Mit Sony wildert eines der grössten Unterhaltungsunternehmen der Welt in der Autobranche. 2020 überraschte der japanische Weltkonzern an der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas mit einer Elektrolimousine. Damals hielten das die meisten für einen Messegag, um vor allem Konkurrent Apple zu ärgern, dessen Auto-Projekt stagniert.
Doch dieses Jahr doppelte Sony auf der CES mit einem Elektro-SUV nach, der an Porsche Macan oder Tesla Model Y erinnert. Damit bereiten die Japaner plötzlich auch den etablierten Autobauern Kopfzerbrechen. Denn Sony mag für Walkman, grosse Flachbildschirme oder die Playstation bekannt sein, hat seine Finger aber auch in der Autoindustrie. Schon heute liefern die Japaner Bildsensoren oder Multimediasysteme an verschiedene Autohersteller.
Ein Stromer von Honda und Sony
Und Sony meint es ernst mit den Autoplänen. Die Japaner sind soeben eine strategische Allianz im Bereich Mobilität mit Honda eingegangen. Was das bedeutet, analysiert Bakar Sadik Agwan, Auto-Experte bei Global Data, für Blick. «Die Zusammenarbeit wird die Fähigkeiten von Honda in den Bereichen Fahrzeugherstellung, Komponenten und Batterieproduktion/-montage mit Sonys Erfahrung in den Bereichen Bildgebung, Sensorik, Auto-Infotainment sowie vernetzte und autonome Technologie kombinieren.»
Die Partnerschaft bezieht sich nur auf Elektroautos und gerade Honda kann hier einen Boost brauchen. Mit dem Honda e, haben die Japaner erst einen, in Anbetracht von Grösse und Reichweite etwas überteuerten, Stromer im Angebot. Dafür macht er mit seinem Design, seinen Bildschirmen sowie Kameras statt Spiegeln von sich reden.
Auch Sonys Elektromodelle Vision-S 01 und Vision-S 02 können sich sehen lassen. Je ein 272 PS (200 kW) starker Elektromotor pro Achse sorgen für 544 PS (400 kW) Systemleistung. Der 2,5 Tonnen schwere SUV soll damit zumindest imaginär in rund fünf Sekunden auf Tempo 100 sprinten. Die Spitze wird bei 240 km/h abgeriegelt. Über die variable Luftfederung lässt sich die Bodenfreiheit um bis zu 15,4 Zentimeter verstellen. Zur Reichweite gibts noch keine Angaben.
Technologiepartner oder Autobauer?
Bleibt die Frage, wie sehr sich Sony selber in Szene setzen will und kann. Bei einer technischen Kooperation mit Honda dürften zentrale Bereiche des Fahrzeugs wie E-Motoren und Akkus vom Autobauer stammen. Deshalb vermutet Agwan: «Der Schritt deutet darauf hin, dass Sony seinen Markennamen auf batteriebetriebene Fahrzeuge setzen will. Doch es scheint, als wollten die Japaner nur Technologiepartner sein und nicht als Hersteller auftreten. Dafür wären Fachwissen und hohe Stückzahlen nötig, die wiederum mit hohen Ausgaben und einer begrenzten Gewinnspanne verbunden wären.»
Entsprechend legte Sony bei seinen Studien nicht nur Wert auf Design und Antrieb, sondern vor allem auf die Sicherheits- und Unterhaltungssysteme. Beide Stromer sind mit einer Sicherheitszone ausgestattet, die Fahrer und Insassen in alltäglichen Fahrsituationen unterstützt, indem es Gefahren 360 Grad rund um das Fahrzeug erkennt und die Risiken im Strassenverkehr minimiert. Möglich machen das verschiedene Kameras, 30 Hightech-Sensoren und Lidar-Technik. Sie sollen für eine bestmögliche Objekterkennung sorgen.
Sony formt den Innenraum
Auch im Innenraum sollen Sensoren mit Objekterkennung und Gestensteuerung eine neue Bedien- und Unterhaltungserfahrung ermöglichen. Dazu gehören mehrere Grossdisplays, die wie beim Honda e das Armaturenbrett bilden und mit Kamerabildern die Aussen- und Innenspiegel ersetzen. Mit einem Radstand von 3,03 Meter sind die Sony-Studien zudem sehr geräumig.
Gerade die Sensor-Technologie von Sony wäre für Honda ein grosser Schritt nach vorne. Auch die Tatsache, dass die Software bei Autos immer wichtiger wird, macht den Unterhaltungskonzern als Partner attraktiv. «Elektroautos werden wahrscheinlich weniger durch ihre Antriebe als vielmehr durch die Stärke ihrer Technologiepakete definiert werden, und hier hat Sony das Potenzial, einen grossen Einfluss auszuüben», sagt Bakar Sadik Agwan.
Das Unterhaltungs-Auto
Gut möglich, dass Sony die Partnerschaft mit Honda nur als Türöffner sieht, um in Zukunft auch bei anderen Marken Systeme für Elektroautos zu liefern. Ähnlich wie es Google mit dem Android-Betriebsystem als Infotainment mit Polestar machte und inzwischen auch Volvo und Renault bedient. Weitere Hersteller, darunter interessanterweise Honda, folgen in den nächsten Jahren.
Doch Sony hat einen Vorteil gegenüber Googles Android. Je autonomer die Autos in den nächsten Jahren werden, desto mehr wird das Interieur als Lebensraum immer wichtiger. Hier könnte sich die Expertise von Sony bei der Gestaltung von Displays sowie in Bereichen wie Telekommunikation, Vernetzung und Entertainment auszahlen. Also wer weiss, vielleicht gibts bei Honda bald eine integrierte Playstation 5 als Extra.