Oldtimer in Obwalden 2022
Ein Volksfest unter Strom

An Pfingsten fand in Sarnen OW und Beromünster LU nach zwei Jahren Corona-Pause wieder das Volksfest unter den Oldie-Events statt. Wir besuchten Oldtimer in Obwalden (O-iO) – wo heuer sogar Elektroautos aus der Vergangenheit und Gegenwart mitsummten.
Publiziert: 12.06.2022 um 04:41 Uhr
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Freiluftmuseum: An Pfingsten fand der Klassik-Event Oldtimer in Obwalden (OiO) in Sarnen OW (Bild) und Beromünster LU statt ...
Foto: Thomas Meier
Timothy Pfannkuchen

Bratwurst – nichts bringt den Charakter von Oldtimer in Obwalden (O-iO) so auf den Punkt. Nicht dass es dort nur Bratwurst gäbe. Aber der O-iO will anders als viele Oldie-Events bewusst kein Chateaubriand, sondern die währschafte Bratwurst sein. Mit Oldies, aber für alle, Eintritt frei – und selbst mit Cüpli in der Hand Volksfest-Ambiente.

«Man sieht hier mehr Kinderwagen als Oldtimer», freut sich O-iO-Gründer Ruedi Müller (74), als er seinen Blick über die Altstadt von Sarnen OW, die vielen freiwilligen Helfer, fast 600 Veteranen und tausende Besucher schweifen lässt, die am Pfingstsamstag in den Obwaldner Hauptort (sonntags geht es weiter nach Beromüster LU) geströmt sind.

Anekdoten und das Du

Hier und da tragen Veteranen-Besatzungen zeitgenössische Kleidung, überall hört man ein «Weisst du noch?». Fingerknöchel prüfen die Blechstärke, Kinder posieren am pinkfarbenen Cadillac. Anekdötchen machen die Runde, Benzingespräche und Smalltalk zu Panaché, Musik und – richtig – auch mal Bratwurst. Einträchtig steht der unbezahlbare Lamborghini Miura neben dem unzerstörbaren Ford Transit, je gleich als ganze Gruppe sind junge Saabs und alte Feuerwehren dabei. Man duzt sich. Ein Opel Rekord P2 zieht einen ebenfalls pastellgrünen Caravan. Manch rares Detail wird vorgezeigt wie ein Tapferkeitsorden für das rostigste Hobby der Welt.

Heuer mischt sich ein ungewohntes Geräusch in das Knattern der Motoren: Stille – so still, dass die Hupe oder Stimme ranmuss, damit die Leute Platz machen. Neben einem Dampf- und einem Holzvergaser-Oldie sind Klassiker aus jener Zeit dabei, als von den 1880er- bis zu den 1920er-Jahren noch offen war, ob Sprit oder Strom die Zukunft gehört. Mehr noch: 16 nagelneue E-Autos – vom kleinen Renault Zoe bis zum Luxusstromer Mercedes EQS – sind gar für Probefahrten zwischen den Oldies dabei.

Elektro von anno dazumal

«Nach zwei Jahren Pause wegen Corona musste ich mir überlegen, wie man den Relaunch gestaltet», begründet Müller diesen Wandel des 2000 gegründeten O-iO. «Wir hatten immer Oldtimer mit Alternativantrieb dabei. Jetzt war es an der Zeit, auch in die Zukunft zu blicken. Tradition braucht Diskurs mit der Gegenwart, um Bestand zu haben.» Und letztlich sind die künftig sicher dominierenden Elektroautos halt einfach nur Autos. Die also eines Tages dann ebenfalls zu Oldtimern reifen werden.

Wie der 1918er Tribelhorn, ein in Feldbach ZH gebauter Strom-Lastwagen. Oder wie gleich zwei 1918er Detroit Electric am O-iO. «Viele fragen, warum ich den Oldtimer auf Elektro umgebaut habe», sagt Urs Jäger (63) schmunzelnd, «und staunen dann, dass er original ist.» Jäger fuhr einst das erste Tesla Model S in der Schweiz und begann nach Sprit-Oldies die Strom-Veteranen zu sammeln. Warum? «Sie fahren sich so schön. Da wird man wieder jung!», begründet Jäger lachend. Wie viele Ladestopps hat das 104-jährige US-Strommobil wohl von Seon AG bis Sarnen gebraucht? «Ich komme über 100 Kilometer weit», sagt Jäger, «also keine!» Elektro hatte schon damals Zukunft.

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