Es war eine Sensation, als der US-amerikanische Kleinserienhersteller SSC letzte Woche einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord bekannt gab. Der 1774 PS starke Sportwagen Tuatara erreichte einen Topspeed von 532,93 km/h. Er hat damit den bisherigen Weltrekord des Koenigsegg Agera RS regelrecht pulverisiert.
In der heutigen Zeit brauchts für solch einen Run natürlich ein Video – wie bei den Rundenrekorden auf der legendären Nürburgring-Nordschleife. Das britische Automagazin Top Gear hatte die Ehre, das Video des Tuatara-Rekords (siehe oben) zu veröffentlichen. Und damit nahm das Unglück für SSC (Shelby Supercars) seinen Lauf.
Wieso ist der Tacho verpixelt?
Der Youtuber Shmee150 (33, echter Name Tim Burton) deckte einige Ungereimtheiten auf: So ist der digitale Tacho verpixelt, das Tempo deshalb nur anhand der eingeblendeten Telemetriedaten zu sehen. Als er das Video mit den Aufnahmen der Koenigsegg-Rekordfahrt vergleicht, stellt er ausserdem fest, dass der Tuatara für die gleiche Strecke länger braucht als der Agera RS. Wer jedoch schneller fährt, sollte weniger Zeit benötigen.
Also nimmt Shmee150 das Video wie ein Detektiv Bild um Bild auseinander. Der Youtuber analysiert in mühsamer Kleinarbeit Abstände, Getriebeübersetzungen sowie die daraus resultierenden Höchstgeschwindigkeiten. Das Resultat seiner Berechnungen: Der Tuatara war «nur» etwa 450 km/h schnell.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Als Shmee150 das auf seinem Youtube-Channel veröffentlicht, schlägt das Video schnell hohe Wellen und zwingt SSC zu einer Stellungnahme. In einer Pressemitteilung hält der vermeintliche Rekordhalter fest, dass der österreichischen Test- und Messsystem-Hersteller Dewetron den Topspeed von 532,93 km/h offiziell bestätigt habe. Dem halten die Österreicher noch am selben Tag entgegen, dass sie den Rekord weder be- noch widerlegen können, da kein Mitarbeiter von Dewetron bei der Rekordfahrt vor Ort gewesen sei.
Also doch kein echter Weltrekord? SSC dementiert und bekräftigt, dass die gemessenen Geschwindigkeiten korrekt seien. Allerdings räumen die Amis grundlegende Fehler in der Kombination der Telemetriedaten und Videobilder ein. Wurde hier also nur das falsche Video mit den richtigen Telemetriedaten zusammengeschnitten? Shmee150 hatte diese Möglichkeiten selber schon in Betracht gezogen.
Rekord wird wiederholt
Anscheinend ist das Videomaterial gar nicht in Besitz von SSC, denn der Hersteller hat es nun angefordert, um dies restlos aufzuklären. Es kann den Amis also wohl kaum Absicht unterstellt werden. Aber das Resultat der Videoanalyse dürfte zweitrangig werden.
SSC-Boss Jerod Shelby (52) kündigte in einer emotionalen Videobotschaft an, den Weltrekord zu wiederholen. Dieses Mal mit mehreren GPS-Messgeräten von verschiedenen Herstellern an Bord, die alle vor Ort vertreten sein sollen. Als speziellen Gast hat Shelby auch den Youtuber Shmee150 eingeladen. So kann sich dieser selbst vor Ort überzeugen, dass es kein Fake-Rekord ist.