Wer beim britischen Luxus-Autobauer Bentley das heute meistverkaufte Modell stylen durfte, der hat den Gipfel erklommen. Sollte man meinen. Doch für SangYup Lee (53) war der XL-SUV Bentayga bloss eine Zwischenstation. Seit 2016 leitet der Koreaner das weltweite Design von Hyundai und krempelt es seitdem grundlegend um – beginnend mit dem Kompakt-SUV Tucson und seiner Flutlicht-Front. Ende Februar räumte er dafür den Titel des globalen «Automenschen des Jahres» 2023 ab. Das hat bei Bentley noch niemand geschafft.
Lee ist neben Chefentwickler Chung Kook Park eines der neuen Gesichter bei Hyundai. In den letzten zehn Jahren prägten Expats aus Europa den südkoreanischen Autobauer. Ex-Audi-Stylist Peter Schreyer (70), der einstige Lamborghini-Retter Luc Donckerwolke (57) oder der ehemalige BMW-Entwickler Albert Biermann (66) trimmten die Marke auf europäischen Geschmack und hiesige Fahreigenschaften. Galt Hyundai beim Schweiz-Start vor 33 Jahren noch als Billigmarke für Menschen, denen egal ist, welches Auto sie fahren, geniesst der Autobauer heute ein Innovatoren-Image.
Technikoffen statt voll elektrisch
Während sich Europas Autoindustrie mit Haut und Haaren in die Elektromobilität stürzt und geradezu ein Rennen um den schnellsten Verbrenner-Ausstieg anzettelt, bleibt Hyundai technikoffen. Bis 2030 sind elf neue Elektromodelle geplant, bis 2035 sollen auch in Brasilien oder Indien die meisten Modelle Stromer sein. Natürlich werden bis 2035 die Verbrenner in Europa auslaufen, aber damit befindet sich die Marke im Rahmen des Verbrennerverbots der Europäischen Union (EU). «Wir dürfen unsere Kunden in Zentral- und Osteuropa nicht vergessen», sagt Hyundais Europa-Chef Michael Cole (58). «Dort gibts noch keine Ladeinfrastruktur.» Hyundai werde weiterhin Verbrenner und Hybride oder Plug-in-Hybride entwickeln, «solange die Kundschaft das noch nachfragt». Dennoch, Hyundai liege vor dem Plan bei der Umstellung auf E-Antriebe. In der Schweiz ist bereits jeder fünfte verkaufte Hyundai ein Stromer. «Gut möglich, dass wir vor 2035 in Europa nur noch elektrisch fahren.»
Bei diesem Modell dürften vor allem Toningenieure gefragt sein: Hyundais Ioniq 5 N startet als Topmodell der Stromer-Baureihe Ende Jahr und soll dann mindestens so emotional wirken wie ein Verbrenner. Doch weil Elektroantriebe nur surren, statt hochtourig zu kreischen oder basslastig zu bollern, müssen Elektronik und Lautsprecher ran. Ein Soundsystem generiert je nach Tempo und Drehzahl den passenden Verbrenner-Motorensound. Und weil ein Stromer beim Beschleunigen in einem Zug durchzieht, simulieren künstliche Vibrationen das Gefühl, ein mechanisches Getriebe hoch- oder runterzuschalten. Sonst verrät Hyundai noch nicht viel zum neuen Sport-SUV – nur, dass Allrad und 800-Volt-Batterie gesetzt sind. Aber der Antrieb dürfte viel Ähnlichkeit mit dem des 585 PS starken Schwestermodells Kia EV6 GT haben.
Bei diesem Modell dürften vor allem Toningenieure gefragt sein: Hyundais Ioniq 5 N startet als Topmodell der Stromer-Baureihe Ende Jahr und soll dann mindestens so emotional wirken wie ein Verbrenner. Doch weil Elektroantriebe nur surren, statt hochtourig zu kreischen oder basslastig zu bollern, müssen Elektronik und Lautsprecher ran. Ein Soundsystem generiert je nach Tempo und Drehzahl den passenden Verbrenner-Motorensound. Und weil ein Stromer beim Beschleunigen in einem Zug durchzieht, simulieren künstliche Vibrationen das Gefühl, ein mechanisches Getriebe hoch- oder runterzuschalten. Sonst verrät Hyundai noch nicht viel zum neuen Sport-SUV – nur, dass Allrad und 800-Volt-Batterie gesetzt sind. Aber der Antrieb dürfte viel Ähnlichkeit mit dem des 585 PS starken Schwestermodells Kia EV6 GT haben.
Was ist mit synthetischen E-Fuels? Cole winkt ab. Man beobachte das Thema, es spiele aber in der Planung keine Rolle. Umso mehr aber Wasserstoff, dem er langfristig neben batterieelektrischen Fahrzeugen eine Chance einräumt. Nicht nur in Lastwagen wie im Schweizer H2-Mobility-Projekt, sondern auch für PWs. Aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie stehe derzeit aber die Lokalisierung der Produktion im Vordergrund. «Wir haben die Unterbrüche der Lieferketten wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs vielleicht besser als mancher Mitbewerber abfedern können. Aber das heisst nicht, dass wir keine Herausforderungen gehabt hätten», sagt Cole. Seit 2006 produziert Hyundai bereits im tschechischen Nošovice. Künftig sollten auch Stromer in Europa vom Band laufen, inklusive einer eigenen Batteriefertigung. Das verkürze die Lieferketten und sorge für mehr Kapazitäten, die Hyundai brauche: Ende 2022 seien die Auftragsbücher deutlich voller gewesen als Ende 2021.
Hyundai will unter die Top-3
Dennoch stimmen die Zahlen: Mit rund 520'000 verkauften Autos schaffte die Marke 2022 in Europa einen Marktanteil von 4,6 Prozent. Weltweit wurden fast vier Millionen Hyundais verkauft und der Gewinn stieg auf 5,94 Mrd. Franken. Ein Grund dafür: realere Preise in Europa. Die Jahre vor der Pandemie seien von Überkapazitäten und Rabattschlachten geprägt gewesen. «Jetzt ist der Markt gesünder», sagt Cole. Gleichzeitig hätten sich Preiserhöhungen vor allem bei den Elektro-Modellen aber nicht vermeiden lassen aufgrund massiv gestiegener Rohstoffkosten.
Bei den Modellneuheiten fährt Hyundai zweigleisig: Nach Ioniq 5 (siehe Box) und der frisch lancierten Elektrolimousine Ioniq 6 steht ein grosser SUV namens Ioniq 7 an, der als Studie Seven Concept schon gezeigt wurde. Allen gemeinsam ist die 800-Volt-Batterietechnologie für kurze Ladezeiten. Dank eines Zehn-Prozent-Investments in den kroatischen Elektro-Zulieferer Rimac hat Hyundai Zugriff auf diese Technologie. Daneben gibts normale 400-Volt-Stromer wie den im Herbst startenden neuen Kona, der auch in Verbrenner- und Hybridversionen kommen wird. Ab 2025 soll eine neue Elektro-Plattform für alle künftigen Modelle zum Einsatz kommen. Über 16,6 Mrd. Franken will Hyundai bis 2030 in die E-Mobilität investieren und mit rund 1,5 Mio. Stromern pro Jahr zur Nummer drei der E-Auto-Welt aufsteigen.
Das dürfte kaum klappen, ohne einen Herzenswunsch von Cole zu erfüllen. Er sieht den Fortbestand vor allem kleiner Modelle durch die neue Euro-7-Abgasnorm bedroht. Sie sei bis 2025 bei bestehenden Modellen kaum zu schaffen und erfordere teure Technik, die den Preisrahmen für Kleinwagen sprengen dürfte: «Ein kleiner Stromer für Europa – das wäre was.»