Wie der Greta-Effekt die Welt verändert
Das sind die grünen «Dealmaker» der Weltpolitik

Weltweit arbeiten führende Politiker jetzt an «Green New Deals». Dahinter steckt eine politische Idee.
Publiziert: 14.09.2019 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2020 um 19:46 Uhr
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Die designierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen legt einen Fokus auf den Klimawandel.
Foto: imago
Fabienne Kinzelmann

Am Freitag streikte Klimaaktivistin Greta Thunberg (16) vorm Weissen Haus. Sie tat dort, was sie jede Woche tut. Der Mann wiederum, dessen Amtssitz sich dort befindet, tat etwas, was er selten tut: Er ignorierte den offenen Protest.

Das kann der Schwedin egal sein. Sie will in Sachen Umweltschutz ohnehin nicht mit Donald Trump (73) sprechen, das hatte sie schon vor ihrer Überfahrt mit einem Segelboot in die USA klargestellt. Zeitverschwendung, konstatierte Thunberg.

Thunbergs Verbündete sitzen längst in fast allen wichtigen Institutionen, Regierungen und Parlamenten – oder sind auf dem Weg dahin. Ihr Thema, der Klimaschutz, erobert unter dem Begriff Green New Deal die politische Agenda weltweit. Überall gibt es jetzt Green New Dealmaker.

Von der Leyen, Warren und Ardern sind die neuen grünen Dealmaker

Auf EU-Ebene kümmert sich ab November der Niederländer Frans Timmermans (58) als Vize-Kommissionschef hauptverantwortlich um einen «European Green Deal». So hat es ihm seine künftige Chefin Ursula von der Leyen (60), die bald mächtigste Person in Brüssel, auf die Agenda gesetzt. Sie will einen EU-Klimavertrag innerhalb von 100 Tagen.

In den USA hat sich Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren (70), die laut Umfragen derzeit aussichtsreichste Trump-Konkurrentin, einen Green New Deal auf die Fahne geschrieben. Schafft sie den Sprung ins Oval Office, will sie gleich am ersten Tag einen Erlass unterzeichnen, der die Förderung fossiler Brennstoffe umgehend unterbindet.

Weiter ist Neuseeland. Hier erklärte die fortschrittliche Premierministerin Jacinda Ardern (39) bereits im April 2018 das Aus für Öl und Gas. Die betroffenen Arbeiter in der Region Taranaki, wo die meisten der Bodenschätze des Landes schlummern, murrten. Doch Ardern enthüllte persönlich ihren Plan für den Strukturwandel: Ein «Zentrum für saubere Energie», in dem neue Arbeitsplätze und Geschäftsideen entstehen sollen.

Der Green New Deal krempelt die Wirtschaft um

Die Konzepte sind unterschiedlich, doch dahinter steckt zuallererst eine politische Idee: Unser künftiger Wohlstand und der Klimaschutz sind untrennbar miteinander verbunden. Es braucht einen Neuanfang. Eine klimaneutrale Industrie, die ohne Öl, Gas und Kohle produziert. Und in der möglichst viele neue Jobs entstehen, die Wirtschaft ordentlich angekurbelt wird. Während sich der US-Präsident gern als gewiefter Dealmaker rühmt, arbeiten führende Politiker also am grössten Deal des Jahrhunderts.

Die Vereinten Nationen veröffentlichten bereits nach der Finanzkrise unter dem Titel «Global Green New Deal» politische Handlungsvorschläge, um die Wirtschaft wiederzubeleben und nachhaltiger zu gestalten. Darauf auf sprangen nur die grünen Parteien.

Der Greta-Effekt kommt auch bei Angela Merkel an

Europas Grüne wollten in ihrem Wahlprogramm 2009 «A Green New Deal for Europe» Wirtschafts-, Klima- und Lebensmittelkrise bekämpfen, sowie ökologische Verantwortung und soziale Gerechtigkeit durchsetzen. Die Grünen in der Schweiz einigten sich kurz darauf auf einen Green New Deal, der Arbeitsplätze schaffen und den Wirtschaftsstandort stärken sollte. Im Rennen ums Weisse Haus war es zuerst der ultralinke Senator Bernie Sanders (78), der den Green New Deal zum Wahlkampfthema auserkor. Im Februar legte die progressive Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez (29) einen Antrag zur Umsetzung eines Green New Deals vor.

Dass es die Idee aus der links-grünen Blase geschafft hat, ist auch Greta Thunberg zu verdanken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (65), für ihr untrügliches politisches Gespür bekannt, hat sich zwei Jahre vor ihrem geplanten Polit-Ende entsprechend als Klimakanzlerin zurückgemeldet. In der ersten Sitzung des Bundestages nach der Sommerpause sprach sie leidenschaftlich und mit konkreten Vorschlägen für einen an Innovation und sozialer Marktwirtschaft orientierten Klimaschutz. Macht sie vorwärts, sitzt der grösste Dealmaker am Ende nicht in Brüssel oder Washington – sondern in Berlin.

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