In Städten wie Amsterdam, Kopenhagen oder Hamburg sind sie aus dem Strassenbild nicht mehr wegzudenken: Cargobikes. Besonders im Norden Europas boomen die Lastenräder seit Jahren – und werden dabei zumeist mit Elektro-Antrieb ausgeliefert. In Deutschland etwa hat sich die Anzahl verkaufter Cargobikes zwischen dem Vor-Pandemiejahr 2019 und 2021 mehr als verdoppelt: 75'950 gegenüber 167'000 – rund zwei Drittel davon mit E-Unterstützung. Glaubt man Marktanalysten und Forschungsinstituten, wird sich der weltweite Absatz von E-Cargobikes in den nächsten Jahren vervielfachen.
Einer der Hauptgründe für den Boom: die Lockdowns in der Corona-Pandemie, während denen die Online-Bestellungen durch die Decke gingen. Den Kundinnen und Kunden kann es dabei nicht schnell genug gehen: Morgens bestellt, abends geliefert – Experten bezeichnen diese Erwartungshaltung als «Amazonisierung». Weil aber Lieferwagen allzu oft im städtischen Dauerstau hängen bleiben, könnten Cargobikes in Zukunft die Lösung sein: Laut Experten liesse sich heute rund die Hälfte aller Transportfahrten in unseren Städten mit Cargobikes erledigen.
Boom auch in der Schweiz
Fürs Gewerbe werden sie deshalb zur echten Alternative. «E-Lastenräder sind eine kostengünstige und umweltfreundliche Möglichkeit, eine Vielzahl von Gütern zu transportieren», analysiert etwa das Marktforschungsinstitut Mordor Intelligence. Die Betriebskosten von E-Cargobikes seien deutlich tiefer als bei Verbrenner-Lieferwagen und sogar noch geringer gegenüber kleinen Elektro-Vans.
Auch in der Schweiz ist der Trend zum elektrischen Lastenrad angekommen: «Zwischen 2021 und 2022 hat sich der Absatz von E-Cargobikes bei M-Way um 50 Prozent erhöht. Letztes Jahr haben sich die Verkäufe von E-Cargobikes im Vergleich zu 2022 sogar verdoppelt», sagt Gunnar Meinel (43), Leiter der M-Way-Filiale in Wallisellen ZH. Und auch in diesem Jahr sei der Trend ungebrochen.
E-Cargobike als Autoersatz
Noch seien es vor allem junge Familien, die sich für die elektrischen Lastenesel interessierten: «Sie nutzen sie als Autoersatz, wollen autark in der Stadt unterwegs sein, Kinder zur Kita fahren oder Einkäufe erledigen», so Meinel. Seit Corona steige auch die Anzahl gewerblicher Kunden permanent: «Lieferdienste haben E-Cargobikes für sich entdeckt.»
E-Bike-Händler M-Way hat im letzten Jahr mehrere der über 30 Schweizer Stores zu sogenannten Cargo-Kompetenzzentren umgebaut – unter anderem auch die von Meinel geleitete Filiale in Wallisellen. «Wir wollen die E-Cargobikes aber nicht nur verkaufen, sondern von der Beratung über den Service bis hin zur Entsorgung alles bieten.» Die Auswahl an Bikes sei bereits riesig – umso wichtiger sei deshalb eine umfassende Beratung.
Vier Typen E-Cargobikes
Grundsätzlich liessen sich vier Varianten von E-Cargobikes unterscheiden, erklärt Meinel: «Der Frontloader mit der Ladefläche zwischen Lenker und Vorderrad ist der Klassiker.» Frontloader seien sehr wendig, aber eher für geübtere Velofahrer geeignet. Grösster Pluspunkt für Familien: Man hat die Kinder immer im Blick und muss nicht nach hinten schauen.
Bei den Backloadern wiederum ist der Gepäckträger doppelt so lang wie normal. «Darum passen hinten zwei Kindersitze oder schwerere Ladungen.» Vorteil: Das Bike sei kaum länger als ein normales E-Bike und entsprechend einfach zu fahren. «Allerdings ist der Transport von Kindern nur in montierten Kindersitzen möglich», gibt Meinel als Minuspunkt an.
Bis zu 220 kg Gesamtgewicht
Auch dreirädrige Cargobikes werden häufiger im Strassenbild. «Mit zwei Rädern entweder vorne oder hinten ist man besonders sicher und stabil unterwegs», erklärt Experte Meinel. Der Vorteil sei die bis zu ein Meter breite Ladefläche und das einfache Be- und Entladen. «Aber: Dreiräder benötigen viel Platz und sind zu Beginn auch nicht ganz einfach zu bewegen.» Erste Hersteller böten mittlerweile Dreiräder mit Neigetechnik an, die auch dynamischere Fahrten zulassen (siehe Box).
Dass E-Cargobike nicht gleich E-Cargobike ist, beweist der bayrische Hersteller Cube mit dem brandneuen Modell Trike Hybrid. In einem mehrtägigen Test konnte Mobilitätsredaktor Andreas Engel die «Family»-Version (auch als Cargo erhältlich) genauer unter die Lupe nehmen. Das Spezielle: Dank der selbst entwickelten Technik neigt sich der Vorderbau wie beim klassischen Bike mit in die Kurve, was für ein besonders einfaches und dynamisches Handling sorgen soll. Engels erster Eindruck bestätigt das: «Ein sehr stabiles und sicheres Fahrgefühl – fast wie beim normalen E-Bike.» Nur an Steigungen kommt das Bosch-Antriebssystem mit dem 250 Watt und 85 Nm Drehmoment leistenden, relativ lauten Mittelmotor an seine Grenzen. «Etwas mehr Power wäre gut.» Und trotz grossem 750-Wh-Akku (optional kann ein zweiter montiert werden) waren im Test kaum mehr als 50 elektrisch unterstützte Kilometer drin – wohl auch dem hohen Leergewicht von 75 kg geschuldet. Engels Resümee: «Tolles Konzept mit der Neigetechnik, sehr angenehm zu fahren, qualitativ hochwertig. Doch mit einem Preis von rund 7400 Franken auch nicht günstig.»
Dass E-Cargobike nicht gleich E-Cargobike ist, beweist der bayrische Hersteller Cube mit dem brandneuen Modell Trike Hybrid. In einem mehrtägigen Test konnte Mobilitätsredaktor Andreas Engel die «Family»-Version (auch als Cargo erhältlich) genauer unter die Lupe nehmen. Das Spezielle: Dank der selbst entwickelten Technik neigt sich der Vorderbau wie beim klassischen Bike mit in die Kurve, was für ein besonders einfaches und dynamisches Handling sorgen soll. Engels erster Eindruck bestätigt das: «Ein sehr stabiles und sicheres Fahrgefühl – fast wie beim normalen E-Bike.» Nur an Steigungen kommt das Bosch-Antriebssystem mit dem 250 Watt und 85 Nm Drehmoment leistenden, relativ lauten Mittelmotor an seine Grenzen. «Etwas mehr Power wäre gut.» Und trotz grossem 750-Wh-Akku (optional kann ein zweiter montiert werden) waren im Test kaum mehr als 50 elektrisch unterstützte Kilometer drin – wohl auch dem hohen Leergewicht von 75 kg geschuldet. Engels Resümee: «Tolles Konzept mit der Neigetechnik, sehr angenehm zu fahren, qualitativ hochwertig. Doch mit einem Preis von rund 7400 Franken auch nicht günstig.»
Als vierte Variante stehen die sogenannten Heavy-Load-E-Bikes im Walliseller Showroom: «Im Prinzip ein gewöhnliches E-Bike, aber wesentlich massiver gebaut», so Meinel. Das Velo könne bei Bedarf als normales E-Bike gefahren werden und benötigt auch kaum mehr Platz. Allerdings sei bei Heavy-Load-E-Bikes das zulässige Gesamtgewicht auf 150 Kilogramm inklusive Bike und Fahrer beschränkt – und damit auch die Transportkapazität. Die übrigen E-Cargobike-Varianten sind hingegen auf maximal 220 Kilogramm zugelassen. Mit zusätzlichem Anhänger (max. Gesamtgewicht 50 kg) können bis zu drei Kinder auf und am E-Cargobike transportiert werden.
Hoffen auf die Politik
Durch ihre variablen Einsatzmöglichkeiten auf kleinem Raum seien Lastenräder prädestiniert für den Einsatz in Innenstädten. «Ich bin überzeugt, dass E-Bikes und E-Cargobikes langfristig die Autos in unseren Städten ersetzen werden.» Meinel hofft dabei auch auf die Politik: «In Kopenhagen beispielsweise werden jedes Jahr fünf Prozent der Parkplätze zugunsten der Veloinfrastruktur abgebaut. Auch bei uns braucht es mehr Platz, breitere Velowege und mehr Abstellmöglichkeiten.» Subventionen für E-Cargobikes, wie es sie in einzelnen Kantonen schon gebe, würden diesen Umbau allenfalls beschleunigen, meint Gunnar Meinel abschliessend.