Nach dem Schicksal von vier Fiat-Marken blicken wir in alphabetischer Folge auf elf ehemalige und heutige Marken des deutschen Autoriesen Daimler, sprich Mercedes – und staunen, was alles dazugehört(e).
1. American LaFrance
Ein 1873 gegründeter US-Feuerwehrfahrzeug-Traditionshersteller gehört dem Stern aus Stuttgart (D)? Gehörte! Genau wie die dann zu Sterling umbenannte US-LKW-Sparte von Ford wurde American LaFrance von Daimler gekauft – und fiel wie Sterling später der Sanierung des US-Lastergeschäfts zum Opfer. Ein Investor griff 2005 zu, aber ohne Daimler im Rücken war es 2008 dann aus.
2. AMG
Lange war AMG der inoffizielle offizielle Tuner von Mercedes und baute Ikonen wie den Rennwagen «Rote Sau» (Bild). Während Mercedes anderen Tunern verbot, Autos mit Stern auf der Haube auszuliefern, waren AMG (und Brabus, später offizieller Smart-Tuner) so renommiert, dass sie durften. Was lag näher, als die 1967 gegründeten drei Power-Buchstaben zur Sportmarke zu machen? Seit 1998 ist die Tochter – heute Mercedes-AMG – das Mercedes-Sportlabel.
3. Audi
Audi? Ja, Audi! Vereinfacht (hier die komplexe ganze Story) erklärt: Daimler kauft 1958 die Auto Union samt der sterbenden Zweitakt-Marke DKW. Mercedes entwickelt für deren Neustart ein modernes Auto samt Viertakter, aber verkauft 1965 an VW weiter – mitsamt Rechten an der toten Auto-Union-Marke Audi. VW will bei DKW Käfer bauen, aber der neue DKW ist fertig. Also soll er halt starten, nur wegen des DKW-Rufs lieber als Audi. So startet 1965 der erste Nachkriegs-Audi 60/75/90 (Bild). Heute ist Audi dank VW eine voll etablierte Nobelmarke.
4. Chrysler
Zur Lösung eigener Probleme einen Partner heiraten, der ganz anders denkt und noch viel grössere Sorgen hat? Sogar den Namensteil «-Benz» opfert Daimler, um 1998 DaimlerChrysler zu werden. Milliarden gehen dahin, die Sparrunden sorgen bei Mercedes für Qualitätspatzer. Die Partner fremdeln miteinander und die Kunden mit den Autos wie dem Mercedes-SLK-Klon Chrysler Crossfire (Bild). 2007 lässt sich Daimler scheiden. Chrysler ist pleite und überlebt nur dank US-Regierungsmilliarden. Zwei Jahre später steigt Fiat ein. Ironie der Geschichte: Fiat-Chrysler (FCA) überlebte vor allem von den Chrysler-Töchtern Dodge, Jeep und Ram. 2021 fusionierte FCA mit PSA zu Stellantis.
5. Freightliner
Als weltgrösster Lastwagen- und Bus-Hersteller gebietet Daimler ausser über die Nutzfahrzeug-Marken Mercedes, BharatBenz (Indien), Mitsubishis Laster-Sparte Fuso (Japan) oder Setra (D) über US-Trucks: Neben Western Star gehört dazu die Traditionsmarke Freightliner. Sie rang um ihre Existenz, als Daimler 1981 zugriff. Heute ist sie der grösste Hersteller schwerer Lastwagen in Nordamerika.
6. Maybach
Um gegen Bentley (VW) und Rolls-Royce (BMW) anzustinken, belebte Mercedes die Marke Maybach neu. Doch was als Mercedes vielleicht klasse angekommen wäre wie einst die Staatskarosse 600, hatte als Maybach keine Strahlkraft. Niemand kannte die 1941 beerdigte Marke noch, und dem Auto (Bild) sah man an, dass es erst ein Mercedes hätte werden sollen. Zehn Jahre später war 2012 Schluss. Ein Riesenflop. Aber: Heute ist Maybach ein Erfolg! Nicht mit eigenen Autos, sondern als Mercedes-Maybach mit luxuriösen Mercedes-Modellen, vor allem Langversionen der S-Klasse oder dem SUV Mercedes-Maybach GLS 600.
7. Mercedes
Als erster Autohersteller der Welt (1886) hat Mercedes-Benz Etliches auf den Weg gebracht: Sicherheitszelle mit Knautschzonen, das erste elektronische ABS, den ersten Grossserien-Airbag, ESP, den ersten Diesel-PW, den ersten Turbodiesel-PW, ja sogar den ersten Luxuskombi (T-Modell 1977, Bild). Bis in die 1980er-Jahre ist Mercedes unangefochten, nach Krisen der 1990er- und 2000er-Jahre heute wieder stark und streitet mit BMW um die globale Luxus-Marktführerschaft. Die Ironie: 1959 hätte Daimler fast die damalige Pleitemarke BMW aufgekauft.
8. Mitsubishi
Ende der 1990er-Jahre erkrankte Mitsubishi existenzbedrohend. Daimler (zu jener Zeit als DaimlerChrysler) griff sich 2001 die Japaner. Doch immer mehr vertuschte Verluste und Skandale kamen ans Licht: Mitsubishi schien am Ende, Daimler gliederte die LKW-Sparte Mitsubishi Fuso aus (die noch heute Daimler gehört) – und stieg 2004 wieder aus. Doch Mitsubishi berappelte sich unter anderem mit dem ersten 4x4-Plug-in-Hybrid-SUV, dem Outlander, ist heute in Asien gut unterwegs und zählt jetzt zum Renault-Nissan-Konzernverbund. In Europa läuft es zäher, weshalb die hiesige Zukunft der Marke ungewiss ist.
9. MV Agusta
Die Italo-Töffmarke Ducati hatte 2011 mitgeteilt, man werde bald zu Daimler gehören – ging dann aber in letzter Minute an Volkswagen (genauer: an Audi-Tochter Lamborghini). Welch eine Schmach! Töffs lagen im Trend, Audi hatte nun welche und BMW sowieso. Prompt angelte sich Daimler über AMG den grossen Namen MV Agusta. Nach drei Jahren stieg Daimler 2017 wieder aus: Italiener und Schwaben wurden sich nie einig. Und MV Agusta? Baut Töffs.
10. Smart
Erst sollte VW die Schweizer Idee umsetzen, stieg dann aber beim Swatch-Mobil aus. So kam die Idee zu Daimler und wurde zum Smart. Der Fortwo lief gut an, aber kam, obwohl dafür ideal, zu spät elektrisch – und Roadster (Bild: Roadster-Coupé) wie der viertürige Forfour waren keine Erfolge. Die neueste Fortwo-Auflage kam mit ihrem Design nicht gut an, die Verluste stiegen. Seit 2019 ist Smart zur Hälfte im Besitz von Daimler-Grossaktionär Geely aus China, wird zur Elektromarke und legt mit dem #1 gerade einen Neustart hin.
11. Thomas Built Buses
Wenn Daimler-Designchef Gorden Wagener (51) über seine Konzernmarken spricht, fügt er mitunter schmunzelnd hinzu: Doch, es gebe eine Konzernmarke bei Daimler, bei der Design im Daimler-Stil kein wichtiges Thema sei – denn die Daimler-Tochter Thomas Built Buses baut die typischen gelben US-Schulbusse!