Bei der Entwicklung neuer Reifen
Künstliche Intelligenz wird wichtiger als Gummi

Leistungsstarke und schwere Elektroautos stellen auch die Reifenindustrie vor neue Herausforderungen. Mithilfe digitaler Entwicklung und künstlicher Intelligenz will die Pneuindustrie ihre Produkte auf Höchstleistung trimmen.
Publiziert: 15.09.2024 um 13:20 Uhr
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Damit sich Reifenproduzenten wie Pirelli in der ersten Liga halten können, wird eine moderne und möglichst effiziente Entwicklung immer bedeutender.
Foto: ZVG.

Auf einen Blick

  • Pirelli investiert in Digitalisierung und künstliche Intelligenz
  • Zusammenarbeit mit Autoherstellern wie Porsche und BMW
  • Elect-Technologie erhöht E-Auto-Reichweite um bis zu 50 Kilometer
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Stefan Grundhoff

Der Druck auf die Zulieferer ist beim aktuellen Wandel in der Autobranche zurzeit kaum kleiner als auf die Autohersteller selbst. Damit sich beispielsweise Reifenproduzenten wie Bridgestone oder Pirelli in der ersten Liga halten und die Ansprüche ihrer höchst unterschiedlichen Kunden erfüllen können, wird eine moderne und möglichst effiziente Entwicklung immer bedeutender.

Dazu investiert zum Beispiel Pirelli massiv in Bereiche wie Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI). Aktuell rund 5,5 Prozent der Einnahmen aus dem Reifenverkauf steckt der norditalienische Hersteller in die Bereiche Forschung und Entwicklung – einen Grossteil in den Bereich Digitalisierung.

«Elektroautos unterscheiden sich mit ihrem Mehrgewicht und dem grösseren Drehmoment stark von herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Dies erfordert auch andere Reifenmischungen», erklärt Piero Misani, Chief Technical Officer bei Pirelli. Auch beim Laufgeräusch, das bei leisen E-Antrieben viel stärker in Erscheinung tritt. «Moderne Entwicklungswerkzeuge wie Virtualisierung und der Einsatz von KI ermöglichen es uns, Produkte zu schaffen, die den technischen und leistungsbezogenen Anforderungen von Elektrofahrzeugen immer besser entsprechen.»

Wichtig: Bei der Entwicklung eines neuen Automodells sitzt ein Reifenhersteller wie Pirelli vom Start weg mit im Boot und arbeitet eng mit den Autoentwicklern zusammen. «Beim Porsche Taycan waren wir voll in die Entwicklung eingebunden und führten die neue sogenannte Elect-Technologie ein», sagt Misani. «Zu Beginn entwickelten wir mit Simulationen vor allem virtuell am Computer, bevor es mit den ersten Reifenprototypen ins Labor und danach auf die Strasse ging», erklärt er: «Für diese Reifen der ersten Generation P Zero galten für den rein elektrischen Taycan andere Erfordernisse als beispielsweise für den Porsche Panamera mit Verbrennermotor.» Danach wurde die erfolgreich validierte Technik von Pirelli auch in andere Produktfamilien integriert.

50 Kilometer mehr Reichweite

Dank ihres äusserst geringen Rollwiderstands erzielen Reifen mit Elect-Technologie bei E-Autos eine zusätzliche Reichweite von bis zu 50 Kilometern. Darüber hinaus bieten sie dank innovativer Mischungen mehr Grip für das hohe Drehmoment der Elektromotoren und verstärkte Strukturen gegen das höhere Gewicht der E-Autos. Beides zusammen reduziert den Reifenverschleiss um bis zu 20 Prozent.

Doch für eine effiziente Entwicklung sind nicht allein Fahrleistungen, das Verhalten beim Bremsen, bei Nässe und in schnell gefahrenen Kurven ausschlaggebend. Viele Autohersteller machen den Reifenproduzenten auch klare Vorgaben in Sachen Nachhaltigkeit und CO₂-Abdruck. Besonders eng arbeitet Pirelli bei diesem Thema mit BMW zusammen. Für die Münchner wurden jüngst mithilfe von KI und maximaler Digitalisierung Öko-Reifen entwickelt, die seit diesem Sommer für den 7er-BMW verfügbar sind. Und im Herbst wird der neue BMW X3 das zweite Modell sein, das mit auf Nachhaltigkeit optimierten Pirelli-Gummis ausgestattet wird.

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