Beim diesjährigen Treffen der Welt-Elite aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft am WEF verwandelte sich der Bündner Wintersportort Davos einmal mehr zur Hochsicherheitszone. Die Möglichkeit einer Terrorattacke sollte in der Festung Davos weitestgehend auf null minimiert werden. Doch die Sicherheit der zahlreichen Regierungsvertreterinnen und Wirtschaftsbosse musste auch abseits der Bündner Berge stets gewährleistet sein – man denke etwa an den Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45) Anfang Woche in Bern.
Wenn die Welt-Elite auf Schweizer Strassen verkehrt, dann tut sie dies aufgrund ihrer Gefährdung in grossen Polizei-Konvois bestehend aus Spezialfahrzeugen und mehreren gepanzerten Limousinen. Benchmark dieser Panzer im Autogewand ist dabei – neben dem «The Beast» genannten Cadillac One von US-Präsident Joe Biden (81) – der 2021 neu aufgelegte Mercedes S 680 Guard, auf den beispielsweise auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (65) setzt.
Mehr schwer gepanzerte Limousinen
Sicher ja, nachhaltig nein
Die Festung auf Rädern erfüllt mit Schutzklasse VPAM 10 die höchste zivile Prüfstufe – allein die Panzerung der Allrad-Limousine bringt zwei Tonnen auf die Waage. Die aus Panzerglas bestehenden Scheiben halten einem Beschuss mit Stahlhartkern-Munition aus Sturmgewehren stand. Auch Sprengstoff-Anschläge mit bis zu 12,5 Kilo TNT soll der S 680 Guard unbeschadet überstehen (mehr zum Panzer-Mercedes von Kanzler Olaf Scholz).
Allerdings machen die Panzerung und Sicherheitsausrüstung die Limousine mit 4,2 Tonnen so schwer, dass Mercedes für den Antrieb auf einen Zwölfzylindermotor mit satten 612 PS setzt, der das Ungetüm im Ernstfall auf 190 km/h beschleunigt – weder Elektro- noch Plug-in-Hybridantrieb erachteten die Mercedes-Verantwortlichen als sinnvoll. Doch der fette V12 hat einen entscheidenden Nachteil – besonders für die Politikerinnen und Politiker der beiden deutschen Öko-Parteien SPD und Grüne: Der Panzerwagen vermittelt nicht gerade das Bild der oft propagierten Nachhaltigkeit.
Knackpunkt Batterie
Deshalb bedienen sich manche Politiker wie die grüne Aussenministerin Annalena Baerbock (43) oder der baden-württembergische Ministerpräsident und Parteikollege Winfried Kretschmann (75) einem Hütchenspielertrick. Oft steigen sie erst wenige Hundert Meter vor dem offiziellen Termin aus ihren schwer gepanzerten Limousinen aus, um – wie im Falle von Baerbock und Kretschmann – medienwirksam auf die rein elektrische Luxuslimousine Mercedes EQS umzusteigen (auch interessant: Der Öko-Bschiss der deutschen Politiker).
Zwar bietet etwa Audi seit zwei Jahren seine Luxuslimousine A8 als Sonderschutz-Version A8 L Security mit einem 571 PS starken V8-Doppelturbo an, der für mehr Effizienz und tieferen Verbrauch zusätzlich von einem E-Motor unterstützt wird. Doch im Umfeld der Panzerlimousinen war dies bisher das höchste der Öko-Gefühle. Vor einem rein elektrischen Antrieb schreckten die Hersteller bislang vor allem aufgrund der Batterien im Unterboden zurück: Sie bringen nicht nur nochmals mehr Gewicht ins Auto, sondern sind aufgrund der Position auch schwerer zu schützen als ein konventionell konstruiertes Auto.
BMW doppelt nach
Trotz des immensen Aufwands, der mit der Panzerung einer Elektro-Limousine einhergeht, hat BMW im Sommer 2023 nicht nur den neuen 7er als Protection-Version präsentiert, sondern auch sein stromerndes Pendant i7. Gefertigt wird das 5,39 Meter lange Sicherheitsdoppel in einem aufwendigen Manufakturprozess im Stammwerk Dingolfing (D). Für die Sicherheit der Insassen sorgen nach der Schutzklasse VR9 eine selbsttragende Karosseriestruktur aus Panzerstahl kombiniert mit gesicherten Türen, Unterboden- und Dachpanzerung sowie Sicherheitsverglasung. Die Scheiben erfüllen dabei die Anforderungen der höchsten Schutzklasse VPAM 10 für zivile Sonderschutzfahrzeuge, wie dies auch im S 680 Guard der Fall ist.
Die rund vier Tonnen schwere Verbrennerversion des BMW 7er Protection (i7 Protection kommt auf 4,4 t) verfügt über einen auslaufhemmenden Benzintank, der sich nach Beschuss selbständig verschliesst. Zudem ist sie auf Wunsch auch mit Karosserieschutzpanzerungen nach VPAM 10 aufrüstbar, um gegen Angriffe per Drohnen mit Sprengladungen sowie die Splitter bei der Detonation von Handgranaten geschützt zu sein. Optisch und auch punkto Komfort im Innern unterscheiden sich die Panzerversionen kaum von den zivilen Varianten. Zu erkennen sind sie allenfalls an den dickeren und damit dunkleren Sicherheitsscheiben, die neu auch vorne beheizt werden können. Die 20-Zoll-Räder verfügen über Notlaufeigenschaften, welche die Weiterfahrt bei defekten Reifen bis 80 km/h ermöglichen.
Elektro-Panzer schon am WEF
Für den Vortrieb der ersten rein elektrischen Panzerlimousine sorgen zwei E-Motoren an Vorder- und Hinterachse mit einer Leistung von 544 PS (400 kW) und 745 Nm. Aus dem Stand gehts in 9,0 Sekunden auf Tempo 100 – bei 160 km/h wird elektronisch abgeriegelt. Der Normverbrauch liegt bei 30,0 kWh pro 100 Kilometer. Die Panzerlimousine ist weltweit aber auch mit dem bekannten 4,4-Liter-V8-Twin-Turbo-Benziner mit 48-Volt-Mildhybrid-Technologie zu bekommen. 530 PS (390 kW) und 750 Nm beschleunigen die tonnenschwere Limousine in 6,6 Sekunden auf Tempo 100 und bis auf einen Topspeed von 210 km/h.
Die ersten Auslieferungen des 7er und i7 Protection haben bereits im vergangenen Dezember begonnen. Die Weltelite ist bei der aktuellen Austragung des WEF deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit schon in einem der neuen Elektro-Panzer vorgefahren. Über den Preis kann bislang aber nur spekuliert werden: Schon der Mercedes S 680 Guard schlägt mit konventionellem V12 mit über 550'000 Franken zu Buche. Der gepanzerte BMW i7 dürfte das nochmals überbieten. Aber Geld spielt in solch elitären Kreisen ohnehin höchstens eine Nebenrolle.