Was Siri beim iPhone oder Alexa bei Amazon ist Nomi beim chinesischen Elektro-Newcomer Nio. Doch ganz so rund wie bei den etablierten Spracherkennungsdiensten läufts bei der sprechenden Kugel in Nios erstem SUV EL7 noch nicht: Nach dem obligaten «Hey Nomi» wird die Zieleingabe übers Navi zuerst problemlos ausgeführt. Doch bei der Aktivierung der Massagesitze kommt Nomi ein erstes Mal ins Schleudern, bevor sie kurze Zeit später den Dienst ganz quittiert.
Es ist aber eine der ganz wenigen Schwächen, die der Elektro-SUV aus Fernost bei der Testfahrt an den Tag legt. So entdecken wir beim Blättern durch die Menüs des mittigen 12,8-Zoll-Touchscreens einige nützliche Funktionen, etwa für Camping-Freunde: Wenn man den Beifahrersitz in ein bequemes Bett verwandelt, hält die Klimaanlage die Temperatur konstant auf angenehmem Niveau. Per Touch kann ausserdem die serienmässige Anhängerkupplung ausgefahren werden, die einen Anhänger bis zwei Tonnen Gewicht zieht.
Innen grosses Kino
Dass der SUV auf der Plattform der Limousine ET7 aufbaut, sieht man dem Innenraum sofort an: Neben dem Infotainment glänzt der EL7 mit virtuellen 10,2-Zoll-Instrumenten und einem Head-up-Display. Auch bei den Assistenzsystemen lassen die Chinesen kaum Wünsche offen. Der Autopilot bewegt den 4,91-Meter-Crossover länger selbsttätig als die deutsche Konkurrenz es tut, ist dabei aber sehr defensiv unterwegs. Beim Einparken wechselt die Ansicht im Touchscreen auf Wunsch in die dritte Person – man sieht das Auto wie in einem Videospiel von aussen.
Auch in der grosszügig Platz bietenden zweiten Reihe ist für Unterhaltung gesorgt: Passagiere können etwa Filme auf dem iPad schauen und sich von den 23 Lautsprechern mit 1000 Watt beschallen lassen. Damit sie sich so richtig wohlfühlen, hüllt das Panoramaschiebedach mit seiner bis zu 70 Zentimeter grossen Öffnung das Interieur in natürliches Licht.
Knackige Elektro-Power
Auf der Strasse schlägt sich der Nio EL7 ebenfalls ordentlich. Der Allradantrieb setzt sich wie beim ET7 aus einem Elektromotor vorne mit 245 PS (180 kW) und einer E-Maschine hinten mit 408 PS (300 kW) zusammen. Systemleistung: knackige 653 PS (480 kW) und 850 Newtonmeter Drehmoment. Lässt man die volle Power im «Sport+»-Modus von der Leine, feuert der 2366 Kilo schwere Crossover von 0 auf 100 km/h in 3,9 Sekunden und stürmt weiter bis zur Spitze von 200 km/h.
Antrieb 2 Elektromotoren, Systemleistung 653 PS (480 kW), 850 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Allrad, Batterie 100 kWh
Fahrleistungen 0–100 km/h in 3,9 s, Spitze 200 km/h, Reichweite WLTP 480–509 km
Masse L/B/H 4,91/1,99/1,72 m, Leergewicht 2366 kg, Laderaum 570–1545
Verbrauch WLTP 23,0 kWh/100 km, 0 g/km CO₂ lokal, Energieklasse A.
Preis ab 94'400 Fr. (inkl. Batterie), aktuell erhältlich in Dänemark, Deutschland, Holland, Norwegen, Schweden (Schweiz folgt bis 2025)
Antrieb 2 Elektromotoren, Systemleistung 653 PS (480 kW), 850 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Allrad, Batterie 100 kWh
Fahrleistungen 0–100 km/h in 3,9 s, Spitze 200 km/h, Reichweite WLTP 480–509 km
Masse L/B/H 4,91/1,99/1,72 m, Leergewicht 2366 kg, Laderaum 570–1545
Verbrauch WLTP 23,0 kWh/100 km, 0 g/km CO₂ lokal, Energieklasse A.
Preis ab 94'400 Fr. (inkl. Batterie), aktuell erhältlich in Dänemark, Deutschland, Holland, Norwegen, Schweden (Schweiz folgt bis 2025)
Aber selbst auf «Normal» und «Eco» ist man mit dem Nio bei Bedarf zackig unterwegs, auch wenn die Beschleunigung deutlich gemässigter vonstattengeht. Auf der Landstrasse kommt dank der gleichmässigen Achslastverteilung Freude auf, obwohl die verbesserte Lenkung immer noch kein Musterschüler in Sachen Direktheit sowie Mitteilsamkeit ist. Bei schnellen Richtungswechseln neigt sich der Vorderwagen und der SUV schiebt spürbar über die Vorderräder, was vermutlich eine Konsequenz der aufgezogenen 21-Zoll-Winterreifen ist.
Ein Technik-Highlight ist das Luftfeder-Fahrwerk, das sich in fünf Höhenniveaus und auf verschiedene Fahrbahnunterlagen einstellen lässt und dank grösserem Federweg als beim ET7 auch mehr Komfort bietet. Wer will, kann den EL7 bei Bedarf so hoch setzen, um ihn ins Gelände zu entführen oder so tief, dass der bis zu 1545 Liter grosse Kofferraum für den nächsten Umzug genutzt werden kann.
Rund 500 Kilometer Reichweite
Mit den 21-Zoll-Pneus gibt Nio einen WLTP-Verbrauch von 23,0 kWh/100 km an – auf unserer zügigen Testrunde mit hohem Autobahn- und Landstrassenanteil kamen wir auf 24,9 kWh. Mit gemässigterer Fahrweise und in wärmeren Gefilden scheinen die bis zu 479 Kilometer (mit 20-Zöllern bis 509 km) nicht unrealistisch, ehe die 100-kWh-Batterie im Unterboden an der nächsten Ladestation wieder aufgefüllt werden muss.
Beim Gleichstromladen bekleckert sich der EL7 allerdings nicht mit Ruhm: Mit maximal 130 kW dauert es 40 Minuten, ehe die Akkus von zehn auf 80 Prozent gefüllt sind – das können andere Mitbewerber zum Teil deutlich schneller. Ob Nio die maximale Laderate bewusst tief hält, um Kundinnen und Kunden von seinen angebotenen Abo-Modellen zu überzeugen?
Akku-Wechsel nur per Abo
Zwar kann der EL7 in bislang fünf europäischen Ländern auch gekauft werden (spätestens 2025 solls auch in der Schweiz so weit sein) – ein Schnäppchen ist der chinesische Elektro-SUV allerdings nicht: Ohne Batterie kostet der gut ausgestattete EL7 umgerechnet 73'500 Franken. Hinzu kommen 12'000 bzw. 21'000 Franken für die kleinere 75- oder die grössere 100-kWh-Batterie. Allerdings ist beim Kauf kein Akkuwechsel möglich, wie ihn Nio an eigens aufgebauten Wechselstationen auch heute schon in gewissen Ländern Europas anbietet.
Dazu muss mindestens der Akku des EL7 geleast werden, was monatlich mit 168 Franken (75 kWh) bzw. 287 Franken (100 kWh) zu Buche schlägt. Wer gleich das ganze Auto im Abo haben möchte, muss bei einer Laufzeit von 36 Monaten monatlich 1292 Franken an Nio überweisen – bei einem jederzeit kündbaren Abo sinds sogar 1660 Franken. Im Preis sind dann aber auch Extras wie Vollkaskoversicherung, Servicepaket mit Wartung, Winterreifen, Zulassung und Leihwagen sowie 1250 Kilometer pro Monat inklusive.