Ein Händedruck und eine steife Umarmung: So haben sich am Donnerstagabend der chinesische Präsident Xi Jinping (70) und Kreml-Chef Wladimir Putin (71) nach einem Bankett mit Pekingente, Seegurke und Wolfsbarsch in Garnelen-Creme verabschiedet. Die Fotos sollen der Welt zeigen: Hier haben sich zwei getroffen, die sich verstehen.
Zuvor hatten die beiden nach Verhandlungen in Peking eine gemeinsame Erklärung unterschrieben. So wollen sie in den Bereichen Logistik, Verkehr und Energie enger zusammenarbeiten. Eine Kooperation, die Anlass zur Sorge geben müsse, meint China-Expertin Simona A. Grano (45) von der Uni Zürich.
In der gemeinsamen Erklärung über eine «neue Ära» vertreten Xi und Putin bei Themen wie Taiwan, Ukraine, Nordkorea, Finanzen und Zusammenarbeit bei neuen friedlichen Nukleartechnologien die gleiche Position. Grano: «Russland, das einen Krieg gegen die von der Nato unterstützten ukrainischen Streitkräfte führt, und China, das unter dem Druck der USA gegen seine wachsende militärische und wirtschaftliche Stärke steht, haben zunehmend gemeinsame geopolitische Ziele gefunden.»
Granos Bilanz zum Treffen in Peking: «Diese erneute Annäherung ist besorgniserregend. Sie bedeutet, dass es in Zukunft mehr militärische Unterstützung und Zusammenarbeit geben könnte – auch in einem potenziellen Konflikt um Taiwan, in dem die USA an zwei Fronten beteiligt sein könnten.»
China hilft im Hintergrund
Schon heute ist China im Hintergrund ein wichtiger Akteur im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Zwar stammen die meisten Waffen und Geschosse aus Russland, dem Iran und Nordkorea. Peking unterstützt den Kreml aber mit sogenannten Dual-Use-Gütern. Das sind Güter, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecken eingesetzt werden können.
Die Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace in Washington, die sich auf öffentlich zugängliche Zolldaten stützt, zählt auf, was dazu gehört: Mikroelektronik, Werkzeugmaschinen, Telekommunikationsgeräte, Radare, optische Geräte und Sensoren. Hinzu kommen auch Drohnen, Navigationsgeräte, Teile für Kampfjets und Chemikalien, mit denen Munition hergestellt werden können.
Der Handel explodiert
Pekings Hilfe sei für die russischen Kriegsanstrengungen unersetzlich, sage Grano. «Die Zusammenarbeit mit China hat es Putin weitgehend ermöglicht, seine Aggression gegen die Ukraine fortzusetzen.» Der bilaterale Handel ist 2022 um 36 Prozent auf 190 Milliarden US-Dollar angestiegen, im vergangenen Jahr erhöhte er sich auf 240 Milliarden.
Von einer gleichberechtigten Partnerschaft zu sprechen, wäre allerdings falsch. Denn China und Russland sind wirtschaftlich wie ein Riese und ein Zwerg, wie der Vergleich des Bruttoinlandsprodukts (BIP) beweist. Mit 18 Billionen US-Dollar ist das BIP Chinas achtmal grösser als das von Russland mit 2,2 Billionen.
Dennoch ist Russland für China wichtig: Einerseits wegen der Lieferung von Öl und andererseits deswegen, weil sich die Beziehungen zu den USA nach den US-Wahlen im November weiter verschlechtern dürften.
Wenig Hoffnung auf Frieden
Simona A. Grano empfiehlt Aussenminister Ignazio Cassis (63), der im Juni zu einer Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock NW einlädt, sich dieser engen Zusammenarbeit bewusst zu sein.
Grano: «Es ist eine Erkenntnis, dass China Russland de facto bei seinem Angriffskrieg unterstützt und kein neutraler Akteur ist. Länder wie die Schweiz, die im Juni eine Friedenskonferenz veranstalten, sollten dies im Hinterkopf behalten und verstehen, dass China keine konkrete Rolle bei der Beendigung des Krieges spielen wird.»