Knapp 20 ETH-Studierende gründen vor gut einem Jahr das Team Alpha Centauri. Ihr Ziel: ein Solarmobil konstruieren und vom 22. bis 29. Oktober 2023 zur World Solar Challenge antreten. Ein Rennen über 3000 Kilometer quer durch die australische Wüste von Darwin nach Adelaide. Zum ersten Mal stellt sich ein Team der ETH dieser Herausforderung. Obwohl man als Newcomer keine allzu grossen Erwartungen schüren will – «To finish first, you first have to finish» heisst das Motto – hegen die Studierenden nach erfolgreichen Tests insgeheim schon einige Ambitionen. «Ein Platz in den Top Ten sollte möglich sein», sagt uns Teamsprecher Suno Diekmann vor dem Start. Insgeheim träumt er gar von einem Platz auf dem Podest.
Doch bald nach dem Start in Darwin müssen die ETH-Studierenden erkennen, dass Tests und Rennen nicht dasselbe sind. Und dass die Konkurrenz nicht zuletzt von der Erfahrung und Routine früherer Teilnahmen profitiert. So berichtet Diekmann am zweiten Tag: «Schon in der ersten Nacht führten wir Anpassungs- und Reparaturarbeiten durch, die zu einer Effizienzsteigerung von fast 40 Prozent führten.»
Wetter spielt zu Beginn nicht mit
Nach etwas mehr als der Hälfte der 3000 zu fahrenden Kilometern lobt der Teamsprecher bei der Ankunft in Südaustralien seine Mannschaft: «Die Leistung unseres Teams ist berauschend. Unsere Abläufe werden immer besser. Ein Fahrerwechsel dauert inzwischen nur noch 1:38 Minuten – und jede Nacht arbeitet unser Reparaturteam durch, um das Fahrzeug weiter zu optimieren.» Dennoch ist das ETH-Team beunruhigt: Während der ersten drei Renntage bei bedecktem Himmel und Seiten- oder Gegenwind und oft leicht ansteigender Strecke wird praktisch nur Energie verbraucht. «Das Niveau unserer Batterie sank zwischenzeitlich bis auf 23 Prozent. Und es gab Momente, da befürchteten wir, längere Pausen einlegen zu müssen», so Diekmann.
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Doch am vierten Renntag lacht endlich die Sonne vom Himmel. «Zum ersten Mal ist es uns heute gelungen, den Tag mit einem positiven Batteriestand zu beenden», freut sich Diekmann am Abend. «Wir haben während des ganzen Tages 20 Prozent aufgeladen.» Dennoch bleibt die Stimmung im Schweizer Team angespannt. Denn bislang ist das Solar-Rennfahrzeug Aletsch «nur» mit einem Stundenmittel von 63 km/h unterwegs – deutlich langsamer als die erhofften knapp 80 km/h. Das Team weiss: Will es die verbleibenden 1047 Kilometer bis Adelaide rechtzeitig vor Kontrollschluss erreichen, muss ein Durchschnittstempo von 68 km/h gefahren werden. «Wir optimieren weiter und werden schneller fahren», verspricht Diekmann.
Zittern bis zum Schluss
Und tatsächlich: Dank positiv gesinnten Wettergotts – es gibt viel Sonne und meist Rückenwind – fährt das Schweizer Solar-Rennmobil am letzten Tag trotz vieler Baustellen und Rushhour in Adelaide, 20 Minuten vor Kontrollschluss, als 12. Team von 23 klassierten und 28 gestarteten Mannschaften über die Ziellinie. «Da wir die letzten beiden Tage endlich Geschwindigkeiten von 80 km/h fahren konnten, haben wir das Ziel in Adelaide rechtzeitig erreicht und die 3000 Kilometer geschafft», verkündet ein überglücklicher und zufriedener Teamsprecher.
Das Durchschnittstempo lag allerdings «nur» bei 61,4 km/h – insgeheim hoffte man vor dem Start auf ein Stundenmittel von knapp 80 km/h. Dass dies nicht unrealistisch ist, beweisen die Sieger. Wie schon bei der letzten Austragung vor vier Jahren gewinnt auch 2023 wieder ein Studententeam aus Belgien. Sie fahren auf der gut 3000 Kilometer langen Strecke mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 88,2 km/h – also 1,6 km/h schneller als das Siegerteam 2019.
«Natürlich wäre es schön gewesen, weiter vorne platziert zu sein», geben die Studierenden zu. «Doch wir haben im Rennen jede Stunde dazugelernt», so Diekmann. «Bei den Tests ging noch alle 20 Kilometer irgendetwas kaputt, und die Reparaturen dauerten oft einige Stunden oder Tage. Jetzt beim Rennen hatten wir nur zwei kleine Probleme, die wir innerhalb von rund 30 Minuten lösen konnten.» Erste Erkenntnis kurz nach Rennschluss: Aletsch konnte das erhoffte Stundenmittel von 80 km/h über längere Zeit nur auf ebener Strecke, bei vollem Sonnenschein und ohne Gegen- oder Seitenwind halten. «Das müssen wir für eine nächste Teilnahme optimieren», weiss Diekmann. Dieser 12. Rang sei für Alpha Centauri erst der Anfang der Geschichte. «In zwei Jahren bei der nächsten Solar World Challenge machen wir dann Jagd auf die Spitze», verspricht der Teamsprecher.