Kommt jetzt der Durchbruch fürs autonome Fahren?
Zu wenig Chauffeure fördern selbstfahrende LKW

Am Ende ist es immer der Faktor Mensch. Leere Regale drohen nicht nur wegen fehlender Produkten, sondern auch weil es nicht genug LKW-Chauffeure für den Transport gibt. Der selbstfahrende Lastwagen soll das Problem lösen.
Publiziert: 12.08.2022 um 11:14 Uhr
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Weltweit fehlen LKW-Chauffeure.
Foto: Press-Inform
Wolfgang Gomoll und Martin A. Bartholdi

Es sollte die Autowelt revolutionieren, doch die Realisierung lässt auf sich warten. Die Rede ist vom autonomen Fahren. Seit 2020 sollten Roboterautos auf unseren Strassen unterwegs sein. Doch die inzwischen zehn Jahre alte Vision wurde (noch) nicht Realität (mehr zum Traum vom Roboterauto).

Autonomes Fahren hat bei vielen Autoherstellern nicht mehr erste Priorität. Dafür wird es plötzlich bei den Lastwagen interessant. Hier könnte die Technologie sogar zum Gamechanger werden. Zu diesem Schluss kommen die Branchenexperten des Beratungsunternehmens Berylls. Denn mit autonomen LKW könnten die Transportunternehmen zwei Probleme lösen: die laufend steigenden Kosten und den Personalmangel.

Zu wenig Fahrerinnen

Schon heute fehlen alleine in den USA 80'000 Chauffeure in der Transportbranche. Berylls geht davon aus, dass diese Zahl bis 2030 auf 160'000 Fahrerinnen und Fahrer ansteigen wird. Das Problem besteht allerdings nicht nur in den USA. Auch in Europa ist es wegen der wenig attraktiven Arbeitsbedingungen immer schwieriger, junge Menschen für den Beruf LKW-Chauffeur zu begeistern.

Ohne die Menschen im Führerhaus drohen die Lastwagen stillzustehen. Damit würden wichtige Lieferketten unterbrochen und es könnte zu leeren Regalen in den Supermärkten kommen. Dazu verlieren die Transportunternehmen mit jedem stehenden LKW Geld.

Löhne sind grösster Kostenpunkt

Die Chauffeure sind für die Speditionsfirmen der grösste Kostenpunkt. Die Fahrerlöhne machen 40 Prozent der Allgemeinkosten aus. Das übertrifft sogar die Spritkosten, die nur 30 Prozent ausmachen. Und wer vom autonomen Fahren noch immer nicht überzeugt ist, den dürfte die nächste Zahl des amerikanischen Truck-Forschungsinstituts nachdenklich stimmen. Die Fahrer sind für 90 Prozent aller Unfälle verantwortlich. Neben dem Verdienstausfall während der Reparatur des Trucks, schlägt sich das auch in höheren Versicherungsprämien nieder. Diese sind im letzten Jahrzehnt um durchschnittlich 4,1 Prozent gestiegen.

Grosses Sparpotenzial

Berylls rechnete die finanziellen Vorteile eines Roboter-Trucks durch. Dabei fliessen folgende Faktoren positiv in die Kalkulation ein: Der Computer fährt gleichmässiger, verbraucht weniger Treibstoff, dabei verschleisst der LKW weniger, und die Versicherungskosten sinken.

Damit würde die Meile nicht mehr 2,10 Dollar kosten, sondern nur noch 1,15 Dollar. Das ist fast nur noch die Hälfte und entsprechend lukrativ. Wenn jeder zehnte Lastwagen in den USA autonom fahren würde, liessen sich 25 Milliarden Dollar (ca. 23,6 Mrd. Fr.) einsparen.

Techkonzern schnuppern Profite

Bei diesem Sparpotenzial werden autonome LKWs für die Spediteure interessant, und das bedeutet für die Hersteller eine Chance ihre Trucks an den Mann zu bringen. Aber auch die Techkonzerne wittern ihre Chance. Die fünf grössten auf autonomes Fahren spezialisierten Firmen der USA (Waymo, TuSimple, Aurora, Emback und Plus) haben im vergangenen Jahr von Investoren 5,6 Milliarden Dollar gesammelt. Sie wollen die autonome LKW-Technik zur Marktreife und bis Ende des Jahrzehnts auf die Autobahnen bringen.

Fahren 2030 Robotrucks?

Ihre Kunden dürften aber nicht die Lastwagen-Bauer sein, denn die Tech-Konzerne sehen sich nicht als klassische Zulieferer. Sie wollen das autonome Fahren als Dienstleistung in einem Abo direkt an die Transportunternehmen vermieten.

Aber auch die LKW-Bauer werden versuchen, ihre Fahrzeuge entsprechend auszurüsten, um so einen höheren Verkaufspreis zu begründen. Die Daimler Truck AG, Mercedes-Tochter und grösster Nutzfahrzeughersteller der Welt, will bis 2030 Roboter-Lastwagen mit Level 4 auf die Strasse bringen. Das heisst Teilstrecken (wie zum Beispiel Autobahnen) würden die Fahrzeuge schon selber fahren, andere (Stadtgebiete) nicht.

Für die grossen LKW wäre das ideal, um Waren auf der Autobahn in grosse Lager ausserhalb der Städte zu transportieren. Von dort könnten kleinere E-Transporter die Feinverteilung in den Agglomerationen übernehmen. Und wenn das autonome Fahren in den LKW funktioniert, ist es nur noch ein kleiner Schritt, die Systeme auch in Personenwagen zu verbauen.

Die 5 Level der Automation

Experten sprechen nicht vom autonomen, sondern vom automatisierten Fahren. Denn erst die höchste Stufe (Level 5) der Automatisierung ist im Wortsinne autonom. Heutige Systeme können maximal Level 2. Tesla nennt sein teilautomatisiertes System «Autopilot», sonst ist meist die Rede vom automatisierten, assistierten oder pilotierten Fahren (z.B. «Drive Pilot», «Autobahnpilot»). Fachleute definieren in der Regel folgende Stufen:

Level 0
Nicht automatisiert: Nur der Fahrer fährt. Die Systeme warnen ihn (z.B. Warnton beim Verlassen der Spur), greifen aber nie selbst ein.

Level 1
Assistiert: Der Fahrer fährt zwar, aber Einzelsysteme (z.B. Radartempomat, Spurhalte-Lenkhilfe) unterstützen ihn dabei.

Level 2
Teilautomatisiert: Das Auto fährt in bestimmten Situationen (z.B. Autobahn bei gutem Wetter) selbst. Seit 2013. Fahrer muss System überwachen, um jederzeit übernehmen zu können.

Level 3
Bedingt automatisiert: Das Auto fährt in bestimmten Situationen (z.B. Autobahn bis zu gewissem Tempo) selbst. Der Fahrer muss das System nicht überwachen, aber nach Vorwarnung eingreifen können.

Level 4
Hoch automatisiert: Das Auto fährt komplette Teilstrecken (z.B. Autobahn) vollständig situationsunabhängig selbst, andere (z.B. Stadt) der Fahrer.

Level 5
Voll automatisiert: Das Auto kann autonom ganz ohne Fahrer und auch ohne Mensch an Bord selbst fahren.

Experten sprechen nicht vom autonomen, sondern vom automatisierten Fahren. Denn erst die höchste Stufe (Level 5) der Automatisierung ist im Wortsinne autonom. Heutige Systeme können maximal Level 2. Tesla nennt sein teilautomatisiertes System «Autopilot», sonst ist meist die Rede vom automatisierten, assistierten oder pilotierten Fahren (z.B. «Drive Pilot», «Autobahnpilot»). Fachleute definieren in der Regel folgende Stufen:

Level 0
Nicht automatisiert: Nur der Fahrer fährt. Die Systeme warnen ihn (z.B. Warnton beim Verlassen der Spur), greifen aber nie selbst ein.

Level 1
Assistiert: Der Fahrer fährt zwar, aber Einzelsysteme (z.B. Radartempomat, Spurhalte-Lenkhilfe) unterstützen ihn dabei.

Level 2
Teilautomatisiert: Das Auto fährt in bestimmten Situationen (z.B. Autobahn bei gutem Wetter) selbst. Seit 2013. Fahrer muss System überwachen, um jederzeit übernehmen zu können.

Level 3
Bedingt automatisiert: Das Auto fährt in bestimmten Situationen (z.B. Autobahn bis zu gewissem Tempo) selbst. Der Fahrer muss das System nicht überwachen, aber nach Vorwarnung eingreifen können.

Level 4
Hoch automatisiert: Das Auto fährt komplette Teilstrecken (z.B. Autobahn) vollständig situationsunabhängig selbst, andere (z.B. Stadt) der Fahrer.

Level 5
Voll automatisiert: Das Auto kann autonom ganz ohne Fahrer und auch ohne Mensch an Bord selbst fahren.

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