Schlechte Nachrichten für Elektroautobauer: Laut einer Umfrage des Online-Vergleichsportals bonus.ch wollen 71 Prozent der Schweizer Bevölkerung aktuell kein strombetriebenes Fahrzeug kaufen. Demgegenüber stehen 22 Prozent, die den Kauf eines E-Autos planen und 7 Prozent, die bereits eines besitzen. Bei der Umfrage wurden über 2900 Schweizerinnen und Schweizer mit einer Autoversicherung befragt.
Zwar sei der Markt für Elektroautos 2022 auch in der Schweiz weiter gewachsen – 17,8 Prozent aller neu zugelassenen PW waren reine Stromer. 2021 lag der Anteil noch bei 13,2 Prozent. Doch das Vergleichsportal befürchtet gleichzeitig, dass sich das Wachstum jetzt wieder verlangsamen könnte – wie nun auch aktuelle Zulassungszahlen der Importeursvereinigung Auto-Schweiz zeigen: So übertrifft der Anteil rein elektrischer PW seit Jahresbeginn mit 18,2 Prozent kaum den Wert des gesamten Vorjahres. Schuld daran seien auch laut Auto-Schweiz Bund und Kantone. Zum einen hätte der Bundesrat beschlossen, die Steuerbefreiung für E-Fahrzeuge ab 2024 wieder abzuschaffen. Andererseits würden kantonale Subventionen beim Kauf eines Stromers immer seltener oder ebenfalls abgeschafft.
Interesse am E-Auto sinkt
Auch im Ende November 2022 veröffentlichten TCS-Barometer E-Mobilität ist ein sinkendes Interesse an Elektroautos in der Schweizer Bevölkerung auszumachen. Zwar bleibe das reine E-Auto 2022 eines der Fortbewegungsmittel, auf das die meisten Einwohnerinnen und Einwohner auch in Zukunft setzen möchten. Gleichzeitig habe es insbesondere im Vergleich zu 2021 an seiner Vormachtstellung eingebüsst – was laut den Studienautoren wohl auch auf die vergangenen Winter drohende Strommangellage zurückzuführen sein dürfte.
Während der Anteil an Personen, die sich in den nächsten Jahren ein Elektroauto zulegen möchten, laut Umfragen des GFS Bern stagniert oder teils sogar zurückgegangen ist, ist der Anteil derjenigen, die nicht bereit sind, sich in Zukunft einen Stromer zuzulegen, sogar leicht gewachsen.
Schweiz ist nicht bereit
Es steht die Frage im Raum: Ist der Elektroauto-Boom schon wieder vorbei? «Nein», sagt Krispin Romang, Geschäftsführer des Branchenverbands Swiss E-Mobility. «Die E-Mobilität ist kein Boom, der einfach irgendwann wieder zu Ende ist. Elektroautos sind Gegenwart und Zukunft und sie werden kommen – ob man will oder nicht. Die Frage ist, ob wir als Schweizer Bevölkerung bereit sind für die Elektromobilität. Und die aktuellen Umfragewerte zeigen, dass wir es eben nicht sind.»
Die Gründe für die nach wie vor grosse Skepsis gegenüber strombetriebenen Fahrzeugen seien vielschichtig, sagt Romang. Während vor zehn Jahren, also zu Beginn des E-Auto-Zeitalters, noch zu hohe Preise, zu geringe Reichweiten und zu lange Ladezeiten viele Autofahrende vom Umstieg abhielten, würden heute fehlende Lademöglichkeiten zu Hause die Leute vom Kauf abschrecken. «Mietern oder Stockwerkeigentümern fehlt häufig der Zugang zum Ladenetz. Und solange dieser fehlt, werden sich zu viele gegen ein Elektroauto entscheiden.»
Die Schweiz fällt bei der Elektrifizierung des Verkehrs weiter zurück
Volk hat ein Recht auf Laden
Auch Krispin Romang macht zu einem grossen Teil den Bund für die aktuelle Situation verantwortlich: «Im Vergleich zum Ausland tut die Schweiz extrem wenig, um die E-Mobilität zu fördern. Es wird ständig auf freiwillige Massnahmen verwiesen und auf private Akteure gesetzt, statt dass der Staat die Entwicklung aktiv mitgestaltet. Die Schweiz braucht einen regulativen Rahmen, die Bevölkerung hat ein Recht auf Laden. Andernfalls werden wir bald sehr schlecht dastehen.» Ob die Schweiz beim Thema E-Mobilität den Anschluss verliert oder nicht, darüber werden die nächsten Jahre entscheiden.