Aufgedunsen und staksig, erinnert der russische Kriegspräsident Wladimir Putin (69) immer stärker an alte Kreml-Führer in ihren letzten Tagen. Leonid Breschnew (1906-1982) hatte 1976 einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich nie wieder erholte. Ein kranker Mann regierte die Sowjetunion und führte das Riesenreich 1979 in den Afghanistan-Krieg. Auch Boris Jelzin (1931-2007), der erste Präsident Russlands, wirkte gegen Ende wie ein Schatten seiner selbst.
Breschnews Einmarsch in Afghanistan sollte später mit zum Fall des Sowjetreichs beitragen. Jelzin hielt dem Druck an der Macht nicht stand. Gezeichnet von Palastrevolten und Intrigen, gab Jelzin am letzten Tag des letzten Jahrtausends die Macht an seinen Nachfolger ab: den damals 47-jährigen Premierminister und Senkrechtaufsteiger, Wladimir Putin.
Putin ist auch für sowjetische und russische Verhältnisse eine Ausnahmeerscheinung. Seit mehr als zwei Jahrzehnten dominiert er Russlands Politik. Doch die Jahre an der Macht und jetzt der Krieg in der Ukraine zeichnen ihn. Putin wirkt krank. In einem jüngeren Video zuckte und wippte er manisch mit den Füssen. Und er ist paranoider denn je.
Afghanistan-Parallelen
Seit Jahren kursierten Gerüchte, dass Putin an Krebs oder Parkinson litt. Die wenigen Bilder, die es jetzt noch vom Kriegspräsidenten gibt, zeigen einen Mann mit aufgeblähtem Gesicht und unsicherem Gang, der immer wieder zu erstarren scheint. Putin wirkt stark medikamentös. Und Parallelen zu Afghanistan werden wach: Putins Krieg erinnert an das sowjetische Scheitern in Afghanistan. Moskau scheint seinen Gegner dieses Mal genauso unterschätzt zu haben wie damals.
Der Kreml hatte auf einen schnellen Einmarsch in Kiew gesetzt. Nur wenig verläuft nach Plan. Für einen Kriegsregenten wirkt inzwischen auch Feldherr Putin angeschlagen und nicht klar im Kopf. War er seit längerem nicht mehr gesund? Dass Putin an Krebs litt, will der US-Filmregisseur Oliver Stone (75) schon lange wissen. Stone erhielt von 2015 bis 2017 beispiellosen Zugang zu Putin für eine Reihe von Interviews. Kaum ein Aussenstehender kam Putin so nahe wie Stone. «Vergessen Sie nicht», sagte Stone diese Woche in einem Podcast, «Putin hatte dieses Krebsgeschwür und ich glaube, er hat es besiegt. Aber er ist auch wegen Covid isoliert worden», so Stone.
Dass Putin schwer krank ist, daran hat ein britischer Ex-Agent keine Zweifel (Blick berichtete). Christopher Steele (57) leitete drei Jahre lang die Russland-Abteilung des britischen Geheimdiensts. Im Gespräch mit der britischen LBC sagte Steele, dass Putin «ständig von einem Team von Ärzten umgeben» sei.
Der Tyrann isoliert sich
Seit Monaten trifft Putin keine Minister, Berater und Vertraute mehr. Videokonferenzen werden immer wieder unterbrochen und Putin müsse immer wieder behandelt werden. Die «genauen Einzelheiten» zum Gesundheitszustand des russischen Präsidenten seien allerdings nicht bekannt, so Steele, nicht einmal seinen engsten Vertrauten.
Dass der Kriegsführer aber definitiv krank sei, daran hat der britische Geheimagent keinen Zweifel. «Es ist klar, dass er ernsthaft krank ist – inwieweit unheilbar, ist unklar, wir können uns nicht ganz sicher sein.»
Der Kriegsverlauf in der Ukraine und sein Gesundheitszustand machen Putin offenbar auch immer paranoider. Die Angaben sind nicht zu überprüfen, doch nach verschiedenen Quellen sind bereits fast rund 30'000 russische Soldaten gefallen. Mehr als doppelt so viel wie die 12'000 sowjetischen Soldaten, die in neun Jahren in Afghanistan fielen. Inzwischen sind immer weniger Russen für Putins Krieg. Der Präsident ist demnach von dem Gedanken besessen, dass Leute nach seinem Leben trachten. Weshalb er sich komplett isoliert.
Vorkoster testen das Essen
Laut übereinstimmenden Medienberichten hält sich Putin derzeit nicht im Kreml, sondern im Bunker einer seiner geheimen Sommerresidenzen auf. Selbst von einstigen Vertrauten distanziere er sich. Aus Angst, vergiftet zu werden, probieren Vorkoster das Essen, bevor er es isst.
Es gibt Gerüchte, dass der ehemalige KGB-Spion sogar spezielle Handschuhe trägt, um seine Haut vor möglichen tödlichen Substanzen zu schützen. Selbst beim täglichen Morgenbad fühle sich Putin nicht mehr sicher. Er lasse das Wasser mehrmals täglich auf verdächtige Chemikalien hin untersuchen, berichtet «The Sun».
Beobachter sprechen von einem Abstieg Putins in Hitler-ähnlichen Wahnsinn, mit Parallelen zwischen den beiden Tyrannen. Der britische Historiker und Putin-Biograph Mark Galeotti (57) vergleicht Hitlers und Putins arrogantes Beharren auf grossen Plänen, trotz zahlreicher Fehler im Krieg.
Hitler-Parallelen
«Es ist unmöglich, nicht an Adolf Hitlers letzte Tage erinnert zu werden, als ein Krieg, den er begonnen hatte, auch gegen ihn lief», schreibt Galeotti in der «Daily Mail». «Natürlich stehen Putins Feinde nicht vor den Toren Moskaus wie Hitlers Feinde in Berlin. Aber es gibt Parallelen in der Weigerung beider Führer, auf Ratschläge zu hören, und in ihrer Beharrlichkeit, militärische Manöver bis ins kleinste Detail zu steuern, obwohl sie nicht die nötige Erfahrung dafür haben.»
Putin sei eher ein «Militär-Fanboy als ein militärischer Mastermind». Wie Hitler habe er keine Ahnung von der Realität des Krieges. Und am 7. Oktober würde Putin 70. Das Alter, Gerüchte über seinen sich verschlechternden Gesundheitszustand und die verheerende Kriegslage veranlassen offenbar auch russische Generäle dazu, ihren Präsidenten als inkompetent und demütigend zu erachten.
Putin-Experte Galeotti: «Was jetzt auffällt, ist, wie isoliert Putin zu sein scheint. Es gibt nicht viele in seinem Umfeld, die meiner Meinung nach eine Kugel für den Präsidenten einstecken würden. Wann und wie auch immer Putin schliesslich gehen wird, niemand wird ihm nachweinen.»
Afghanistan-Falle
Mit seinem Krieg stecke Putin in der Afghanistan-Falle, ist der polnische Publizist und Historiker Adam Michnik (75) überzeugt. «Ich bin sicher, dass die Ukraine für Putin das werden wird, was Afghanistan für Breschnew war», sagte Michnik gegenüber «Radio Free Europe».
In Russland habe es immer Wandel gegeben, nachdem Kriege verloren waren. Das sei nach Afghanistan der Fall gewesen und werde auch nach der Ukraine der Fall sein. Michnik ist sicher, Russlands Schmach in der Ukraine werde den Weg für demokratischen Wandel ebnen: «Russland hat eine schlechte Wahl getroffen», aber «eine neue Welle wird kommen».
Afghanistan habe den Zusammenbruch der Sowjetunion beschleunigt. Michnik hegt die Hoffnung, dass eine russische Niederlage in der Ukraine der Funke sein wird, der demokratischen Wandel in Russland auslöst. (kes)