Die Namensfrage ist bei jeder Heirat eine wichtige Entscheidung. Auch bei der Auto-Hochzeit zwischen dem italo-amerikanischen Fiat-Chrysler-Konzern (FCA) und der französischen Peugeot-Citroën-Gruppe (PSA) hat sich die Frage gestellt. Nun geben beide ihren Namen auf: Der Autoriese heisst Stellantis.
Ein Gigant im wahrsten Sinne des Wortes: Mit der laufenden Fusion entstünde nach deren Abschluss Anfang 2021 der nach VW, Toyota und der Renault-Nissan-Allianz global viertgrösste Autobauer. Im Jahr würde Stellantis 8,7 Millionen Fahrzeuge produzieren und 187 Milliarden Franken Umsatz machen.
Griff nach den Sternen
Nicht nur damit greifen FCA und PSA nach den Sternen: Der Name Stellantis geht auf das lateinische Verb «stellare» zurück, was «durch Sterne erhellen» bedeutet. In einer Stellungnahme dazu heisst es, Stellantis wolle damit die Geschichte all der Marken würdigen. Diese selbst bleiben natürlich (vorerst) bestehen. Das wären alleine im Personenwagen-Bereich Alfa Romeo, Chrysler, Dodge, Fiat, Jeep, Lancia, Maserati und Ram seitens FCA sowie Citroën, DS, Opel, Peugeot und Vauxhall von PSA.
Nur könnte doch noch etwas die Hochzeit zum Platzen bringen: die Lieferwagen. Die EU-Kommission hat Bedenken, weil die beiden Unternehmen in etwa der Hälfte der 27 EU-Länder bei den Lieferwagen Kopf an Kopf konkurrieren. Sie befürchtet, dass der Wettbewerb unter der Fusion leiden könne, weshalb nun eine kartellrechtliche Untersuchung läuft.
Allerdings produzieren FCA und PSA die Kleinlieferwagen (Citroën Jumpy, Fiat Scudo, Peugeot Expert) schon seit 1995 gemeinsam und arbeiten bei Transportern der Sprinter-Klasse (Citroën Jumper, Fiat Ducato, Peugeot Boxer) seit 1982 zusammen. Die Fusion ist hier ein nur logischer Schritt, sollte sie wie geplant Anfang nächsten Jahres vollzogen werden können.
Profitieren wirklich beide?
Klappt alles, hätten damit jahrelange Spekulationen über eine mögliche Hochzeit ein Ende: Schon der 2018 verstorbene damalige FCA-CEO Sergio Marchionne hatte General Motors und dem VW-Konzern schöne Augen gemacht, sich aber ebenso einen Korb geholt wie sein Nachfolger bei Renault-Nissan. Nun soll der Zusammenschluss der Schwergewichte per Aktienteilung im Verhältnis 50:50 vollzogen werden. PSA-Chef Carlos Tavares, der seinen Konzern bereits mustergültig renoviert hat, wird CEO, FCA-Verwaltungsratschef John Elkann (44) wird dasselbe bei Stellantis übernehmen.
Profitieren wirklich beide Konzerne? FCA wirkt im Gegensatz zur erfolgreichen PSA erschöpft: Belastung durch Zusammenschluss mit Chrysler, zähe Verkäufe und vor allem fehlende Investitionen in neue Technologien. Hinzu kommen Überkapazitäten. Bis auf den Bestseller Fiat 500 wirkt die FCA-Kernmarke ausgebrannt. Bei teureren Modellen glänzt Jeep, das Pick-up-Business von Dodge/Ram läuft gut – 90 Prozent des FCA-Gewinns fährt Amerika ein. Der Neustart von Alfa Romeo gelang. Umgekehrt wurde Elektrifizierung verschlafen.
Es könnte Liebe werden
FCA profitiert daher massiv vom Zusammenschluss: Beide Konzerne sind stark bei Kompaktwagen und könnten mit gemeinsamen Plattformen deutliche Einsparungen erzielen – pro Jahr sollen das rund 4 Milliarden Franken sein. Und PSA hat längst den Einstieg in die E-Mobilität geschafft: FCA wird aufsatteln. Zwiespältig schauts im Edelsegment aus: Hier hat PSA weniger, könnte sich also dank FCA-Hilfe neu aufstellen. Auch gewinnt PSA Zugang zu den USA. So solle Peugeot auf den US-Markt zurückkehren, den man einst aufgegeben hatte. Gemeinsam lassen sich die nötigen Investitionen in CO2-Reduktion, Elektrifizierung, Vernetzung, autonomes Fahren oder Mobilitätsservices leichter stemmen. Klar ist also: FCA ist dringender auf die Fusion angewiesen, aber aus dieser Heirat könnte tatsächlich Liebe werden.