Warum bloss fahren die Briten auf der «falschen», also linken Seite? Die Frage ist falsch gestellt: Ursprünglich fuhr die ganze Welt links! Aber warum fahren wir und das Gros der Länder rechts? Das hat mit Politik zu tun und vor allem mit zwei Diktatoren, die vielen Ländern ihren Willen aufzwangen. Angemerkt sei: Historisch ist da vieles strittig, Blick nennt die verbreitetsten Versionen.
Schon in der Antike war die Welt am linken Wegesrand unterwegs – weil 90 Prozent der Menschen Rechtshänder sind (warum, ist ungeklärt). Man führte das Schwert rechts und ritt darum links, führte Tiere rechts und lief dazu links. Das Schiffsruder lag rechts (deshalb «Steuerbord»), man führte es links davon, oft mit dem Rücken nach links. So hatte man rechtsseitige Schiffe besser im Blick, und beim Anlegen tat man dies wegen des Ruders eher links (Backbord).
Der Papst setzte auf Links
Auf Römerstrassen galt vermutlich Linksverkehr. Im Jahr 1300 bat der Papst Pilger, sich ans Linkslaufen zu halten. Ende des 18. Jahrhunderts krempelte die Französische Revolution die Klassengesellschaft um. Die Arbeiter begannen rechts zu laufen, um dem links fahrenden Adel in seinen Kutschen Auge in Auge zu begegnen (wie wir es aus Sicherheitsgründen am Strassenrand tun). Daraus wurde in den 1790er-Jahren für Paris Rechtsverkehr – damit alle gleich sind.
Napoleon Bonaparte (1769–1821) machte aus dem Pariser den republikweiten Rechtsverkehr – zwecks Truppenbewegungen. Und führte ihn ein, wo immer er einmarschierte. 1798 krempelte er die Alte Eidgenossenschaft zur Helvetischen Republik um. Es entstanden Kantone wie Aargau oder Thurgau, der Begriff Kanton wurde verbindlich – und das rechtsseitige Reiten und Laufen.
Hitler war rechtsgerichtet
Als 1886 das erste Auto los tuckerte, war rechts in Kontinentaleuropa bereits die Regel. Oft war die Strassenseite auch ein politisches Symbol: Französische Kolonien fuhren rechts, britische links. Anderswo regierten praktische Gründe: Wo die Eisenbahn links fuhr, folgte ihr teils der Strassenverkehr (z.B. Japan).
In Europa brach Adolf Hitler (1889–1945) letzte Widerstände. So verschrieb der rechtsgerichtete Diktator seinen Deutschen Rechtsverkehr etwa nach deren Einverleibung den Österreichern – denn die hatten nach Napoleon wieder nach links gewechselt. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb es dann einfach dabei. Übrigens: Auch das Blaulicht (mehr dazu hier) geht auf das Dritte Reich zurück.
Als eines der letzten Länder Europas wechselte Schweden: Am 3. September 1967 mussten um 4.40 Uhr alle links stehenbleiben, um 4.49 Uhr die Seite wechseln – und um 4.50 ging es rechts weiter. Nur die Briten blieben stur. Das Inselvolk fuhr weiter (und fährt bis heute) links. Ende der 1960er-Jahre wurde ein Wechsel vom Verkehrsminister studiert, aber als undurchführbar beerdigt.
Linksfahren ist nicht selten
Linksfahren ist keine Randerscheinung: 165 Länder und Territorien fahren rechts. Aber 75 links! Selbst die USA fuhren links, ehe Bundesstaat um Bundesstaat nach rechts ging. In Europa fahren heute Briten und Iren links sowie die ex-britischen Gebiete Malta und Zypern. Weltweit zum Beispiel Australien, Indien, Japan, Thailand oder Südafrika.
Für Verkehrsexperten gilt Rechtsverkehr übrigens tendenziell als gefährlicher, weil man rechts schaltet, also die (bei Rechtshändern) schwächere linke Hand mehr lenkt. Im Rückblick sind wir im Mietwagen froh, dass dort zwar das Lenkrad «falsch» liegt (und mit ihm je nach Land – z.B. in Japan – und Hersteller teils die Blinker- und Wischerhebel die Seite wechseln). Aber gottlob ist wenigstens die Reihenfolge der Pedale heute überall stets dieselbe.