Japanische Automarken verraten nichts. «It's a secret», es ist ein Geheimnis, antworten Automanager aus Fernost meist, wenn man sie nach den Zukunftsplänen ihrer Marke fragt. Oder sie hüllen sich ganz in Schweigen und lächeln vielsagend, so dass man sich seinen eigenen Reim drauf machen muss.
Aber bei Toyota herrscht jetzt die neue Offenheit. Seit drei Jahren trommelt man einmal im Jahr die Unternehmensspitze zum Kenshiki-Forum zusammen und verrät dann alles über Ziele, Strategie und kommende Modelle. Wichtigste Botschaft in diesem Jahr: Zahlen rauf, CO2 runter: In diesem Jahr werden Toyota und die Luxus-Tochter Lexus in Europa rund 1,07 Millionen Autos verkaufen – macht ein Plus von rund neun Prozent gegenüber 2020. Und für 2022 peilt der Konzern in Europa 1,3 Millionen Exemplare an. Gäbe es die aktuelle Chipkrise nicht, läge man dank brummender Nachfrage schon in diesem Jahr nicht weit davon weg, so Europa-CEO Matt Harrison.
Ab 2035 Benzin und Diesel passé
Gleichzeitig setzt die Marke künftig voll auf Wasserstoff-Modelle oder reine Stromer wie den 2022 startenden bZ4X und den noch nur angekündigten Lexus RZ. Bis 2030 sollen sie 50 Prozent aller Verkäufe in Europa ausmachen; bis 2035 sollen Benzin und Diesel komplett passé sein. Aber: «Es muss uns klar sein, dass die Einführung CO2-neutraler Technologien in einigen Regionen der Welt deutlich länger als bis 2040 dauern wird», schränkt Harrison ein – zum Beispiel in Afrika, Südostasien oder Lateinamerika. Dort werde der Hybrid mit Verbrenner wohl noch länger aktuell bleiben.
Den Wandel in Europa soll eine neue Plattform nur für hiesige Modelle vorantreiben. Sie wird zunächst noch mit Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Antrieben starten, aber spätestens 2035 nur noch rein elektrische Modelle tragen. Erstes Auto auf dieser neuen Basis wird der Nachfolger des aktuellen C-HR 2023 oder 2024 sein.
Null Emission mit einem Verbrenner
Vorher kommt aber ein weiterer neuer SUV, der die Lücke zwischen C-HR und RAV4 schliessen soll: Analog zum im Januar startenden Yaris Cross folgt im Herbst 2022 der Corolla Cross als Hochformat-Version des Kompaktmodells. Als Fronttriebler wird er mit einem 197 PS (146 kW) leistenden Hybridantrieb kommen; beim Allradler gibts einen zusätzlichen Elektromotor an der Hinterachse mit 42 PS (31 kW). Drinnen verfügt der Corolla Cross über ein neues Infotainment, komplette Smartphone-Einbindung und 15 Assistenzsysteme, die zum Beispiel beim Aussteigen vor nahenden Velos warnen oder das Gaspedal sperren, wenn eine Kollision droht. Preise stehen allerdings noch nicht fest.
Auch Wasserstoff spielt weiter eine grosse Rolle in der Toyota-Strategie – und zwar nicht nur in Autos mit Brennstoffzelle. In einem Prototyp auf Basis der Yaris-Sportversion namens GR Yaris wird das Gas direkt verbrannt, wie in einem normalen Verbrennungsmotor. Geändert werden mussten dafür nur Tank, Treibstoffleitungen und das Einspritzsystem. Ähnliches versuchte BMW vor rund 20 Jahren mit einer Flotte von einhundert 7ern mit Wasserstoff-Zwölfzylinder, stellte das Projekt aber 2009 wieder ein und konzentriert sich seitdem auf Brennstoffzellen. Der Wasserstoff-Yaris soll zunächst im Motorsport getestet werden. Serienreife? Weit weg. Der gleiche Antrieb steckt auch im Lexus-Offroad-Buggy namens ROV Concept, der mit Lederbezügen und Komfortfederung in den Dreck geht.
Warum Wasserstoff?
Warum setzt Toyota auf Wasserstoff, obwohl die meisten Mitbewerber längst nur noch batterieelektrische Antriebe im Fokus haben? «Toyota geht immer einen eigenen Weg», sagt Ferry Franz, zuständig für Toyotas europäische Wasserstoff-Aktivitäten. «Das war schon beim Hybridantrieb so, den der Rest der Branche anfangs auch nicht ernst genommen hat.» Wasserstoff könne über das Auto hinaus als Energieträger in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Deshalb baue Toyota derzeit mit der Woven City eine Modellstadt für 2000 Bewohner, deren Energieversorgung komplett auf Wasserstoff beruhe.
Sehen das die übrigen Autobauer nicht? «Toyota und BMW, mit denen wir sehr eng beim Thema Wasserstoff zusammenarbeiten, sind beide in Familienbesitz», sagt Franz. Was die Familien wollten, werde durchgezogen, auch wenn es ein Marathon sei. Die Strategien von Unternehmen in gestreutem Besitz seien dagegen kurzfristiger ausgelegt, zum Beispiel weil CEOs schnelle Erfolge vorweisen müssten. «Wenn Toyota von etwas überzeugt ist, dann wird das auch umgesetzt – auch wenn es länger dauern sollte», so Franz.