Test: Toyotas Bonsai-Rakete GR Yaris
261 PS aus 3 Zylinder

Beim Toyota GR Yaris schlägt das Herz jedes Sportfreundes höher: Für die Rallye-WM konzipiert, gibts den kleinen Flitzer nun auch für die Strasse. Wir haben den 261-PS-Bonsai mit 4x4 getestet.
Publiziert: 14.01.2022 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2022 um 09:30 Uhr
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Toyota-Boss Akio Toyoda versprach vor vier Jahren, keine langweiligen Autos mehr zu bauen.
Foto: zvg
Raoul Schwinnen

Dass etwas so Ketzerisches wie der 261 PS starke Kraftzwerg Toyota GR Yaris in unserer uniformen, digitalen und umweltbewussten Zeit überhaupt noch möglich ist? Doch Toyota-Boss Akio Toyoda (65) hats vor vier Jahren versprochen: «Wir bauen keine langweiligen Autos mehr.» Und der rennsportbegeisterte CEO hält Wort. Vor allem er und der viermalige Rallye-Weltmeister und frühere Toyota-Teamchef in der Rallye-WM, Tommi Mäkkinen (57), drückten das ambitionierte Projekt durch.

Das Resultat ist – Entschuldigung – einfach nur geil! Der GR Yaris ist in Zeiten der elektrifizierten Zurückhaltung ein erfrischend kompromissloses Sportgerät, das sich um sämtliche geltenden Konventionen zu futieren scheint. Es macht Spass – aber auf technisch sehr hohem Niveau.

Radikaler Leichtbau

Beispiele gefällig? Mit dem normalen Yaris hat der von Toyota und dem Werksteam Gazoo Racing (GR) gemeinsam entwickelten Sportler praktisch nichts mehr gemeinsam. Nur Scheinwerfer, Rückleuchten, Rückspiegel und Dachantenne sind identisch. Der pausbäckige Sport-Dreitürer ist aber 5,5 Zentimeter länger, stolze sechs Zentimeter breiter und 4,5 Zentimeter flacher als der zivile Fünftürer.

Der Schnellcheck Toyota GR Yaris

Antrieb: 1.6-R4-Turbo, 261 PS (192 kW), 360 Nm, manuelles 6-Gang-Getriebe, 4x4
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 5,5 s, Spitze 230 km/h
Masse: L/B/H 4,00/1,81/1,46 m, Gewicht 1280 kg, Laderaum 141 l
Umwelt: WLTP/Test 8,2/8,9 l/100 km = 186/201 g/km CO₂, Energie G
Preise: ab 37'900 Fr. (mit Circuit-Pack 42'800 Fr.)

Antrieb: 1.6-R4-Turbo, 261 PS (192 kW), 360 Nm, manuelles 6-Gang-Getriebe, 4x4
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 5,5 s, Spitze 230 km/h
Masse: L/B/H 4,00/1,81/1,46 m, Gewicht 1280 kg, Laderaum 141 l
Umwelt: WLTP/Test 8,2/8,9 l/100 km = 186/201 g/km CO₂, Energie G
Preise: ab 37'900 Fr. (mit Circuit-Pack 42'800 Fr.)

Trotz seines Allradantriebs wiegt der GR Yaris keine 1300 Kilo. Leichtbau sei Dank. So ist das Dach aus Karbon und damit 3,5 Kilo leichter als ein normales Stahldach. Dazu kommen Türen, Motorhaube und Heckklappe aus Alu. Und auch die Rohkarosse wiegt zwölf Prozent weniger als die des normalen Yaris, ist aber dank mehr Schweisspunkten deutlich steifer.

Stärkster Dreizylinder

Höchste Ingenieurskunst ist der 1,6-Liter grosse Dreizylinder-Turbomotor. Mit 261 PS ist er der stärkste Dreizylinder. Und der schiebt an wie Turbomotoren aus vergangenen Zeiten – erst eine kurze Gedenksekunde, um dann ab 3500 Umdrehungen umso vehementer zuzupacken und den Yaris in nur 5,5 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Stets begleitet von den pfeifenden Ventilen. Musik in den Ohren jedes Turbofans.

Apropos Musik: Bei Vollgas sirrt der Dreizylinder nicht etwa nähmaschinenartig hoch, sondern brummt mit überraschend tiefem Bass. Das Geheimnis versteckt sich hinter der sogenannten «Active Noise Control» – einem im Motorraum verbauten Mikrofon, das den Sound des Aggregats per Audioanlage in den Fahrzeug-Innenraum überträgt. Spielerei? Klar, aber eine sympathische.

Passend zum Motor gibts ein knackig kurz übersetztes, manuelles Sechsgang-Getriebe mit kurzen Schaltwegen und prima geführter Kulisse und – juhui – eine mechanische Handbremse mit konventionellem Bremshebel. Sie wissen schon, um standesgemäss ums Eck zu driften …

Die Moderne lässt grüssen

Dass wir aber dennoch nicht in einem Auto von gestern sitzen, beweist unter anderem der Spurhalteassistent, der sich bei jedem Motorstart automatisch aktiviert – und den wir jedes Mal durch längeres Drücken an der Lenkradtaste wieder abschalten, weil uns die akustischen Warnsignale und die Lenkeingriffe auf den Keks gehen.

Und wenn wir schon bei nervenden Warnungen sind: Einige tanzende Schneeflocken genügten, um eine Vielzahl von Fehlermeldungen aufs Display im Cockpit zu zaubern – gar bis zum Hinweis, wir sollen uns wegen der «Fehlfunktion des Scheinwerfersystems bitte beim Händler melden». Tja, moderne Fahrzeugtechnik und ihre Sensoren. Wir sind überzeugt, dass Toyota-CEO Akio Toyoda den GR Yaris nie bei leichtem Schneeregen gefahren ist, sonst wären dem Kleinen bestimmt auch diese Flausen ausgetrieben worden.

Sensationelle Bremsen

Ach ja, ein besonderes Lob verdient neben dem sportlich straffen, aber nicht unkomfortabel brettharten Fahrwerk die Bremsanlage. Sie hat mit dem geringen Fahrzeuggewicht keinerlei Probleme und zeigt auch nach einigen wirklich scharfen Bremsmanövern keinerlei Fadingerscheinungen.

Jetzt fragen Sie sich bestimmt: Was kostet diese Sünde auf Rädern? In der Schweiz gibts ihn ab 37'900 Franken. Und mit Circuit-Pack (u.a. mit Torsendifferenzial an Vorder- und Hinterachse, strafferer Abstimmung, 18-Zollfelgen und 225/40er-Michelin-Bereifung sowie rot lackierten Bremssätteln) kostet der Testwagen 42'800 Franken. Dafür erhält man aber einen von nur 25'000 Mal gebauten, kompromisslosen Sportflitzern – eine Spezies, die wohl leider schon bald aussterben dürfte.

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