Renault-Boss Luca de Meo kritisiert neue Abgasnorm
Autos werden 1000 Franken teurer

Ausgerechnet auf der internationalen Umweltmesse «Change Now» kritisiert Renault-Boss Luca de Meo die neuen Abgasvorschriften. Sie würden nur die Autos teurer machen, aber kaum etwas bringen.
Publiziert: 02.06.2022 um 18:43 Uhr
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Renault-CEO Luca de Meo prophezeit: Mit der Abgasnorm Euro-7 werden Autos je 1000 Franken teurer.
Foto: OLIVIER MARTIN GAMBIER
Martin A. Bartholdi

Die Autoindustrie steht hinter der Elektromobilität. Fast jeder Hersteller hat inzwischen mindestens ein Elektroauto im Angebot. Und die meisten haben sich ein Jahr gesetzt, ab dem sie nur noch Stromer verkaufen wollen. Entsprechend gelassen sollte die Autoindustrie eigentlich der kommenden Abgasnorm Euro-7 entgegenschauen.

Doch genau diese hat Renault-Chef Luca de Meo (54) jetzt scharf kritisiert, wie die «Automobilwoche» schreibt. Um die neue Norm ab voraussichtlich 2025 einhalten zu können, würden die Autos unverhältnismässig teurer werden, sagte de Meo an der Umweltkonferenz «Change Now» in Paris. «Wir haben ausgerechnet, was Euro-7 nach den derzeit bekannten Plänen für uns bedeuten würde. Wir wissen, dass ein Auto in der Herstellung im Schnitt um 1000 Euro teurer würde, und dass wir im Konzern Kosten von etwa einer Milliarde Euro hätten. Diese Kosten müssten wir letztlich auf die Endkundenpreise draufsetzen.»

Sehr teuer...

Das heisst: Inklusive Entwicklungskosten würden die Autos gar mehr als umgerechnet 1000 Franken teurer werden. Das wäre gerade für Renault verheerend, denn die Franzosen sind vor allem im preissensiblen Klein- und Kompaktwagensegment aktiv. Kein Wunder also, dass sich der italienische Manager über die neuen Vorschriften ärgert: «Ich stelle vielfach einen Mangel an gesundem Menschenverstand fest, stattdessen sehe ich häufig Dogmatismus und Extremismus. Aber das bringt uns nicht sinnvollen und realistischen Lösungen näher.»

... aber wenig Nutzen

Ausserdem: Für de Meo erscheinen die zusätzlichen Kosten nicht verhältnismässig, weil die positiven Folgen überschaubar seien. Mit den aktuellen Vorschriften würden die CO₂-Emissionen bei Renault bis 2030 um 63 Prozent pro Fahrzeug sinken. Mit der neuen Norm liesse sich eine Reduktion von 66,7 Prozent erzielen. «Wir müssten also für drei bis vier Gramm weniger CO₂ ein Fahrzeug um 1000 Euro teurer machen», sagte de Meo in Paris. Dadurch würden kleine und erschwingliche Fahrzeuge nach und nach vom Markt verschwinden.

Auch Kritik für Crashtest-Organsation

Einmal in Fahrt, attackierte Renault-Chef Luca de Meo (54) auch die europäische Crashtest-Organisation Euro NCAP. Die letzten Dacia-Neuheiten Spring und Jogger erhielten jeweils nur einen Stern. Der Grund: Dacia verbaut eher zurückhaltend Assistenten. Aber die sind heute unverzichtbar für ein gutes Sicherheitsrating.

Das stösst de Meo sauer auf: «Beim Thema Sicherheit zählen Fortschritte, die den Menschen wirklich etwas bringen. Was ich aber sehe, ist, dass zuletzt immer mehr Dinge gefordert werden, die das Auto zu einer Art Weihnachtsbaum mit weitgehend nutzlosen technischen Spielereien machen.» De Meo äussert den Verdacht, dass viele Sicherheitsneuerungen für eine Fünf-Sterne-Wertung verlangt werden, nur weil die Technologien verfügbar seien. «Nach ihrem tatsächlichen Nutzen für die Fahrzeuginsassen und die Umgebung wird oft nicht gefragt», so de Meo. Er begrüsse zwar die Arbeit des Euro NCAP für die Sicherheit der Autos, appelliere aber an mehr gesunden Menschenverstand.

EuroNCAP

Einmal in Fahrt, attackierte Renault-Chef Luca de Meo (54) auch die europäische Crashtest-Organisation Euro NCAP. Die letzten Dacia-Neuheiten Spring und Jogger erhielten jeweils nur einen Stern. Der Grund: Dacia verbaut eher zurückhaltend Assistenten. Aber die sind heute unverzichtbar für ein gutes Sicherheitsrating.

Das stösst de Meo sauer auf: «Beim Thema Sicherheit zählen Fortschritte, die den Menschen wirklich etwas bringen. Was ich aber sehe, ist, dass zuletzt immer mehr Dinge gefordert werden, die das Auto zu einer Art Weihnachtsbaum mit weitgehend nutzlosen technischen Spielereien machen.» De Meo äussert den Verdacht, dass viele Sicherheitsneuerungen für eine Fünf-Sterne-Wertung verlangt werden, nur weil die Technologien verfügbar seien. «Nach ihrem tatsächlichen Nutzen für die Fahrzeuginsassen und die Umgebung wird oft nicht gefragt», so de Meo. Er begrüsse zwar die Arbeit des Euro NCAP für die Sicherheit der Autos, appelliere aber an mehr gesunden Menschenverstand.

Dass gerade Renault Alarm schlägt, überrascht. Der halbstaatliche französische Autobauer gehörte mit dem Zoe zu den Vorreitern bei der Elektromobilität, lanciert in den nächsten Jahren zahlreiche neue Stromer und hat schon beschlossen, ab 2030 nur noch E-Autos zu verkaufen. Wieso also dieses Plädoyer gegen die schärfere Abgasnorm und indirekt für den Verbrennungsmotor?

Bleiben E-Autos teuer?

Es dürfte ein Anzeichen dafür sein, dass Elektroautos immer noch von herkömmlichen Modellen quersubventioniert werden. Die Hersteller verdienen weiter das Geld mit Benzin- und Dieselfahrzeugen, während Stromer (noch) ein Verlustgeschäft bleiben. Es spricht auch dafür, dass die Preise für E-Autos nicht so stark fallen werden, wie viele hoffen. Damit werden kleine Einstiegsmodelle im Elektrozeitalter nicht mehr für jedermann erschwinglich sein.

Luca de Meo hatte schon im vergangenen Herbst an der IAA in München gegenüber Blick angekündigt, dass Autos in Zukunft teurer werden. «Vernetzung und Elektrifizierung bedeuteten einen grossen Technikschritt, den wir Autohersteller uns bezahlen lassen müssen. Wenn Kunden statt des Tasten-Handys à la Nokia lieber ein Smartphone wollten, bezahlten sie schliesslich auch dafür.» Weiter würden schärfere Regularien für Sicherheit und Emission die Kosten weiter nach oben treiben, prophezeite de Meo damals und liefert nun eine Zahl: 1000 Franken nur für die Erfüllung der Emissionsvorschriften!

Damals sagte der Renault-Boss weiter, wer es günstig wolle, solle einen Dacia kaufen. Die rumänische Tochter sei Renaults Antwort auf die technisch oft veralteten Modelle auf dem Gebrauchtmarkt. Diese Pläne würde die EU mit der neuen Abgasnorm Euro-7 und den damit verbundenen Entwicklungskosten durchkreuzen.

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