BMW iX im ersten Test
So fährt BMWs neues Elektro-Flaggschiff

Er ist BMWs neues technologisches Aushängeschild und schiebt sogar den prestigeträchtigen 7er flüsterleise vom Thron. Auf der ersten Testfahrt muss der Elektro-SUV iX zeigen, ob er wirklich das Zeug zum Alphatier hat.
Publiziert: 05.10.2021 um 01:26 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2021 um 00:33 Uhr
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BMWs erster Stromer mit X im Namen steigt zum Technologieträger beim Münchner Autobauer auf.
Foto: UWE FISCHER
Andreas Engel

«Im neuen iX ist alles an Technik drin, was wir aktuell bei BMW zu bieten haben.» Wenn Projektleiter Johann Kistler über das neue Technologie-Flaggschiff der Bayern referiert, kommt er aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Komfortabler als ein 7er sei der iX, und dennoch so dynamisch zu fahren wie ein 5er. Stundenlang könnte er über den Elektro-SUV berichten, meint Kistler, der mit dem iX nach Jahrzehnten im BMW-Konzern sein letztes Projekt bestreitet.

Nach dem eher mässig erfolgreichen City-Flitzer i3, der 2013 als einer der ersten Massen-Stromer überhaupt auf den Markt kam, will BMW mit dem iX nun im Oberklasse-Segment Massstäbe setzen und der Konkurrenz um Audi E-Tron, Mercedes EQC und Tesla Model X Elektro-Schocks versetzen. Ganz BMW-like tritt der iX optisch breitbeinig auf: An die bayrische Riesen-Niere an der Front, die sich – kein Witz — bei Kratzern selbst «heilt», hat man sich mittlerweile fast gewöhnt. Und da Design ja Geschmacksache ist, schauen wir auf die Fakten: Der konsequent auf Aerodynamik gestylte iX kommt auf einen cW-Wert von 0,25 – ein Top-Wert für einen SUV und nicht zuletzt der Reichweite zuträglich. Doch dazu später.

Weniger ist nicht immer mehr

Auch innen ist der iX einem Flaggschiff würdig: Ob es statt dem sechseckigen nicht auch einfach ein rundes Lenkrad getan hätte – geschenkt. Ansonsten überzeugt der Vollzeitstromer mit einem loftartigen Raumgefühl. Das Cockpit kommt durch den sich bogenförmig um den Fahrer ausbreitenden Doppel-Monitor aufgeräumt und futuristisch daher. Knöpfe gibts nur noch wenige, was nicht nur Vorteile hat: Statt BMWs Fahrerlebnis-Schalter werden die Fahrmodi neu über die «My Modes»-Touchfläche auf der edlen, mittigen Bedieninsel angewählt, dann per Touchscreen aktiviert, bevor mit einem erneuten Druck auf der Insel zurück auf Navigation gestellt wird – das lenkt ab! Und auch die unzähligen Funktionen und Apps von BMWs neuem, hochmodernen Bediensystem 8 können die Userinnen und User überfordern. Auch das geht bei manch Konkurrenten einfacher.

Worüber sich vor allem auch Passagiere in der zweiten Reihe freuen, ist das Platzangebot des 4,95 Meter langen iX: Dank drei Meter Radstand sitzen auch Fondpassagiere bequem, der Kofferraum schluckt mit 500 bis 1750 Litern genug Urlaubsgepäck. Und dorthin reist es sich äusserst entspannt, wie wir auf der Testfahrt von der iX-Produktion in Dingolfing (D) nahe München nach Berchtesgaden feststellen. Zumindest subjektiv sind wir noch nie in einem leiseren Auto gesessen: Fast geräuschlos schwebt der iX mit seinen lärmabsorbierenden Reifen förmlich über den Asphalt, bevor uns die beiden E-Motoren an Vorder- und Hinterachse aus dem Ruhemodus hinauskatapultieren – auf Wunsch untermalt von BMWs neuem IconicSounds Electric von Hollywood-Filmkomponist Hans Zimmer.

So leichtfüssig können 2,5 Tonnen sein

Im vorläufigen Topmodell iX xDrive50 sorgen 523 PS (385 kW) und ein maximales Drehmoment von 765 Nm für Sportwagen-Gefühle im sonst eher auf Komfort ausgelegten SUV. 4,6 Sekunden vergehen bis Tempo 100, und selbst Zwischensprints auf der deutschen Autobahn bis zur abgeregelten Spitze von 200 km/h erledigt der iX mit souveräner Leichtigkeit. Auf kurvigen Landstrassen versucht das Dickschiff, sein Kampfgewicht von mehr als 2,5 Tonnen so gut wie möglich zu kaschieren: Aktornahe Radschlupfbegrenzung nennt BMW das System, das die Leistung des 4x4 besonders schnell und präzise zwischen den Rädern verteilt und durchaus für BMWs stets propagierte Freude am Fahren sorgt.

Trotz aller antrainierter Sportlichkeit ist das komfortable Gleiten die Paradedisziplin des iX. Was auch daran liegt, dass der E-SUV das erste Modell der Münchner ist, dass auf dem neuen Technologiebaukasten für Assistenzsysteme aufbaut. Eine 300 Meter weit vorausschauende acht Megapixel- und fünf weitere Kameras, fünf Radar- und zwölf Ultraschallsensoren ermöglichen nicht nur (theoretisch) autonomes Fahren auf Level 3, sondern auch neue Funktionen wie selbstständiges Einparken in komplexen Situationen oder die hervorragend arbeitende adaptive Rekuperation, die je nach Verkehr und Umfeld mal mehr, mal weniger Strom in die Batterie zurückspeist.

Über 600 km Reichweite

Der flach im Unterboden integrierte Akku bietet im Topmodell 105 kWh nutzbare Energie. Das reicht im WLTP-Messzyklus für bis zu 630 Kilometer; in der Praxis sollten auch bei sportlicherer Fahrweise immer rund 500 Kilometer drinliegen. Zum Vergleich: Die durchschnittlich 20 bis 23 kWh Stromverbrauch pro 100 km entsprechen etwa dem Energiegehalt von 2,5 Liter Diesel – sparsamer ist luxuriöse Individual-Mobilität kaum möglich. Selbst der Einstiegs-iX mit 326 PS und 77-kWh-Akku soll bis zu 425 Kilometer schaffen. Geladen wird mit maximal 200 kW am Schnelllader, womit in rund 30 Minuten der leere Akku wieder zu 80 Prozent gefüllt ist. An der heimischen Wallbox mit bis zu 11 kW dauerts knapp elf Stunden bis zur Vollladung.

Fazit

BMW hat es mit dem iX geschafft, die über die letzten Jahre aufgebaute Kompetenz im Elektro-Bereich in eine neue Generation von E-Autos zu transferieren. Der SUV bietet ein völlig neues Raumgefühl, hohen Komfort, Fahrspass und Nutzwert – ein echtes Flaggschiff also. Trotz des neuen Konzepts bleibt eines beim alten: Der bei BMW gewohnt hohe Preis. Selbst der schwächer motorisierte und mit kleinerem Akku ausgestattete iX xDrive40 startet schon bei 98'700 Franken. Der gefahrene xDrive50 gibts ab 115'900 Franken. Nächstes Jahr folgt dann noch der iX M60, der bei der Leistung (über 600 PS), sicher auch beim Preis noch eine Schippe drauflegen wird.

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