In der Autoindustrie herrscht dauerndes Wettrüsten: Kommt ein neues Modell auf den Markt, muss es nicht nur den Vorgänger übertreffen, sondern auch die direkten Konkurrenten. Bei der Elektromobilität übertreffen sich die Hersteller im Moment noch mit Ankündigungen und neuen Zielen. 16 neue Elektroautos bei Toyota, 35 Stromer von der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz und gar 75 Elektrofahrzeuge von den 14 Stellantis-Marken sollen bis 2030 auf den Markt kommen!
Darauf reagiert nun auch Ford – obwohl die Amerikaner ihre Ziele bis Ende des Jahrzehnts schon letztes Jahr kund getan haben. Was tun? Die Pläne beschleunigen! In einem ersten Schritt will die Ford Motor Company mit Hauptsitz in Dearborn (USA) das Elektrogeschäft vom klassischen Benzin- und Dieselangebot trennen. Während sich «Ford Blue» weiter um die Verbrenner wie den beliebten Mustang kümmert, soll «Ford Model E» flexibel wie ein Start-up die Elektromobilität vorantreiben.
Ford gibt Saft
Das sind wenigstens die globalen Ford-Pläne. In Europa wird jetzt vor allem der Elektro-Bereich Model E das Ruder übernehmen. Denn schon vor einem Jahr gab Ford Europe mit Sitz in Köln (D) bekannt, ab 2030 nur noch Elektroautos bei uns anzubieten. An diesem Ziel ändert sich nichts, nur gab Ford Europa heute bekannt, die Umsetzung noch zu beschleunigen.
Am besten zeigt sich das beim Werk in Köln, das zum Zentrum für Elektrifizierung werden soll. Ford verdoppelt die Investitionen in die Infrastruktur dort auf zwei Milliarden Dollar. Damit soll unter anderem eine zusätzliche Anlage für die Montage von Fahrzeugbatterien aufgebaut werden.
Drei neue Stromer
In den nächsten zwei Jahren sollen am Rhein zudem zwei Elektro-SUVs auf Basis des Modulen Elektro-Baukastens MEB von VW vom Band laufen. Die Plattform von VW ID.3, ID.4, ID.5 sowie Skoda Enyaq und Audi Q4 E-Tron darf Ford im Rahmen einer Allianz der beiden Konzerne nutzen. Im Gegenzug teilt sich der neue VW Amarok die Technik mit dem neuen Ford Ranger.
Wie die beiden SUV aus Köln heissen werden, ist noch nicht bekannt. Es soll einen grossen SUV à la Explorer geben sowie einen Sport-SUV. Dazu lies Ford-Europa-Chef Stuart Rowley durchblicken, dass es zwei «ikonische Modelle» sein werden – allenfalls ein Bronco? Eher nicht, weil dieser in den USA produziert wird, aber Träume sind frei.
Neu sind Fords Pläne für Köln freilich nicht. Aber dafür kündigte Rowley heute neue Pläne für das Werk in Rumänien an. Dieses soll neben Köln die zweite Säule der Elektrifizierungsstrategie von Ford in Europa werden. Entsprechend wird dort ab 2024 der elektrische Puma gebaut.
Nur noch elektrische Nutzfahrzeuge
Auch bei den Nutzfahrzeugen treibt Ford seine Elektrifizierungsstrategie voran. Ab 2024 will Ford neben dem soeben startenden E-Transit vier weitere Stromer im Angebot haben; Transit Courier und Tourneo Courier, sowie Transit Custom und Tourneo Custom.
Damit wird Ford in Europa bis 2024 sieben neue Elektro-Fahrzeuge lancieren. Zusammen mit dem Ford Mustang Mach-E und dem E-Transit hätte Ford in zwei Jahren dann neun Stromer im Angebot, davon fünf Nutzfahrzeuge. Während bei den Personenautos bis 2030 die gesamte Flotte in Europa rein elektrisch unterwegs sein soll, haben die Nutzfahrzeuge fünf Jahre mehr Zeit. «Ab 2035 wollen wir dann auch nur noch elektrische Nutzfahrzeuge anbieten», so Rowley.
Fords Gigafactory in Ankara
Die Batterien für die künftigen elektrischen Nutzfahrzeuge von Ford kommen aus der Türkei. Bei Ankara wollen die Amerikaner eine Gigafactory mit einer jährlichen Akkuproduktion von 35 bis 45 Gigawattstunden aufbauen. Dafür geht Ford eine Partnerschaft mit den Firmen SK On Co. (Südkorea) und Koç Holding (Türkei) ein.
Gleichzeitig sollen nicht nur die Fahrzeuge emissionsfrei werden, sondern auch die Produktion. Ford verfolgt das Ziel der CO₂-Neutralität für alle in Europa produzierten und verkauften Fahrzeuge bis 2035. Das betrifft alle Produktionsstandorte, die Logistik sowie die wichtigsten Zulieferer.
Weiter plant Ford auch neue Konnektivitäts-Dienste. «Wir wollen ein neues Gefühl schaffen, was es bedeutet, einen Ford zu besitzen und zu fahren», erklärt Rowley – bleibt aber weitere Details schuldig. Zu möglichen Importen des elektrischen Bronco oder des F-150 Lightning äussert sich Fords Europa-Chef nicht. Auch die Zukunft der aktuellen Modelle wie Fiesta und Focus bleibt vorerst offen.