Rimac will die Taxiwelt revolutionieren
Fahren bald auch in der Schweiz Robotaxis?

Mate Rimac gilt mit seinen Ideen als europäischer Elon Musk. Nach elektrischen Hypersportlern und Kooperationen mit renommierten Autoherstellern präsentiert der Kroate sein neuestes Projekt: Verne – das Robotaxi der Zukunft.
Publiziert: 27.07.2024 um 16:30 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2024 um 16:33 Uhr
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Was Grosskonzerne wie General Motors oder E-Pionier Tesla noch nicht hingekriegt haben, will jetzt der kroatische Tausendsassa Mate Rimac schaffen.
Foto: ZVG.
Stefan Grundhoff und Raoul Schwinnen

Schon vor Jahren waren selbstfahrende Robotertaxis der grosse Zukunftstrend. Vor allem in Amerika und Asien war die Angst der Taxibetreiber vor der neuen Konkurrenz gross. Doch abgesehen von nicht enden wollenden Testbetrieben ist bisher kaum etwas geschehen. Zwar sind in einigen US-Städten erste autonome Taxis ohne Fahrer unterwegs. Doch die Hersteller wie General Motors (GM), Waymo oder Tesla tun sich mit dem Thema schwerer, als ursprünglich erwartet – und die anfängliche Begeisterung in Amerika ist Ernüchterung gewichen.

Doch das soll nicht für Europa gelten. Zumindest, wenn es nach dem Willen von Mate Rimac (36) geht. Mit Verne stellt der kroatische Tausendsassa, der sich mit seinen Rimac-Hypercars und Kooperationen mit Porsche, Bugatti und Hyundai einen guten Namen machte, ein schmuck anzusehendes Robotaxi vor, das bereits ab 2026 in verschiedenen europäischen Städten eingesetzt werden soll.

Wer ist Rimac?

Alles begann, als der CEO von Rimac Group und Gründer von Rimac Automobili, Mate Rimac, im Alter von 21 Jahren seinen BMW mit einem eigenen elektrischen Antrieb versah. Bei Firmengründung 2011 hatte der Kroate lediglich eine Handvoll Mitarbeitende. Heute, 13 Jahre später, arbeiten über 1300 Menschen in zwei Teilfirmen. Rimac Technology gehört zu 100 Prozent zur Rimac Group und liefert grossen Herstellern Batterien und Elektroantriebe – unter anderem Koenigsegg und Porsche. Die Bugatti Rimac Gruppe mit den Marken Bugatti und Rimac als Sparte für die selbst entwickelten Fahrzeuge gehört nur zu 55 Prozent zur Gruppe; den Rest halten diverse Aktionäre und Mate Rimac selbst.

Lorenzo Fulvi

Alles begann, als der CEO von Rimac Group und Gründer von Rimac Automobili, Mate Rimac, im Alter von 21 Jahren seinen BMW mit einem eigenen elektrischen Antrieb versah. Bei Firmengründung 2011 hatte der Kroate lediglich eine Handvoll Mitarbeitende. Heute, 13 Jahre später, arbeiten über 1300 Menschen in zwei Teilfirmen. Rimac Technology gehört zu 100 Prozent zur Rimac Group und liefert grossen Herstellern Batterien und Elektroantriebe – unter anderem Koenigsegg und Porsche. Die Bugatti Rimac Gruppe mit den Marken Bugatti und Rimac als Sparte für die selbst entwickelten Fahrzeuge gehört nur zu 55 Prozent zur Gruppe; den Rest halten diverse Aktionäre und Mate Rimac selbst.

Benannt ist das Projekt nach dem visionären französischen Buchautor Jules Verne (1828–1905). «Also dem Mann, der mit seinen Werken «Reise um die Erde in 80 Tagen» oder «Die Reise zum Mittelpunkt der Erde» quasi die Zukunft erfunden hat», erklärt Mate Rimac: «So wie Jules Verne das Thema Reisen als treibende Kraft für seine Geschichten nutzte, nutzen wir es als Inspiration für die Gestaltung der Zukunft.»

Start ab 2026 in Zagreb

Unmöglich für den Einsatz im Alltag erscheinen autonom fahrende Robotertaxis in Europa bis heute. Das soll sich aber in zwei Jahren ändern, wenn in der kroatischen Hauptstadt Zagreb die ersten Verne ihren Dienst aufnehmen sollen. Zagreb ist nicht ganz zufällig gewählt, befindet sich dort auch der Sitz der Rimac-Firmenzentrale. Doch bald sollen die kroatischen Robotaxis auch weitere europäische Städte erobern. «Wir haben bereits Vereinbarungen mit elf Städten in der EU, im Vereinigten Königreich und im Nahen Osten unterzeichnet», verrät Rimac. Aktuell laufen Verhandlungen mit mehr als 30 weiteren Städten, die gerne Verne-Mobilitätspartner werden möchten. Ob auch aus der Schweiz, will Rimac (noch) nicht verraten.

Der Aufwand für den Aufbau der lokalen Mobilitätsdienste ist gross: In jeder Stadt, in der die Rimac-Robotaxis zum Einsatz kommen werden, wird eigens eine Infrastruktur mit einem sogenannten Mutterschiff aufgebaut. Dort werden die einzelnen Robotaxis koordiniert, aufgeladen, gereinigt und gewartet.

Robotaxis: Keine Begeisterung mehr in San Francisco

Das autonome Taxi ist Realität – zumindest in San Francisco (USA). Dort betreibt die General-Motors-Tochter Cruise schon seit 2015 eine Flotte autonomer E-Autos – umgebaute Chevrolet Bolt. Bis Oktober 2020 konnten in den Testfahrzeugen mit den charakteristischen Lidar-Lasersensoren auf dem Dach noch menschliche Fahrer im Notfall eingreifen. Aber seit dem lenkt nur noch die Maschine.

Im September 2021 erhielt Cruise gar die Genehmigung für einen kommerziellen Taxiservice mit der autonomen Flotte. Bis zu ersten Unfällen mit den Geistertaxis: Vor genau einem Jahr crashte ein Cruise-Auto frontal in ein Feuerwehrfahrzeug, der Taxipassagier wurde verletzt. Gleichentags kollidierte ein an der Ampel anfahrendes Cruise-Taxi mit einem Fussgänger bei noch niedrigem Tempo. Daraufhin musste Cruise seine Taxiflotte halbieren und durfte tagsüber nur noch mit 50, nachts mit maximal 150 Fahrzeugen verkehren.

Die Verwaltung von San Francisco ist längst nicht mehr begeistert. Die Cruise-Taxis würden Blaulicht von Rettungsfahrzeugen missachten, Absperrbänder durchfahren und bei Ausfall des Mobilfunknetzes, das die nötigen Daten bereitstellt, hilflos den Verkehr blockieren. Nach einem weiteren Unfall im Herbst 2023 wurde das Projekt fürs Erste beendet. Ärgerlich für GM-Tochter Cruise: Für 2026 war der Start eines autonomen Shuttleservices in Japans Hauptstadt Tokio geplant. Und auch Dubai hat bereits 4000 Roboterautos bestellt. Ob Cruise diese Aufträge wie geplant ausführen kann, ist unklar.

Auch Tesla-Boss Elon Musk (53) scheint das Thema Robotaxi unterschätzt zu haben. Für den 8. August hatte er die Präsentation eines Tesla-Robotaxis angekündigt – aber nun verschoben. Nun soll der autonome Tesla wohl frühestens im Oktober enthüllt werden.

Nach mehreren Unfällen mit den Cruise-Robotaxis ist die Stadtregierung von San Francisco nicht mehr begeistert und beendete ein Pilotprojekt.
zvg.

Das autonome Taxi ist Realität – zumindest in San Francisco (USA). Dort betreibt die General-Motors-Tochter Cruise schon seit 2015 eine Flotte autonomer E-Autos – umgebaute Chevrolet Bolt. Bis Oktober 2020 konnten in den Testfahrzeugen mit den charakteristischen Lidar-Lasersensoren auf dem Dach noch menschliche Fahrer im Notfall eingreifen. Aber seit dem lenkt nur noch die Maschine.

Im September 2021 erhielt Cruise gar die Genehmigung für einen kommerziellen Taxiservice mit der autonomen Flotte. Bis zu ersten Unfällen mit den Geistertaxis: Vor genau einem Jahr crashte ein Cruise-Auto frontal in ein Feuerwehrfahrzeug, der Taxipassagier wurde verletzt. Gleichentags kollidierte ein an der Ampel anfahrendes Cruise-Taxi mit einem Fussgänger bei noch niedrigem Tempo. Daraufhin musste Cruise seine Taxiflotte halbieren und durfte tagsüber nur noch mit 50, nachts mit maximal 150 Fahrzeugen verkehren.

Die Verwaltung von San Francisco ist längst nicht mehr begeistert. Die Cruise-Taxis würden Blaulicht von Rettungsfahrzeugen missachten, Absperrbänder durchfahren und bei Ausfall des Mobilfunknetzes, das die nötigen Daten bereitstellt, hilflos den Verkehr blockieren. Nach einem weiteren Unfall im Herbst 2023 wurde das Projekt fürs Erste beendet. Ärgerlich für GM-Tochter Cruise: Für 2026 war der Start eines autonomen Shuttleservices in Japans Hauptstadt Tokio geplant. Und auch Dubai hat bereits 4000 Roboterautos bestellt. Ob Cruise diese Aufträge wie geplant ausführen kann, ist unklar.

Auch Tesla-Boss Elon Musk (53) scheint das Thema Robotaxi unterschätzt zu haben. Für den 8. August hatte er die Präsentation eines Tesla-Robotaxis angekündigt – aber nun verschoben. Nun soll der autonome Tesla wohl frühestens im Oktober enthüllt werden.

In einem eigens aufgebauten Rimac-Werk im Süden Zagrebs werden die Fahrzeuge gebaut. Äusserlich ein recht futuristisches Auto, wirken sie innen wie eine mobile Lounge für bis zu zwei Personen. Der Antrieb? Natürlich elektrisch, aber zu den Details äussert sich Rimac noch nicht – und letzten Endes kann er den Passagieren auch egal sein: Für sie gehts nur um Sicherheit und Komfort. Lidar-Laser-Sensoren, Radar, Kameras und die nötige Intelligenz hinter der autonomen Steuerung liefert das israelische Tech-Unternehmen Mobileye.

Bestellt werden die Verne-Autos einfach per Smartphone-App. Anders als bei vielen Ridesharing-Anbietern lässt sich das Verne-Taxi aber schon bei der Bestellung nach den Vorlieben des Kunden vorkonditionieren. Beleuchtung, Temperatur und selbst der Lieblingsduft können eingestellt werden, damit sich die Passagiere so wohl wie im eigenen Auto fühlen.

Rollende Wohlfühloase

Ein- und ausgestiegen wird über elektrisch öffnende beziehungsweise schliessende Schiebetüren. Es gibt auch eine Heckklappe fürs Gepäck im Kofferraum. Im Fahrzeug erwarten die Fahrgäste zwei bequeme Sitze, die sich nach Wunsch vielfältig verstellen lassen. Gaspedal, Spiegel oder Lenkrad? Fehlanzeige. Sogar den Scheibenwischer hat Rimac eingespart. Während der Fahrt kann man sich vom 43 Zoll (1,09 m) grossen Bildschirm und 17 Lautsprechern unterhalten lassen – oder per Laptop oder Handy verbunden arbeiten.

Mit Dösen oder dem Blick durch die Kuppel des Panoramaglasdachs könnte man sich natürlich auch beschäftigen. Doch bis zum Start des ersten kommerziellen Shuttlediensts in gut zwei Jahren müssen zuerst geschätzt 450 Mio. Franken für die Vorfinanzierung aufgebracht werden. Die Europäische Union schiesst über 175 Mio. Franken Fördergeld zu. Und auch Kooperationspartner Kia, als Teil des Hyundai-Konzerns Miteigentümer von elf Prozent von Rimac, will sich finanziell einbringen.

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