Auf einen Blick
- Elon Musk enthüllt selbstfahrenden Cybercab in Hollywood
- Cybercab soll als autonomer Fahrdienst von Tesla eingesetzt werden
- Analyst erwartet Cybervan mit bis zu zehn Plätzen
- Cruise musste Testflotte in San Francisco nach Unfällen einstellen
- Musk prophezeit Börsenwert von 10 Billionen US-Dollar
Es tönt nach dem Plot eines Science-Fiction-Streifens, aber es geht tatsächlich um ein reales Auto. In der Nacht auf den 11. Oktober will Tesla-CEO Elon Musk (53) seinen selbstfahrenden Cybercab enthüllen – auf dem Gelände der Warner Bros. Filmstudios in Hollywood im US-Bundesstaat Kalifornien. Eine grosse Inszenierung? Mit Sicherheit, spekuliert das US-Branchenportal automotivenews.com. Denn was könnte besser geeignet sein als die Kulissen legendärer Hollywoodfilme, um ein autonomes Auto zu präsentieren?
Der Cybercab soll dabei nicht etwa ein autonomes Auto für Privatkunden sein. Die Fahrzeuge sollen künftig in einem von Tesla selbst betriebenen Fahrdienst eingesetzt werden – also mehr Kleinbus denn Auto. «Sie öffnen die Tesla-App und bestellen ein Fahrzeug, und wir schicken es dann rüber, und es bringt Sie irgendwohin», so erklärte Musk das Prinzip im Sommer an einer Investorenkonferenz. US-Branchenanalyst Gene Munster erwartet allerdings weniger ein Cybercab als einen Cybervan mit bis zu zehn Plätzen, der auch als Bus-Ersatz taugt. Ob das Fahrzeug wirklich bereits autonom unterwegs ist? In den Kulissen des Filmstudios könnte es das nachweisen, wenn man dort mit Komparsen Stadtleben inszeniert.
Grosse Show oder nichts als Inszenierung?
Oder wirds doch wieder nur eine Show der leeren Versprechungen vom Ankündigungs-Weltmeister Musk? Seit 2016 hat er selbstfahrende Teslas versprochen, bezeichnete die Fahrassistenzsysteme der Modelle gar als Autopilot. Aber mehr als blosses assistiertes Fahren wie viele europäische Konkurrenten liefern sie bislang nicht ab, trotz stetiger Updates und Erweiterung der Funktionen. Zudem überschätzen viele Kunden die autonomen Fähigkeiten ihrer Autos, was immer wieder zu tragischen Unfällen führt. Kritiker halten Musk vor, dass er lediglich auf Kameras setze, statt auf sich gegenseitig überwachende Kamera- und Lasersensorik, wie sie viele europäische Hersteller bevorzugen.
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Eigentlich hätte der Cybercab bereits im Sommer enthüllt werden sollen, aber wegen Nachbesserungsbedarf verschob Musk die Präsentation. Der kolportierte Name Cybercab wird in den USA schon als Anspielung aufs Design des Selbstfahr-Teslas gewertet – er könnte jenes des Elektro-Pick-ups Cybertruck aufgreifen. Fraglich allerdings, ob das Fahrzeug bereits ohne Lenkrad und Pedale unterwegs sein darf: Dafür müsste Tesla eine Ausnahmegenehmigung in den USA beantragen. Selbst die Fahrzeuge der bereits erfolgreichen autonomen Shuttleflotte der Google-Tochter Waymo, gegründet 2009 vom deutschen Informatiker Sebastian Thrun (57), kommt noch nicht ohne echte Fahrerplätze aus.
Es geht nur langsam vorwärts
Überhaupt: Zuletzt hatten die Betreiber autonomer Testflotten Rückschläge hinnehmen müssen. Einerseits hat sich das Training der für die Steuerung nötigen künstlichen Intelligenz auf die komplexen Situationen im Strassenverkehr als deutlich aufwendiger als erwartet erwiesen. Zweitens wächst mit jedem Unfall im öffentlichen Raum die Skepsis der Bevölkerung und der Behörden.
Das US-Unternehmen Cruise, Tochter des Autogiganten General Motors, musste gar vor einem Jahr den Betrieb seiner Testflotte im kalifornischen San Francisco einstellen. Cruise-Autos hatten Unfälle mit Verletzten verursacht, hilflos die Strassen blockiert und zu massiven Verkehrsbehinderungen und -gefährdungen geführt. Cruise geriet gar in finanzielle Schieflage, die Konzernmutter musste 850 Millionen US-Dollar zuschiessen. In Kürze will Cruise neu starten – mit zunächst fünf Fahrzeugen in Kalifornien.
Vertrauensbildende Massnahme
Für Musk dürfte die Vorstellung des Cybercab indes vor allem strategische Bedeutung haben: Er braucht eine glaubwürdige Demonstration der technologischen Fähigkeiten von Tesla. Die Modellpalette ist alt, wirkliche Innovationen brachten auch die letzten Auffrischungen von Model S und Model 3 nicht. Der Cybercab könnte das Vertrauen der Investoren zurückbringen.
Ein funktionierender autonomer Shuttleservice könnte den US-Elektroauto-Pionier dann auf ein neues Niveau heben. Musk prophezeit mit dem Dienst einen künftigen Tesla-Börsenwert von 10 Billionen US-Dollar – also das Dreifache des heutigen Wertes von Apple, Microsoft und Nvidia zusammen. Doch dafür muss er zuerst liefern. Und zwar mehr als eine hollywoodreife Inszenierung mit Filmtricks.
Wurmen dürfte Musk, dass er mit seiner Ankündigung eines autonomen Shuttleservices nicht der Erste ist: Das kroatische Unternehmen Rimac hatte gleiches schon im Sommer angekündigt.