Auf einen Blick
- Citroën SM feiert elektrisches Comeback
- Design von Robert Opron bleibt legendär
- Nur 12'290 Exemplare des ursprünglichen SM verkauft
Den Übermut bekam Robert Opron (1932–2021) wohl schon in die Wiege gelegt. Frisch diplomiert als Architekt, zeichnete der Franzose für seinen ersten Arbeitgeber Simca zum Start gleich mal ein Auto mit Atomantrieb. Das Concept Car Fulgur erinnerte allerdings mehr an ein Raumschiff mit Glaskuppel über den Passagierköpfen, als es 1959 in Paris enthüllt wurde. Gut, blieb uns das erspart.
Wirklich schade wäre es indes, hätte die Autowelt auf Oprons grössten Wurf als Autodesigner verzichten müssen. Ab 1964 leitet er das Designcenter bei Citroën und stellt ein Auto auf mit Blech verkleidete Hinterräder, das bei der Premiere am Genfer Autosalon 1970 das Publikum den Atem anhalten lässt: nur zwei Türen, kuppelartige Heckscheibe und eine stromlinienförmige Karosserie, die sich über vier Sitzplätze spannt. Seine Schokoladenseite zeigt der Citroën SM beim Anblick von vorn: Unter einer durchgehenden Glasfront strahlen sechs Scheinwerfer mit Kurvenlichtfunktion. Die in Deutschland wegen der Blendgefahr direkt stillgelegt werden muss.
Italienischer Antrieb
Hinter der Front röhrt ein von Maserati zugekaufter V6-Motor mit bis zu 180 PS, der den SM auf über 220 km/h Spitze katapultiert – so schnell war damals kein anderer Fronttriebler. Der Name SM stand laut Citroën-Offiziellen für Sport und Maserati, bei Design-Afficionados für «Seine Majestät» und bei den nur 12'290 Menschen, die ihn tatsächlich kauften, für Schimpfen und Motortausch. Denn das Maserati-Aggregat war ein liebesbedürftiges Seelchen jenseits des Einfühlungsvermögens mancher Garagisten, die ansonsten 2CV mit Hammer und Schraubendreher reparierten. Und so musste die Maserati-Majestät schon 1975 abdanken – vor fast 50 Jahren.
Doch jetzt ist sie zurück. Am «Concours d’Elegance» des Designfestivals Chantilly Arts & Elegance auf dem gleichnamigen Schloss nahe Paris wurde der SM Tribute enthüllt – und all die Details des Urahnen sind wieder da: Silhouette, Fenstergraphik, die sechs Scheinwerfer – heute natürlich als LEDs. Nur die Glasfront wurde zeitgenössisch durch einen 3-D-Bildschirm ersetzt, die Türverkleidungen tragen Lasergravuren und statt der ovalen Oldschool-Instrumente von einst werden die Informationen projiziert. Selbst den Zweifarblack hätte man auch beim ersten SM schon in den gleichen Tönen ordern können. Dass der Antrieb rein elektrisch erfolgen dürfte, bedarf heutzutage natürlich nicht einmal einer Erwähnung.
Wo steht DS?
Doch in einem Punkt wurde ein wenig geschummelt. Denn im Gegensatz zum Ur-SM, der mit Citroën-Logo vom Band lief, führt beim Remake DS Automobiles die Regie. Im gemeinsamen Mutterkonzern Stellantis sucht die Marke, benannt nach dem legendären Citroën-Modell DS, allerdings noch immer ihre Rolle unter den 13 Schwestern. Während sich Alfa Romeo, Lancia und Maserati in 110 oder noch mehr Jahren Historie prächtig positionieren konnten, irrlichtert DS seit der Gründung 2014 als eigenständige Edelmarke zwischen Glitzer-Prunk nach chinesischem Geschmack und Exzentrik wie einst bei Citroën umher.
Französische Oberklasse-Modelle standen immer für zukunftsgerichtete Eleganz und konkurrenzlosen Komfort. Doch Image und Positionierung von DS sind kaum greifbar, obwohl sich die Marke mit Kooperationen im Design- und Haute-Couture-Bereich eher auf die Seite der schönen Künste denn der Hardcore-Ingenieure schlägt. Dabei soll DS auch technologisch bei Stellantis voranfahren und noch in diesem Jahr damit beginnen, die Verbrenner aufs Altenteil zu schicken. Stand Ende August rollten in diesem Jahr bisher knapp 200 DS in Schweizer Garagen – trotz rein elektrischen und Plug-in-Hybridantrieben auf dem Stand der Technik. Aber mehr als harte Fakten zählen im Nobelsegment die gute Geschichte und ein paar Jahrzehnte Tradition.
Der Kreis schliesst sich
Der SM Tribut dürfte nun andeuten, wohin für DS Automobiles zukünftig die Reise gehen soll. Zu Serienchancen schweigt man sich noch aus, aber gerade dieser Marke würde solch eine Coupé-Schönheit mit klassischen Linien und 54-jähriger Tradition bestens zu Gesicht stehen. Die nötige Elektro-Plattform im 4,94-Meter-Gardemass rollt mit 761 PS (560 kW) und 800-Volt-Batterietechnik für rasantes Laden längst über unsere Strassen – mit dem Dreizack der Stellantis-Schwester Maserati auf der Haube. Womit sich der Kreis aufs Schönste schliessen würde.