Blick kurvt mit em Kia EV6 GT durch Schweden
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Selbst driften ist möglich:Blick kurvt mit em Kia EV6 GT durch Schweden

EV6 GT mit 585 PS im ersten Test
Dieser Kia wird zum Porsche-Jäger

Sportfreunde aufgepasst! Kias neue Elektro-Rakete EV6 GT fordert mit bis zu 585 PS selbst Sportstromer wie den Porsche Taycan heraus. Blick konnte mit dem neuen Super-Kia schon durch Schweden düsen. Besonders erstaunlich: Selbst driften ist möglich!
Publiziert: 01.08.2022 um 11:12 Uhr
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Kia präsentiert im schwedischen Stockholm das Topmodell GT des Elektro-Crossovers EV6.
Foto: zVg
Andreas Engel

«Bei diesem Auto ist alles schnell!» Produktmanager Gregor Krumböck redet nicht lange um den heissen Brei herum, was Kia beim brandneuen EV6 GT da auf die fetten 21-Zöller gestellt hat. Wie heiss das neue Topmodell der Baureihe tatsächlich ist, verraten schon die nackten Zahlen: Je ein E-Motor an Vorder- und Hinterachse schaufeln im Bestfall 585 PS (430 kW) und bis zu 740 Nm Drehmoment auf die Michelin-Sportschlappen – stärker war noch kein anderer Kia!

Und keiner war bisher schneller: Gerade mal 3,5 Sekunden aus dem Stand reichen, bis der Super-Kia die 100-km/h-Marke knackt. «Da bewegen wir uns im Umfeld von Audis RS E-Tron GT oder Porsches Taycan Turbo», schiebt Krumböck nicht ganz ohne Stolz nach. Auch beim Spitzentempo von 260 km/h bewegt sich der GT auf Augenhöhe mit den deutschen Edelstromern.

«Wechselrichter ist neuer Turbo»

Um solche Werte zu erreichen, bedurfte es aber mehr als nur ein paar Software-Updates. Das Entwickler-Team hat unter dem futuristischen Blech, das sich nur in Details vom Standard-EV6 unterscheidet, nochmals ordentlich Hand angelegt: Nicht nur die beiden E-Maschinen sind deutlich stärker und auf noch höhere Drehzahlen jenseits der 20'000er-Marke ausgelegt, um solch hohe Tempi überhaupt zu erreichen.

Herzstück ist aber der sogenannte Wechselrichter, in dem Gleichstrom (DC) aus der Batterie im Betrieb in Wechselstrom (AC) umgewandelt wird. Krumböck: «Das Bauteil wurde für den GT komplett neu entwickelt. Er ist in dieser Form bisher einmalig in der Industrie und erlaubt erst diese Fahrleistungen. Man könnte auch sagen, dass der Wechselrichter der neue Turbolader von E-Autos ist.»

Kia EV6 GT in Zahlen

Antrieb Elektromotor vorn 218 PS (160 kW), hinten 367 PS (270 kW), Systemleistung 585 PS (430 kW), max. Drehmoment 740 Nm@1/min, Eingang-Getriebe, Allrad, Batterie 77,4 kWh, Reichweite WLTP 424 km
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 3,5 s, Spitze 260 km/h (abgeregelt)
Masse L/B/H 4,70/1,89/1,55 m, Leergewicht 2200 kg, Laderaum 480 bis 1260 l
Verbrauch WLTP 21,9 kWh/100 km, 0 g/km CO₂, Energieeffizienz A
Preis ab 80'900 Franken

Antrieb Elektromotor vorn 218 PS (160 kW), hinten 367 PS (270 kW), Systemleistung 585 PS (430 kW), max. Drehmoment 740 Nm@1/min, Eingang-Getriebe, Allrad, Batterie 77,4 kWh, Reichweite WLTP 424 km
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 3,5 s, Spitze 260 km/h (abgeregelt)
Masse L/B/H 4,70/1,89/1,55 m, Leergewicht 2200 kg, Laderaum 480 bis 1260 l
Verbrauch WLTP 21,9 kWh/100 km, 0 g/km CO₂, Energieeffizienz A
Preis ab 80'900 Franken

150 km/h nach 300 Metern

Also ab auf die Teststrecke, um die Power artgerecht in der Praxis auszufahren. Erste Disziplin: der Paradesprint. Um die volle Leistung der E-Maschinen abzurufen, drücken wir die neu am Sportlenkrad strahlende neongelbe GT-Taste. Sämtliche fahrrelevanten Systeme wie Lenkung, Fahrwerk, E-Differenzial und Stabilitätsprogramm sind nun auf Attacke geschärft. Instruktor Andy schwingt die Flagge – wir schiessen los! Anders als bei den meisten Elektrosportlern setzt die Kraft aber nicht ruckartig ein, sondern entfaltet sich progressiv. Trotzdem Wahnsinn, wie der GT davonzieht und bereits nach 300 Metern schneller als 150 km/h ist.

Auf dem Handlingparcours zeigt der Kia, dass er nicht nur geradeaus irre schnell ist, sondern auch zackig um Kurven zirkelt. Möglich machts das nur im GT verbaute elektronische Sperrdifferenzial an der Hinterachse, kurz e-LSD, das die Antriebskräfte blitzschnell zwischen den Rädern verschiebt, um stets beste Traktion zu gewährleisten.

Versteckter Driftmodus

Doch das e-LSD erlaubt auch das Gegenteil von bester Traktion – einen kontrollierten Kontrollverlust. «Ein besonderes Technik-Schmankerl ist der versteckte Driftmodus», erklärt Krumböck mit einem verschmitzten Lächeln. Dabei wird die gesamte Kraft aufs kurvenäussere Rad gelenkt, womit das Heck gezielt zum Ausbrechen gebracht werden kann. Der Experte betont jedoch, dass der Modus explizit nicht für den Strassenverkehr vorgesehen ist und auch nicht versehentlich aktiviert werden kann. «Das Freischalten ist relativ kompliziert und wird den Kunden auch nur auf Wunsch erklärt.»

Was uns bei aller Dynamik besonders später auf den öffentlichen Strassen rund um Schwedens Hauptstadt Stockholm auffällt: Selbst auf «Sport» wirkt der GT nie bockig und übertrieben hart, auch wenn die Dämpfer deutlich straffer gestellt sind als im Normal-Modus. «Der GT ist kein Auto für die Rennstrecke, sondern ein Gran Turismo, der überall Spass machen soll und immer genug Komfort bietet», sagt Krumböck.

Unser Fazit

Ein reinrassiger Sportwagen ist der EV6 GT nicht – und will es auch gar nicht sein. Doch dieser Kia ist schnell, sehr schnell sogar, und kann mit seinen Fahrleistungen locker mit den stärksten in der Elektro-Liga mithalten. Beim Laden überholt er die Konkurrenz teils sogar: Der 77-kWh-Akku, mit dem bis zu 424 Kilometer Reichweite möglich sind, kann dank 800-Volt-Technik in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent nachgefüllt werden. Hinzu kommt ein üppiges Platzangebot, das insbesondere im Fond im Wettbewerbsumfeld seinesgleichen sucht.

Das neue Selbstbewusstsein der Koreaner drückt sich aber auch im Preis nieder: Stolze 80'900 Franken stehen für den EV6 GT in der Hochglanzbroschüre. Verglichen zur Edel-Konkurrenz dennoch fast ein Schnäppchen, die teils das doppelte für ihre Elektro-Boliden verlangen. Allerdings müssen Kunden, die heute ihren GT bestellen, mindestens zwölf Monate bis zur Auslieferung warten – hier kann auch Kia nicht schneller.

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