Im ersten Moment tönt es fast vermessen: Ein Mann macht sich auf, um das Problem der Wasserstoff-Infrastruktur zu lösen. Mit einer Wasserstoff-Tankstelle – für daheim. Für alle. Aber der Mann ist ja nicht irgendwer. Gestatten, Hans Kellner (55) CEO der Messer Schweiz AG und somit Teil der Messer Group, einem der grössten Industriegase-Hersteller der Welt.
Kellner ist da nicht allein. «Die Idee zur Heimtankstelle und die Tankstelle selbst sind von uns», erläutert Kellner am Messer-Firmensitz in Lenzburg AG. «Und das Herzstück, den Verdichter, hat die EPFL – also ETH Lausanne – in den letzten neun Jahren entwickelt.» Eine Schweizer Doppel-Innovation, die das Grundproblem der Brennstoffzellenautos lösen könnte. Jene erzeugen an Bord per Wasserstoff Strom für den Elektromotor. Vorteil: Im Gegenzug für etwas weniger Wirkungsgrad tauscht man die ganze Reichweiten-Problematik von Akkus gegen das Tanken fast wie mit Sprit ein. Als Abgas entsteht nur Wasserdampf.
Keine Mechanik, kein Strom, kein Lärm
Nur: Es gibt ja kaum Tankstellen, in der Schweiz trotz deutlicher Fortschritte derzeit acht. Während sich Wasserstoff mit Solarstrom sogar daheim CO2-neutral erzeugen lässt, kostet die zur Nutzung im Auto nötige Komprimierung enorm Energie und macht Lärm. Genau das löst der neue Verdichter. «Keine beweglichen Teile, braucht keinen Strom und macht keinen Lärm», sagt der promovierte Ingenieur Kellner. «Der Wasserstoff wird chemisch gebunden und durch Zuführung von Wärme wieder freigesetzt.» Kellners Vision: Solarzellen auf dem Hausdach liefern Strom für die Elektrolyse (Wasserstoff-Herstellung). Die kühlschrankgrosse Heimtankstelle deckt den Auto-Eigenbedarf ab, Überschüsse könnte man gar verkaufen.
Messer ist der grösste Wasserstoff-Lieferant der Schweiz. Verdirbt sich Kellner sein eigenes Business? «Nein», so Kellner. «Wir sind seit 1898 im Geschäft, für uns sind die Tankstellen ein weiteres Standbein.» Derzeit entstehen Pilotanlagen, noch 2021 soll der Verkauf starten. «Nun soll eine autarke öffentliche Tankstelle geplant werden, um Verkehr durch Lieferung von Wasserstoff zu vermeiden und alle ohne eigene Tankstelle zu versorgen», hat Kellner schon neue Pläne. «Und Unternehmen sollen eine ökonomische wie ökologische Alternative erhalten – etwa für Brennstoffzellen-Gabelstapler. Den ersten der Schweiz haben wir bereits bestellt.»