Xi Jinping telefoniert mit Wolodimir Selenski
Reines politisches Kalkül Chinas – und nicht mehr

Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges haben Xi Jinping und Wolodimir Selenski miteinander gesprochen. Bezweckt hat es nicht viel – dafür ist der Westen verhalten begeistert. Eine Analyse.
Publiziert: 27.04.2023 um 15:04 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2023 um 15:31 Uhr
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Am Mittwoch haben Wolodimir Selenski (links) und Xi Jinping miteinander telefoniert.
Foto: AFP
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Für den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45) war es ein «langes und ziemlich vernünftiges Gespräch». Gemeint ist das erste Telefonat seit Kriegsbeginn zwischen ihm und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping (69) am Mittwoch.

Auch im Westen ist das Telefonat gut angekommen. Für die EU-Kommission symbolisiert es einen «wichtigen, lang überfälligen Schritt von China». Deutschland redet von einem «guten Signal». Sogar die USA halten die Kontaktaufnahme für «eine gute Sache». Und sogar Kreml begrüsst «alles, was das Ende des Konflikts in der Ukraine näherbringt».

Telefonat bringt wenig Ergebnisse

So viel Einigkeit gibt es im derzeitigen Konflikt selten. Nüchtern betrachtet kommen die zwei Staatsoberhäupter aber nur auf zwei konkrete Ergebnisse. Die chinesische Regierung wird einen Sondergesandten für eurasische Angelegenheiten in die Ukraine schicken, damit dieser dort Gespräche für eine politische Lösung der Krise führt. Zudem wird Peking humanitäre Hilfe nach Kiew entsenden.

Die Wichtigkeit des Telefonats soll nicht untergraben werden: Es ist der konkreteste Schritt, den China bisher unternommen hat, um die Rolle des Vermittlers zu übernehmen, die es seit Monaten angedeutet hat.

Aber: Alles andere, was China nach eigenen Angaben gesagt hat, ist nicht neu. Man wolle sich weiterhin für baldige Friedensgespräche einsetzen, man ergreife «keine Partei» im Konflikt, ein Atomkrieg werde «ohne Gewinner» ausgehen. Die chinesische Regierung wiederholt seit Beginn des Krieges die gleichen Phrasen.

Gespräch ist Teil der Charmeoffensive

Das Telefonat fand nur wenige Tage nach einem Zwischenfall mit Chinas Botschafter in Frankreich, Lu Shaye (58), statt. Dieser sagte am Freitag in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender LCI, dass die ehemaligen Sowjetstaaten keinen «effektiven Status» im internationalen Recht hätten. Die angesprochenen Staaten reagierten erzürnt, auch die Ukraine. Wollte Xi mit dem Gespräch also nur die Wogen glätten?

Ein weiteres spannendes Detail zum Zeitpunkt haben Analysten von «CNN» erkannt. Das Telefonat kommt zu einem Zeitpunkt, an dem China sich angesichts der bröckelnden Beziehungen zu den Vereinigten Staaten auf die Stärkung der Beziehungen zu Europa konzentriert. Der chinesische Machthaber möchte einen Schulterschluss zwischen Amerika und Europa verhindern. Angesichts dessen wirkt das Telefonat wie eine PR-Aktion gegenüber dem Westen.

Kurzum: China hat seine Meinung zum Krieg nicht geändert. Noch immer hält Xi an seiner «grenzenlosen Freundschaft» zu Kremlchef Wladimir Putin (70) fest.

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