Der US-Elektro-Pionier Tesla steht vor einem Skandal. Die amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) verdächtigt den E-Autobauer der Vertuschung. Dabei geht es um die als Autopilot bezeichneten Assistenzsysteme. Diese sollen sich kurz vor einem Unfall abschalten.
Der Verdacht kam im Rahmen einer laufenden Untersuchung auf. Die NHTSA ermittelt seit August 2021 in Fällen, in denen Teslas am Strassenrand geparkte Autos rammten. Dabei handelte es sich meistens um Einsatzfahrzeuge von Polizei, Sanität oder Feuerwehr – der Autopilot war jeweils aktiviert. Von dieser Untersuchung sind aktuell 830'000 Fahrzeuge aller aktuellen Baureihen (Model S, Model X, Model 3, Model Y) aus den Jahren 2014 bis 2022 betroffen.
Autopilot schaltet sich ab
Die US-Behörde entdeckte dabei allenfalls eine illegale Abschaltvorrichtung. Der Autopilot habe sich in 16 Fällen weniger als eine Sekunde vor dem jeweiligen Crash deaktiviert, teilte die NHTSA mit. Ihr Verdacht: Der Autopilot schaltet absichtlich ab. Doch wofür diese vermeintliche Vertuschung? Die Polizei oder andere Untersuchungsbehörden sollten womöglich den Eindruck bekommen, dass sich der Unfall ohne aktivierten Autopiloten ereignet habe. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, wäre das ein waschechter Skandal! Wie ernst US-Behörden illegale Abschaltvorrichtungen und versuchte Täuschungen nehmen, hat der VW-Abgasskandal gezeigt.
Teslas fahren nicht selbst
Ob Vertuschung oder nicht, die Abschaltung ist fatal: Bei weniger als einer Sekunde vor dem Unfall haben Fahrer keine Chance, die Kontrolle über das Auto rechtzeitig wieder zu übernehmen. Wobei sie diese sowieso jederzeit haben sollten. Denn beim Autopiloten handelt es sich keinesfalls um ein autonom fahrendes System: Es ist Teslas Bezeichnung für die gängigen Assistenzsysteme Radartempomat, aktiver Spurhalter und Notbremsung. Das entspricht Level 2 des autonomen Fahrens (siehe Box). Die Systeme sollen den Fahrer unterstützen, übernehmen aber nicht das Fahren an sich.
Beim automatisierten Fahren unterscheidet man fünf Level:
Level 1 bezeichnet Fahren mit Assistenzsystemen wie Spurhalter oder adaptiver Tempomat. Diese Technik wird heute schon in vielen Kleinwagen angeboten.
Auf Level 2 agieren diese Systeme in eng definierten Situationen teilautomatisiert – im Stau bremst der adaptive Tempomat zum Beispiel zum Stillstand und fährt automatisch an, wenns vorne weitergeht. Auf diesem Stand sind heute schon viele Fahrzeuge.
Auf Level 3 steuert sich das Auto zeitweilig selbst, hält zum Beispiel Tempo und Spur auf der Autobahn. Wichtig bis zu diesem Level: Der Fahrer muss die Hände am Steuer haben und jederzeit eingreifen können.
Auf Level 4 fährt das Auto selbst, kann aber den Fahrer je nach Situation auffordern, wieder das Steuer zu übernehmen.
Erst auf Level 5 agiert das Auto vollautomatisiert – die Passagiere haben mangels Lenkrad und Pedalen keine Eingriffsmöglichkeiten.
Beim automatisierten Fahren unterscheidet man fünf Level:
Level 1 bezeichnet Fahren mit Assistenzsystemen wie Spurhalter oder adaptiver Tempomat. Diese Technik wird heute schon in vielen Kleinwagen angeboten.
Auf Level 2 agieren diese Systeme in eng definierten Situationen teilautomatisiert – im Stau bremst der adaptive Tempomat zum Beispiel zum Stillstand und fährt automatisch an, wenns vorne weitergeht. Auf diesem Stand sind heute schon viele Fahrzeuge.
Auf Level 3 steuert sich das Auto zeitweilig selbst, hält zum Beispiel Tempo und Spur auf der Autobahn. Wichtig bis zu diesem Level: Der Fahrer muss die Hände am Steuer haben und jederzeit eingreifen können.
Auf Level 4 fährt das Auto selbst, kann aber den Fahrer je nach Situation auffordern, wieder das Steuer zu übernehmen.
Erst auf Level 5 agiert das Auto vollautomatisiert – die Passagiere haben mangels Lenkrad und Pedalen keine Eingriffsmöglichkeiten.
Der irreführende Name «Autopilot» steht bei Branchenexperten schon länger in der Kritik: Viele Besitzerinnen hätten das Gefühl, sie könnten sich bei aktiviertem System einfach zurücklehnen – das ist aber nicht nur in Europa, sondern auch in den USA verboten. Tesla warnt die Fahrer zwar seit längerem nicht nur via Handbuch, sondern auch mit einer Meldung auf dem Display – am Verhalten hat sich anscheinend aber nicht viel geändert. Und auch nicht am Namen: Es gibt den Autopiloten weiterhin als «Basic» in der Serienausstattung und als optionalen «Enhanced» (3700 Franken). Immerhin, die Kombination aus beiden nennt Tesla inzwischen «Volles Potenzial autonomes Fahren» (7300 Franken).
Phantombremsungen und Selbstunfälle
Und als wäre der Vertuschungsverdacht nicht schlimm genug, häufen sich bei der US-Behörde auch Reklamationen wegen willkürlicher Bremsmanöver. Diese sogenannten Phantombremsungen finden aus voller Fahrt auf freier Strecke und ohne erkennbare Hindernisse statt. Sie sind deshalb extrem gefährlich, weil sie auch für die Fahrerinnen nachfolgender Fahrzeuge völlig überraschend kommen.
354 Tesla-Fahrer haben sich innerhalb von neun Monaten über dieses Phänomen beschwert. Allerdings haben Fahrerinnen anderer Marken ähnliche Probleme gemeldet. Deshalb hat die NHTSA weitere Hersteller aufgefordert, Informationen zu ihrer Assistenztechnik zu liefern.
Auch das Herbeirufen des Fahrzeugs soll immer wieder für Problem sorgen. Beim «Smart Summon» können Besitzerinnen und Besitzer ihren Tesla per Smartphone über kurze Distanzen zu sich rufen, sofern Sichtkontakt besteht. Doch obwohl die verschiedenen Modelle dabei nur sehr langsam fahren, kommen sie immer wieder von der Fahrbahn ab und rammen Hindernisse.
Resultate und Konsequenzen offen
Bisher hat sich Tesla noch nicht zu den Vertuschungsvorwürfen geäussert. Der E-Autobauer hat bis kommende Woche Zeit, sich gegenüber der NHTSA zu rechtfertigen. Wann mit den Ermittlungsergebnissen zu rechnen ist, lässt sich nicht abschätzen. Bisher waren die Ermittlungen der US-Behörde eher langwierig. Und bis zum Abschluss der Untersuchung gilt für Tesla die Unschuldsvermutung.