Warum ging der C 111-II nie in Serie?
Mercedes legendärer Prototyp

Der Mercedes C 111 steht in einer Linie mit dem legendären Flügeltürer 300 SL – in Serie gebaut wurde er aber nie. Wir gingen auf eine Testrunde mit dem legendären Prototypen, den ein aussergewöhnlicher Motor antreibt.
Publiziert: 21.09.2024 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2024 um 16:11 Uhr
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Den Mercedes C111-II trifft man normalerweise eher im Museum an.
Foto: Mercedes-Benz AG

Auf einen Blick

  • Mercedes C 111 ist ein visionärer Prototyp
  • Der C 111-II wurde 1970 am Genfer Autosalon vorgestellt
  • Der C 111-IV stellte 1979 einen Weltrekord mit 403,978 km/h auf
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Stefan Grundhoff

Morgens kurz nach sieben Uhr auf einem kleinen Flugplatz nahe Salinas (US), wir sind 20 Minuten von Monterey entfernt. Gerade startet eine der heimischen Privatmaschinen, auf dem benachbarten Golfplatz wird an Loch sieben abgeschlagen und der hier stationierte Rettungshelikopter lässt munter seinen Rotor warmlaufen. Ein ganz normaler Sommermorgen an der kalifornischen Pazifikküste.

Doch auf der Nebenstartbahn ganz im Süden des Flugplatzes erregt ein orangefarbener Sportwagen aus den 70er-Jahren für aussergewöhnliches Interesse. Sein Design mit abgefahrenen Proportionen, Klappscheinwerfern und den weit aufgeschlagenen Flügeltüren ist jedoch nicht das spektakulärste, was der Mercedes C 111 zu bieten hat.

Prädestinierter Prototyp

Noch immer bejammern Stimmen aus Historie und Neuzeit, wieso Mercedes diesen Prototypen einst nicht hat Realität werden lassen. Aber der C 111 war ab Ende der 1960er genau das, was er sein sollte: Ein visionärer Technikträger, der in den 1970er auslotete, was in Sachen Aerodynamik, Antrieb und Leichtbau möglich war. Die Karosserie besteht aus glasfaserverstärktem Kunststoff, der mit der stählernen Rahmenbodenanlage vernietet und verklebt wurde – auch das zeigt den seinen Status als rollendes Versuchslabor.

Von seiner Attraktivität hat der Mercedes C 111 über die Jahrzehnte nicht einen Hauch verloren, im Gegenteil. Und in einem Land wie den USA, wo er deutlich unbekannter ist als in Deutschland, geht auf öffentlichen Strassen ohnehin an jeder Ampel der Daumen nach oben.

Anfang mit Wankelmotor

Und das zu Recht, denn vom C 111 wurden nur 16 Stück gebaut. Es gibt auch ganz später Versionen mit 3,5-Liter-V8-Triebwerk oder Fünfzylinder-Diesel, aber kein Mercedes C 111 ist spektakulärer als jener der zweiten Generation mit dem einzigartigen Wankel-Triebwerk nach dem Kreiskolbenprinzip. Den C 111 gab es bereits ab 1969 mit einem Wankel hinter der engen Fahrgastzelle, deren Tür sich hinter uns wie ein Fallbeil schliesst. Ein Dreh am Zündschlüssel, erster Gang unten links und dann die ersten Meter mit der knochig arbeitenden Kupplung – nahezu alles ist anders in dem Zukunftsmodell aus der Vergangenheit.

Was ist ein Wankelmotor?

Seinen Namen hat der Wankelmotor von seinem Erfinder, dem deutschen Ingenieur Felix Heinrich Wankel (1902–1988). Ein Besessener im nicht immer besten Sinne, der fixiert auf seine technische Mission war. Angeblich im Traum soll ihm als Siebzehnjähriger die Idee für den technisch Rotationskolbenmotor genannten Antrieb gekommen sein – einen Verbrennungsmotor mit rotierenden statt sich hebenden und senkenden Kolben: Ein dreieckiger Rotor dreht sich in einem elliptisch geformten Gehäuse und unterteilt den Brennraum in drei Kammern.

Jeweils an der gleichen Stelle einer Umdrehung findet die Verbrennung statt. Das sich bei der Zündung ausdehnende Benzin-Luft-Gemisch schiebt dabei den Rotor weiter und versetzt ihn so in Rotation. Die Vorteile: Hohe Leistung auf wenig Bauraum, weil Wankelmotoren kleiner sind als vergleichbare normale Verbrenner, und seidenweicher Lauf fast ohne Vibrationen. Auf der Minus-Seite stehen der hohe Verbrauch und die problematische Schmierung – Wankelmotoren waren früher nie ganz dicht. Trotzdem schafften sie es in Autos: Erster Serien-PW war NSUs Wankel Spider 1963. Bei Mazda gings 1967 mit dem Cosmo Sport los; letzter war der RX-8, der 2012 eingestellt wurde.

Seinen Namen hat der Wankelmotor von seinem Erfinder, dem deutschen Ingenieur Felix Heinrich Wankel (1902–1988). Ein Besessener im nicht immer besten Sinne, der fixiert auf seine technische Mission war. Angeblich im Traum soll ihm als Siebzehnjähriger die Idee für den technisch Rotationskolbenmotor genannten Antrieb gekommen sein – einen Verbrennungsmotor mit rotierenden statt sich hebenden und senkenden Kolben: Ein dreieckiger Rotor dreht sich in einem elliptisch geformten Gehäuse und unterteilt den Brennraum in drei Kammern.

Jeweils an der gleichen Stelle einer Umdrehung findet die Verbrennung statt. Das sich bei der Zündung ausdehnende Benzin-Luft-Gemisch schiebt dabei den Rotor weiter und versetzt ihn so in Rotation. Die Vorteile: Hohe Leistung auf wenig Bauraum, weil Wankelmotoren kleiner sind als vergleichbare normale Verbrenner, und seidenweicher Lauf fast ohne Vibrationen. Auf der Minus-Seite stehen der hohe Verbrauch und die problematische Schmierung – Wankelmotoren waren früher nie ganz dicht. Trotzdem schafften sie es in Autos: Erster Serien-PW war NSUs Wankel Spider 1963. Bei Mazda gings 1967 mit dem Cosmo Sport los; letzter war der RX-8, der 2012 eingestellt wurde.

Der Vierscheiben-Wankelmotor fährt sich beinahe wie frühes Turboaggregat. Untenrum geht nicht viel, doch wenn die Drehzahlen steigen, geht es los – und wie. Wer den Kreiskolbenmotor zwischen 5000 und 7000 Touren jubeln lässt, verliert nicht allein bei dem betörenden Klang die Sinne, sondern kann bis zu 350 PS an die Hinterachse bringen.

Durstiger Sportler

Vom C 111-II, der 1970 am Genfer Autosalon Premiere feierte, können wir auf der Startbahn in Salina gar nicht genug kriegen. Die Bremse ist stramm, die Lenkung zäh – doch dieses Triebwerk: der pure Wahnsinn. Doch wieso schaffte es nicht nur kein C111-II in die Serie, sondern blieb auch die Wankeltechnik auf der Strecke? Der Wankelmotor ist durstig – sehr durstig. Man muss nicht mal übermässig flott fahren, um zum Lieblingskunden seines Tankwarts zu werden.

Bereits im Jahre 1967 berichtete Mercedes-Chefentwickler Hans Scherenberg, dass der Verbrauch des Wankelmotors rund 50 Prozent höher sei als bei einem gleich starken Hubkolbenmotor in V-Form. Zudem genehmigte sich der Prototyp bei seinen Testfahrten auch eine stattliche Menge an Öl für die Triebwerksschmierung. Das passte weder zu den immer strenger werdenden Abgasbestimmungen speziell in den USA, noch zur seinerzeitigen Ölpreiskrise. 1976 wurden die Wankelentwicklung nach rund 15 Jahren bei Mercedes eingestellt.

Legendär auch ohne Serie

Erst danach beginnt die zweite Karriere des C 111 als Rekordwagen mit Hubkolbenmotoren. Insgesamt entstehen zwei Versionen mit Fünfzylinder-Turbodieselmotor (C 111-II D im Jahr 1976 und C 111-III im Jahr 1978) sowie der C 111-IV mit V8-Ottomotor im Jahr 1979. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Nardo (I) stellen die C 111 zahlreiche Bestmarken auf, unter anderem den Rundstrecken-Weltrekord mit 403,978 km/h mit dem C 111-IV am 5. Mai 1979.

Danach blieben nicht nur der Mercedes C 111, sondern auch der Wankelmotor Legenden – zumindest mit Stern. Denn insbesondere Mazda gab der drehfreudigen Antriebstechnik im Cosmo, RX-7 oder RX-8 immer wieder eine Chance. Der grosse Erfolg blieb jedoch auch bei ihnen aus. Inzwischen wagt Mazda beim elektrischen MX-30 seinen Einsatz als Rangeextender, der per Generator Strom produziert, wenn die Batterie leer ist. Aber Mercedes lässt den Wankel-C-111 im Museum. Und nutzte ihn 2023 als Inspiration für den Concept Car One-Eleven.

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