Luc Donckerwolke (58) hat die Autowelt gesehen. Vom Sparmobil bis zum Supersportwagen, vom Budget-Kleinwagen bis zur Luxuslimousine – in jedem Segment sorgten seine Entwürfe für Furore. Und im Falle von Lamborghini lieferte sein Keil-Design die Basis für den Höhenflug der einst oft darbenden Marke aus Italien. Seit acht Jahren wirkt er nun im Hyundai-Konzern.
Als Sie vom VW-Konzern zu Hyundai wechselten – was war der grösste Unterschied in der täglichen Arbeit?
Luc Donckerwolke: Ich kannte die Marke Hyundai und ihre aktuellen Modelle natürlich seit langem, doch ich wusste nicht viel über ihre Historie und musste mich erst einmal mit allem vertraut machen. Jedoch fiel mir direkt auf, dass man sehr viel schneller war, als ich es bisher von meinen Tätigkeiten kannte. Deshalb hatte Hyundai auch 85 verschiedene Modelle. Nicht alle für denselben Markt – aber die schiere Menge war für mich doch beeindruckend.
Im Jahr 1965 in Peru geboren, war der Belgier nach einem kurzen Abstecher zu Peugeot Anfang der 1990er über ein Jahrzehnt für verschiedenste Marken des Volkswagenkonzerns tätig. Er gab unter anderem Modellen von Audi, Bentley, Skoda und Lamborghini ein Gesicht. Seit Ende 2015 arbeitet Donckerwolke für den koreanischen Konzern Hyundai und koordiniert mittlerweile als Präsident und Chief Creative Officer der Hyundai Motor Group die Designprozesse von Marken und Modellen. Donckerwolke gilt als leidenschaftlicher Autosammler und spricht nicht zuletzt wegen seines multikulturellen Hintergrunds acht Sprachen.
Im Jahr 1965 in Peru geboren, war der Belgier nach einem kurzen Abstecher zu Peugeot Anfang der 1990er über ein Jahrzehnt für verschiedenste Marken des Volkswagenkonzerns tätig. Er gab unter anderem Modellen von Audi, Bentley, Skoda und Lamborghini ein Gesicht. Seit Ende 2015 arbeitet Donckerwolke für den koreanischen Konzern Hyundai und koordiniert mittlerweile als Präsident und Chief Creative Officer der Hyundai Motor Group die Designprozesse von Marken und Modellen. Donckerwolke gilt als leidenschaftlicher Autosammler und spricht nicht zuletzt wegen seines multikulturellen Hintergrunds acht Sprachen.
Bringt eine solche Vielzahl für einen Designer mehr Probleme oder viele Möglichkeiten?
Beides – aber es ist nicht möglich, ein einheitliches Markengesicht für die Fahrzeuge zu schaffen. Ein einheitliches Familiendesign geht so einfach nicht mehr. Wir haben uns entschieden, kleine Familien mit einem eigenen Charakter zu kreieren. Das ermöglicht auch den kurzen Lebenszyklus, den wir bei Hyundai haben. Am Anfang war ich frustriert, dass man nach dem Designfreeze (dem definitiven Festlegen des Designs) nicht noch ein paar Monate an Details der Fahrzeuge arbeiten konnte. Doch hier sagte man mir: ‹Mach’s doch einfach beim nächsten Modell›, was nicht immer leicht ist für einen Designer.
Wieso ist der Lebenszyklus bei Hyundai kürzer als bei vielen Wettbewerbern?
In Korea, aber auch in den USA will der Kunde immer wieder etwas Neues. Das ist in Europa oder bei einer Premiummarke anders und darauf müssen wir uns einstellen. Bei den Volumenmarken Hyundai und Kia können wir auf vielen Fahrzeugen nicht das gleiche Design übertragen, weil so schnell neue Modelle kommen, dass die Designsprachen zeitlich überlappen würden. Unsere Modellpflegen kommen so früh, dass wir noch gar keine Rückmeldung von den Kunden haben. Bei Genesis arbeiten wir wieder anders, weil das Design länger halten soll.
Hat Hyundai schon eine Markenhistorie wie die europäischen oder US-Mitbewerber?
Daran arbeiten wir gerade. Nehmen Sie den Hyundai Pony, der vor 50 Jahren von Giorgetto Giugiaro (84) kreiert wurde. Der Pony war der Anfang der Automobilkultur in Korea. Hyundai muss sich der eigenen Historie mehr bewusst sein, denn man kann auf sie sehr stolz sein. Doch die Historie spielt in Korea nicht die gleiche Rolle wie in anderen Regionen der Welt. Hier fährt kaum jemand einen Oldtimer oder trägt eine patinierte Vintage-Lederjacke – das kommt erst langsam auf.
Die Autoindustrie ist im Umbruch – nicht nur durch die Elektromobilität. Sie muss schneller und deutlich effizienter werden. Wie wirkt sich das auf das Design aus?
Wir sind bei Hyundai schneller, als ich es je erlebt habe. Die schnelle Arbeit und Prozesse haben nicht nur betriebswirtschaftliche Vorteile, sondern sind auch gut für das Design. Es wird im Laufe des Prozesses nicht verwässert und der Kern bleibt erhalten. Was bei uns abgesegnet wird, ist endgültig. So bleibt man deutlich näher an der Ursprungsidee fürs Design.
Verändert das die Arbeitsprozesse?
Um schnell zu sein, muss man digital arbeiten. Wir haben dies erstmals komplett beim Tucson gemacht und waren letztlich sechs Monate schneller fertig, als wir es geplant hatten. Die digitale Arbeit gibt uns deutlich mehr Zeit für die wichtigen Details. Der Tucson wirkt beispielsweise sehr männlich und aggressiv – sehr nah an unserem Ursprungsdesign, das übrigens von einer Frau stammt. Aber das perfekte Fahrzeug wäre langweilig. Man muss sich an etwas stören können. Das ist wichtiger denn je.