Die Rolle Chinas war bisher eine der grossen Unbekannten im Krieg Russlands gegen die Ukraine. Staats- und Parteichef Xi Jinping (69) bemühte sich stets um vornehme Zurückhaltung. Auf der einen Seite vermied er es, den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) für dessen Aggression zu verurteilen, auf der andern Seite forderte er in einem Friedensplan die «Souveränität und territoriale Integrität» für alle Länder.
Was genau mit dieser «territorialen Integrität» gemeint ist, präzisierte Peking nie. Auf die Nachfrage von SonntagsBlick, ob China damit den Rückzug der russischen Truppen aus der souveränen Ukraine fordere, ging die chinesische Botschaft in Bern nicht ein. «Die legitimen Sicherheitsinteressen und -belange aller Länder müssen ernst genommen und angemessen berücksichtigt werden», lautete die ausweichende Antwort. Auch auf die Fragen, wie Peking den Krieg in der Ukraine bezeichne und wann ein chinesischer Politiker die Ukraine besuchen werde, gab es keine konkreten Antworten.
Seit Anfang Woche haben wir Klarheit. Als Xi am Montag in Moskau landete, lächelte er, als ihn Putin mit «lieber Freund» willkommen hiess. Beim Staatsbesuch folgten stundenlange Gespräche, in denen die Bande zwischen Moskau und Peking gestärkt wurden. Als einer der zentralen Deals gilt die 2800 Kilometer lange Pipeline «Power of Siberia 2», die laut Kreml spätestens ab 2030 russisches Gas nach Peking statt nach Europa transportieren soll. Auch ein Landkorridor für Getreide und andere landwirtschaftliche Mittel soll aufgegleist werden.
Sturmgewehre nach Russland geliefert
Moskau möchte noch mehr. Der Kreml bittet Peking auch um Waffen und Munition, da das russische Militär offenbar auf dem Zahnfleisch läuft. Gemäss dem US-Magazin «Politico» haben chinesische Unternehmen 1000 Sturmgewehre und Ausrüstung nach Russland geliefert. Weiteres Kriegsmaterial dürfte folgen, behaupten jedenfalls mit warnendem Zeigefinger die USA und die Nato.
«In Bezug auf die Ukraine-Krise vertritt China die ganze Zeit über eine objektive und gerechte Position», betont die chinesische Botschaft in Bern. Dass sich Xi mit dem russischen Kriegstreiber einlässt, widerspricht allerdings dieser Aussage. Denn wenn auch keine Waffen geliefert werden, so finanziert Peking mit der Handelsoffensive die russische Invasion.
Xi Jinping hat beim Besuch in Moskau sein wahres Gesicht gezeigt. Auf seine Einladung hin wird Putin bald einen Gegenbesuch in Peking antreten, um die Bande weiter zu festigen. Mit diesem Schritt wird die chinesische «objektive und gerechte Position» definitiv unglaubwürdig und der Friedensplan Makulatur.