Polestar 2 BST 270 Edition: Getunt und limitiert
Der Kick kommt beim Klick

Ihr hohes Gewicht macht E-Autos hüftsteif. Weil das auch Polestar-Chef Thomas Ingenlath störte, gibts jetzt ein Sondermodell des Polestar 2, bei dem man selbst mit ein paar Schraubendrehungen Schwung ins Fahrwerk bringen kann.
Publiziert: 15.11.2022 um 13:11 Uhr
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Neuer Polestar 2 BST Edition 270: Am Anfang wars nur ein Tuning-Auftrag von Polestar-CEO Thomas Ingenlath.
Foto: Zvg
Wolfgang Gomoll

Mit Autodesignern ist das so eine Sache. Meistens liegen sie mit den Ingenieuren im Clinch: Soll ein Bauteil der Funktion oder der Form folgen? Polestar-Chef Thomas Ingenlath (58) startete seine Karriere als Designer, also sollte bei Volvos Elektro-Tochter bei solchen Diskussionen die Entscheidung klar sein. Weit gefehlt. «Er hat uns herausgefordert, aus seinem Polestar 2 etwas Besonderes zu machen», sagt Fahrwerksexperte Joakim Rydholm. Tunt den Dienstwagen des Chefs, lautete der Auftrag.

Die Leistung war bei Ingenlaths Polestar 2 mit 476 PS (350 kW) nicht das Problem – sondern die Agilität des 2,1-Tonnen-Stromers. Rydholms Team schraubte eine Domstrebe in den Vorderwagen, um das Einlenkverhalten zu verbessern, spezielle Stossdämpfer an die Achsen und montierte Akebono-Bremsen. So jagte Ingenlaths Auto – Spitzname «The Beast» – 2020 beim Goodwood Festival of Speed über die Piste. Die Idee zum aufgepeppten Serienmodell war geboren. Weil Ingenlath seinen Dienstwagen zurückhaben wollte – und ihn heute noch fährt –, gabs ein Jahr später einen weiteren Prototypen. Und jetzt auf dessen Basis eine Serienversion namens Polestar 2 BST Edition 270.

Hier darf man noch schrauben

Die Domstrebe ist geblieben, die Karosserie rückt um 25 Millimeter näher an den Asphalt und die Federn sind 20 Prozent steifer als beim Standard-Polestar. Der Clou sind aber die x-fach verstellbaren Stossdämpfer vom schwedischen Motorsport-Spezialisten Öhlins. Der machte schon Volvo-Verbrennern Beine, als Polestar noch eine schwedische Tuningbude war: Unter der Fronthaube – dort ist Platz mangels Verbrenner – liegen zwei Ölreservoirs mit Stellschrauben. Die wirken dreifach auf die Dämpfer vorne und hinten: Erster Klick verstellt die Druckstufe vorn, zweiter Klick die Zugstufe vorn, dritter Klick die Zugstufe hinten. Klick-Klick-Klick, wählt Rydholm das Normal-Setup 7-7-7 und entlässt uns auf eine Testrunde auf dem Ascari Race Track in den Bergen der spanischen Provinz Málaga.

Polestar 2 BST Edition 270

Antrieb: 2 Elektromotoren, Systemleistung 476 PS (350 kW), max. Drehmoment 680 Nm, 1-Gang-Getriebe, Allradantrieb, Batterie 75 kWh (netto), max. Ladeleistung 155 kW, Reichweite 462 km
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 4,4 s, Spitze 205 km/h
Masse: L/B/H 4,60/1,99/1,45 m, Leergewicht ab 2113 kg, Laderaum 405–1095 l
Umwelt: WLTP-Verbrauch Werk 20,2 kWh/100 km, 0 g/km CO₂-Ausstoss lokal
Preis: ab 76'900 Franken – aber schon ausverkauft

Antrieb: 2 Elektromotoren, Systemleistung 476 PS (350 kW), max. Drehmoment 680 Nm, 1-Gang-Getriebe, Allradantrieb, Batterie 75 kWh (netto), max. Ladeleistung 155 kW, Reichweite 462 km
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 4,4 s, Spitze 205 km/h
Masse: L/B/H 4,60/1,99/1,45 m, Leergewicht ab 2113 kg, Laderaum 405–1095 l
Umwelt: WLTP-Verbrauch Werk 20,2 kWh/100 km, 0 g/km CO₂-Ausstoss lokal
Preis: ab 76'900 Franken – aber schon ausverkauft

Power gibts genug, aber neu fühlt sich der Polestar nicht mehr so hüftsteif an. Er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen, weder durch Schikanen, noch Curbs oder Vollgas am Kurvenausgang – lustig. Aber er schiebt leicht aus der Kurve. Klick-Klick-Klick, schraubt Rydholm und schon fühlt sich das Auto im 4-4-4 viel leichtfüssiger an. Auf 2-2-2 schliesslich wirbelt der Polestar 2 geradezu über die Rennstrecke. Kaum zu glauben, wie wenige Schraubenumdrehungen aus ihm ein komplett anderes Auto machen.

Beeindruckend und ausverkauft

Restkomfort bleibt noch in der straffsten Einstellung, aber das Gewicht des Autos spürt man natürlich und an der etwas unentschlossenen Lenkung kann kein Klick etwas ändern. Jedenfalls bereitet das händische Abstimmen an den Drehschrauben und das Heraustüfteln der perfekten Einstellung jede Menge Spass. Ohne dass beim Verbrauch das böse Erwachen käme: Auf der Piste giert der Polestar nach Strom, aber auf Landstrassentour blieb er nur zwei Zehntel Kilowattstunden (kWh) über dem Werksverbrauch von 20,2 kWh/100 km. Nach 462 Kilometer laut Normzyklus wäre also die Batterie leer. Spätestens dann dürfte sich mancher Eigner auch ein Tuning der Ladeleistung von nur 155 Kilowatt (kW) wünschen.

Jedenfalls zeigt der Polestar 2 BST Edition 270, dass Rennstreckentauglichkeit auch bei einem Zweitönner möglich ist. Schlechte Nachricht: Die weltweit 270 Exemplare sind längst ausverkauft, trotz eines Schweizer Preises ab 76'900 Franken. Aber Polestar hat schon angekündigt, dass es mehr Sondermodelle dieser Art geben soll.

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