Zwischen Hölle und Adrenalin-Kick
Ex-Wagner-Söldner packen über Kriegsalltag aus

Die Söldner-Gruppe Wagner hat für den Krieg in der Ukraine unzählige russische Häftlinge rekrutiert. Fünf von ihnen haben jetzt über die Zeit auf dem Schlachtfeld ausgepackt.
Publiziert: 19.03.2023 um 16:37 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2023 um 18:22 Uhr
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Bis zu 50'000 Häftlinge sollen sich der Wagner-Gruppe angeschlossen haben. Kein Wunder: Der Söldner-Boss Prigoschin lockte mit einer Begnadigung.
Foto: Telegram/vchkogpu

Als Jewgeni Prigoschin (61), Chef der Söldner-Gruppe Wagner, im vergangenen Sommer begann, massenhaft russische Häftlinge für den Ukraine-Krieg zu rekrutieren, schlossen sich ihm je nach Schätzungen bis zu 50'000 Männer an. Kein Wunder: Der Söldner-Boss lockte mit einer Begnadigung.

Fünf von ihnen haben nun im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters über die Zeit im Krieg ausgepackt. Die einen schwärmen vom Schlachtfeld, andere wiederum beschreiben den Krieg als «absolute Hölle».

Von den fünf Männern seien insgesamt vier direkt von Prigoschin angeworben worden. Ihre Erzählungen stimmen überein. Während drei Tagen hätten sich die Häftlinge überlegen können, ob sie dem Söldner-Boss folgen wollten oder nicht. Schliesslich hätten sich rund 40 von mehreren Hunderten Gefangenen gemeldet.

Es habe verschiedene Motive gegeben, sich der Wagner-Gruppe anzuschliessen, so die fünf Männer. Einer von ihnen, Rustam Borowkow (31), habe aus familiären Gründen so gehandelt. «Ich habe ein kleines Kind. Ich wollte zu meiner Familie zurück», sagt der wegen Totschlags Verurteilte gegenüber Reuters.

Für Jewgeni Kuschelew (29) seien es patriotische Gründe gewesen. Obwohl er seine Strafe bereits fast abgesessen hatte, meldete er sich zum Kriegseinsatz.

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Einsatz vorzeitig abgebrochen

Gemäss der fünf Ex-Söldnern absolvierten die Häftlinge anschliessend eine rund dreiwöchige Ausbildung, geleitet von ehemaligen Angehöriger russischer Spezialeinheiten. Kurz, aber intensiv sei das gewesen, so die Männer.

Für die meisten der fünf war der Kriegseinsatz aber nur von kurzer Dauer. Vier von ihnen mussten ihn wegen schweren Verletzungen vorzeitig abbrechen. Die Zeit im Spital sei ihnen aber dennoch angerechnet worden, sodass sie trotz Verletzung nach sechs Monaten begnadigt werden.

Alle würden zu Wagner zurückkehren

Auf ihre Zeit in der Wagner-Gruppe blicken die Männer sehr unterschiedlich zurück. Die Zeit an der Front sei die «absolute Hölle» gewesen, so einer. Andrej Jastrebow (22) sieht es ganz anders. «So viel Adrenalin. Ich wünschte, alle echten Männer würden sich der Wagner-Gruppe anschliessen».

In einem sind sich die Männer aber einig: Alle fünf würden wieder zur Wagner-Gruppe zurückkehren. Von gebrochenen Versprechen seitens Prigoschin wollen sie nichts wissen. Dieser habe ihnen einen «Neuanfang» ermöglicht. «Jetzt bin ich sauber. Ich habe Geld und kann an die Zukunft denken.» (ced)

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