Er will es besser machen. Die Zahl der Elektro-Start-ups, die den etablierten Marken mit E-Autos die Kunden abjagen wollten, ist Legion – von Faraday Future über Byton bis hin zu Sono Motors. Doch der Däne Henrik Fisker (60) lässt sich davon nicht ins Bockshorn jagen: «Wir haben einen Plan», sagt der gelernte Designer, aus dessen Feder Autos wie BMWs «James-Bond-Roadster» Z8 oder der riesige-Plug-in-Hybridsportler Karma stammen. Erster Schritt im Plan seines Start-ups ist der Fisker Ocean, ein 4,77 Meter langer E-Crossover, der im Revier von Tesla Model Y oder Polestar 2 räubern soll. Die Finanzierung steht und man liefere bereits Autos aus, sagt Fisker. Und bei einem Auto solls nicht bleiben: Gerade hat Fisker seine nächsten Pläne und dabei drei weitere Modelle enthüllt.
Neben dem E-Antrieb setzt die Marke vor allem auf Recycling und will bis 2027 ein komplett CO₂-neutrales Modell auf den Markt bringen. Immerhin 50 Kilogramm des Fisker Ocean bestehen schon aus wiedergewonnenen Materialien, die Sitzbezüge sind vegan und mit besonders wenigen Nähten verarbeitet. «Wir setzen auf Reduktion, wo immer das möglich ist», sagt Interieur-Designerin Nadya Arnaout. Mehr als 70 Prozent der Zulieferer sind weniger als 1000 Kilometer entfernt von der Produktion im Magna-Steyr-Werk im österreichischen Graz, wo zum Beispiel auch BMWs Z4 vom Band läuft. Das passt, findet Fisker: «70 Prozent unserer Kundschaft kommt von Premium-Marken.»
Sonne liefert Reichweite
Fisker lässt nichts ungenutzt: So wird im Ocean sogar ein aufwändiges Solardach eingebaut, das in sonnenreichen Gegenden wie Kalifornien immerhin 2400 Kilometer zusätzliche Reichweite bringen soll. Dabei liegt der Fisker schon ohne bei 707 Kilometern theroretischer Reichweite ganz vorne in der Liga der E-Crossover. Von der Batteriekapazität von 113 Kilowattstunden (kWh) sind 106 nutzbar; zudem legte Henrik Fisker Wert auf optimale Aerodynamik. Den Wert mag er allerdings nicht verraten; ebenso wenig den WLTP-Verbrauch seines Ocean.
Aber auf der Testrunde mit der Topversion Ocean Extreme können wir einen Alltagswert ermitteln. Die zwei E-Motoren leisten 564 PS (415 kW) und treiben alle vier Räder an. Damit erreicht der Ocean nach 3,9 Sekunden aus dem Stand die 100-km/h-Marke und ist bis zu 205 km/h schnell. Weil ein Fisker alles, aber nicht normal sein soll, heisst nicht einmal ein Fahrmodus so – stattdessen gibts Earth (Eco), Fun (Normal) und Hyper (Sport); im nächsten Jahr soll noch ein Schnee-Programm folgen. Unsere Lieblingseinstellung wird aber über einen Knopf im Dachhimmel aktiviert: der California-Mode. Dann versenkt der Fisker Ocean sämtliche Scheiben, mit Ausnahme der Frontscheibe, und fährt das Dach zurück.
Antrieb Elektromotoren, 564 PS (415 kW), 737 Nm, 1-Gang-Automatik, Allradantrieb, Akku 113 kWh (106 kWh netto)
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h 3,9 s, Spitze 205 km/h (elektronisch abgeriegelt), Reichweite Norm (WLTP) 707 km
Masse L/B/H 4,77/1,98/1,65 m, Leergewicht 2434 kg, Kofferraum 476 l
Umwelt Verbrauch Werk k.A.
Preis ab 41'560 Euro
Antrieb Elektromotoren, 564 PS (415 kW), 737 Nm, 1-Gang-Automatik, Allradantrieb, Akku 113 kWh (106 kWh netto)
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h 3,9 s, Spitze 205 km/h (elektronisch abgeriegelt), Reichweite Norm (WLTP) 707 km
Masse L/B/H 4,77/1,98/1,65 m, Leergewicht 2434 kg, Kofferraum 476 l
Umwelt Verbrauch Werk k.A.
Preis ab 41'560 Euro
Der Charme steckt in den Details
Der Fisker Ocean ist komfortabel abgestimmt, ohne nervig zu wippen, neigt sich mit seinen 2434 Kilogramm aber in schnellen Kurven. Leider deutlich spürbar greift er selbsttätig in die Lenkung, wenn man der Mittellinie zu nahe kommt. Die Lenkradsäule könnte länger sein und auch beim Seitenhalt gibts Optimierungspotential. Zur Verbrauchssenkung wird beim Dahinrollen der Heckmotor nicht verwendet – dennoch hatten wir nach 334 Kilometern – zugegeben flotter Fahrt – nur noch 30 Prozent Rest in der Batterie. Beim Start waren es 97 Prozent. Sehr grob gerechnet ergibt das einen Praxis-Verbrauch von rund 22 kWh/100 km – nicht schlecht für diese Leistungsklasse. Dank maximal 200 Kilowatt (kW) Ladeleistung lässt sich der Akku innert 34 Minuten wieder von 10 auf 80 Prozent füllen.
Aber den wirklichen Charme des Ocean machen die Details aus. Nur im Stand kann der Fahrer ein Taco-Tray getauftes Tablett wie im Flieger aus der Armlehne falten – für den Fast-Food-Burger. Das klassische Handschuhfach entfällt; stattdessen klappt von dort ein Tisch für den Beifahrer hoch. Stauraum gibts dafür unterhalb des Sitzes in einer Schublade. Pfiffig sind auch die faltbaren Sonnenblenden, die je nach Lichteinfall justierbar sind. Beim Picknick im Grünen speist die Batterie auch den Elektro-Grill und leer liegengebliebene andere Stromer kann der Ocean ebenfalls per Kabel versorgen und wieder zum Leben erwecken.
Software ist der Schlüssel
Letztere Funktion will Henrik Fisker erst 2024 freischalten – per drahtlosem Update sollen alle Fisker-Modelle künftig ständig auf aktuellem Technik-Stand gehalten werden. Aktuell beherrscht das Infotainment noch kein Apple CarPlay. «Aber wenn die Kunden es wünschen, setzen wir das um», macht Fisker klar. Die Software haben Spezialisten seines Start-ups selbst geschrieben – ein Thema, bei dem selbst Grosskonzerne derzeit Schwächen zeigen. Fast alle Programmierer stammen nicht aus der Autoindustrie: Infotainment-Boss Joe Thompson entwickelte Nachtsichtgeräte für die US-Army und Microsofts Holo Lens, eine Augmented-Reality-Brille. Das bringt unkonventionelle Lösungen wie die vertikal angeordneten Kurzbefehle auf dem zentralen, drehbaren 17,1-Zoll-Touchscreen. «Wir hätten das schöner machen können, aber so ist es praktischer», erklärt Thompson.
In der Schweiz soll der Ocean voraussichtlich ab November starten, Preise sind aber noch keine bekannt. Immerhin gibts schon welche für Deutschland: Dort startet die Basisversion mit 275 PS (202 kW), Vorderradantrieb und 440 km Kilometern Reichweite ab 41'560 Euro; als Version Extreme werden es dann aber mindestens 69'950 Euro.