Asylbewerber (24) fährt mit Mini Cooper in Menschenmenge
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Horrorfahrt in München:Asylbewerber (24) fährt mit Mini Cooper in Menschenmenge

Wieder ein Angriff, wieder ein Asylbewerber – und das 10 Tage vor den Wahlen
Diese feige Tat könnte Deutschland für immer verändern

Zehn Tage vor den deutschen Schicksalswahlen bringt der Anschlag von München neue Unruhe in den nervösen Wahlkampf. Friedrich Merz, der höchstwahrscheinliche neue Kanzler, muss sich unangenehme Fragen stellen – und sich auf einen neuen Gegner vorbereiten.
Publiziert: 16:03 Uhr
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Aktualisiert: vor 54 Minuten
Der mutmassliche Terroranschlag von München wirbelt zehn Tag vor den deutschen Schicksalswahlen noch einmal alles durcheinander.
Foto: imago/Sven Simon

Auf einen Blick

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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Magdeburg, Aschaffenburg – und jetzt mutmasslich München: Dreimal haben Attentäter Deutschland in diesem Winter ins Herz getroffen. Dreimal haben Männer mit Migrationshintergrund unschuldige Menschen attackiert. Einen Weihnachtsmarkt, einen Gewerkschaftsumzug und eine Gruppe Kindergärtner. Und schon zum dritten Mal muss sich das kriselnde Land die Frage stellen: Wie setzen wir diesem Horror ein Ende? München verändert die Ausgangslage zehn Tage vor den deutschen Schicksalswahlen. Die Gewinnerin steht jetzt schon fest:

Alice Weidel (46). Die AfD-Kanzlerkandidatin hält die einfachste und für fast ein Viertel der Deutschen überzeugendste Antwort bereit. «Wenn ich in diesem Land etwas zu sagen habe, werden diese Menschen nicht mehr hier sein», liess Weidel verlauten. «Migrationswende jetzt!», fordert sie wenige Stunden nach dem mutmasslichen Münchner Anschlag auf X.

Wer sich dieser Tage in Deutschland umhört, der stösst auf breite Zustimmung für den Bruch, den die AfD mit der «alten Politik» vollziehen will – auch bei jenen, die sich nicht öffentlich zur AfD bekennen. Es sollte niemanden erstaunen, wenn die Rechtspartei im Windschatten von München und Aschaffenburg zu einem neuen Höhenflug ansetzt und am 23. Februar abräumt.

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Der mutmassliche Terroranschlag von München wirbelt zehn Tag vor den deutschen Schicksalswahlen noch einmal alles durcheinander.
Foto: imago/Sven Simon

Wegfallen dürften diese Stimmen bei der SPD. Ihr Kanzler Olaf Scholz (66) gibt sich auf X zwar kämpferisch und unterstreicht, wie «konsequent» er und seine Regierung gegen die irreguläre Migration vorgingen. Gerade am Donnerstag hat Deutschland die vorübergehenden Kontrollen an allen Aussengrenzen erneut um sechs Monate verlängert.

Merz muss seine Brandmauer überdenken

In der öffentlichen Wahrnehmung aber ist Scholz mit seiner Migrationspolitik gescheitert. Auch wenn der Kanzler herzlich wenig dafür kann, dass in seinem 84-Millionen-Land ein paar psychisch kranke, religiös verblendete oder sonst wie verwirrte Männer aus nah- bis fernöstlichen Ländern ihren Frust an unschuldigen Menschen auslassen und damit für unendliches Leid sorgen: Letztlich ist Scholz das Gesicht einer Politik, die Deutschland in den vergangenen dreieinhalb Jahren in kaum einem Bereich vorwärtsgebracht hat.

Nützen dürfte der Anschlag von München letztlich auch dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (69). Er hat mit seinem Fünf-Punkte-Plan Ende Januar ein griffiges Konzept präsentiert, mit dem Deutschland auf die sich zuspitzende Migrationskrise antworten könnte. Merz fordert darin unter anderem die Zurückweisung aller illegalen Einreisenden, die Inhaftierung aller Ausreisepflichtigen und deutlich mehr und raschere Abschiebungen.

Dass sein Plan mithilfe der AfD durch den Bundestag kam, machen ihm die anderen Parteien seither zum je länger je abstruser wirkenden Vorwurf. Merz habe die von ihm selbst einst ausgerufene «Brandmauer» gegen die Rechtspartei niedergerissen und mache gemeinsame Sache mit «denen da», tönt es von links bis zur Mitte.

Angesichts der Gewalt-Welle, die Deutschland erfasst hat, scheint die Debatte über Brandmauern aber immer mehr wie ein feiges Ablenkungsmanöver, mit dem man das heisse Eisen Migration umschiffen will. Merz selbst wird sich nach dem Wahltag die Frage stellen müssen, ob für ihn eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht doch die einfachste Lösung wäre, um seine Migrations- und Wirtschaftspolitik voranzubringen. 

Deutschlands Hauptproblem bleibt das Bürokratie-Monster

Fraglich bleibt, welche Rolle der bayrische Regierungschef Markus Söder (58) mittelfristig spielen wird. Der Vorsteher der bayrischen CSU, die zusammen mit Merz’ CDU die «Union» bildet, ist in Deutschland deutlich beliebter als der biedere Merz (nur 24 Prozent finden den laut einer ZDF-Umfrage «sympathisch»). Wenn sich Söder in München – was er in den ersten Stunden nach dem Anschlag tat – jetzt erneut als geschickter Krisenkommunikator inszeniert, dann wird er Merz innerparteilich gefährlich.

Der CDU stehen nach den Wahlen am 23. Februar schwierige Koalitionsverhandlungen bevor. Viele in der SPD und bei den Grünen können sich eine Zusammenarbeit mit Merz nicht mehr vorstellen. Söder brächte frischen Wind – und vielleicht jenen Durchbruch, den sich mindestens halb Deutschland jetzt wünscht.

Letztlich aber muss Deutschland in diesem schmerzhaften Augenblick einer noch schmerzhafteren Realität ins Auge blicken: Der saudische Attentäter von Magdeburg hatte wochenlang radikale Nachrichten ins Netz gestellt und offen über mögliche Attacken gesprochen. Der afghanische Attentäter von Aschaffenburg war ein abgewiesener Asylbewerber mit Ausschaffungsentscheid, der gar nicht mehr frei hätte herumlaufen dürfen. Der mutmassliche Attentäter von München ist ein afghanischer Asylbewerber.

Dass sie ihre Taten umsetzen konnten, ist nicht der Politik geschuldet, sondern der viel zu trägen deutschen Verwaltung, die gefällte Entscheide über Ausschaffungen, exakte Überprüfungen von Asylbewerbern oder gesetzlich gegebene Überwachungsmassnahmen nicht oder viel zu zögerlich umsetzt. Wer immer nächster Kanzler oder nächste Kanzlerin wird in Deutschland: Er oder sie täte gute daran, das Bürokratie-Monster zu bekämpfen, statt bröckelnde Brandmauern zu reparieren.

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