheinen nur in einem kleinen Ausschnitt des Sichtfelds. Selbst die fortschrittliche Rokid-Brille zeigt diese Schwächen.
Das Brillenträger-Paradox
Und dann ist da noch das, was viele Hersteller schlicht ignorieren: die Brillenträger selbst. Mit meiner hohen Korrektur kann ich viele der Mini-Anzeigen gar nicht erst lesen, ohne die Augen zusammenzukneifen. Die Lösung? Kontaktlinsen tragen. Es erscheint paradox, sich Linsen einzusetzen, um Brille zu tragen. Einige Hersteller bieten auch Korrekturen zum Aufkleben oder Anstecken, damit wird die schlaue Brille aber etwas klobig.
Was auf der CES auffiel: Kein Hersteller scheint genau zu wissen, wie die perfekte Smartbrille sein soll. Die Hersteller tasten sich vor. Die einen setzen auf gefälliges Design, andere packen Technik hinein, was das Gestell hergibt. Manche schwören auf erweiterte Realität, andere auf künstliche Intelligenz. Xreal-Chef Chi Xu sagt es so: «Bisher gibt es zwei Wege: Brillen für erweiterte Realität und Brillen als KI-Begleiter. Irgendwann wachsen diese Welten zusammen, aber das braucht Zeit.»
Meine Brille und ich
Die Smartbrillen auf der CES 2025 waren faszinierend – keine Frage. Doch sie zeigen auch, wie weit die Technologie noch gehen muss, um alltagstauglich zu werden. Von besseren Displays über bequemere Designs bis hin zu Lösungen für Brillenträger gibt es viele Baustellen.
Ein Gedanke bleibt: Diese Brillen erinnern an das erste Smartphone vor über 30 Jahren – ein Versprechen künftiger Veränderung. Bis diese Zukunft kommt, bleibe ich bei meiner konventionellen Brille. Sie mag nicht übersetzen können, aber sie zeigt mir wenigstens die Welt gestochen scharf.
Es ist nicht das erste Mal, dass schlaue Brillen für Aufsehen sorgen. 2012 war Google Glass eine Sensation. Mit ihrem Head-up-Display, Sprachsteuerung und Kamera setzte sie damals neue Massstabe für Wearables. Doch der hohe Preis, begrenzte Funktionen und vor allem Datenschutzbedenken sorgten damals für breite Kritik. Nutzer, die mit der Brille unterwegs waren, wurden als «Glassholes» verspottet – ein Symbol für die Ängste vor allgegenwärtiger Überwachung. Trotz des Scheiterns ebnete Google Glass den Weg für die Smartbrillen von heute und zeigte früh, was technologisch möglich ist.
Es ist nicht das erste Mal, dass schlaue Brillen für Aufsehen sorgen. 2012 war Google Glass eine Sensation. Mit ihrem Head-up-Display, Sprachsteuerung und Kamera setzte sie damals neue Massstabe für Wearables. Doch der hohe Preis, begrenzte Funktionen und vor allem Datenschutzbedenken sorgten damals für breite Kritik. Nutzer, die mit der Brille unterwegs waren, wurden als «Glassholes» verspottet – ein Symbol für die Ängste vor allgegenwärtiger Überwachung. Trotz des Scheiterns ebnete Google Glass den Weg für die Smartbrillen von heute und zeigte früh, was technologisch möglich ist.