Es sind erschreckende Bilder: Ein Passagierflugzeug der Japan Airlines geht bei der Landung in Flammen auf. Videos und Fotos aus den sozialen Medien zeigen die brennende Maschine, die schliesslich in zwei Teile bricht. An Bord befanden sich 379 Menschen. Japans verkehrsreichster Flughafen Tokio-Haneda ist lahmgelegt.
Was ist passiert?
Der Flieger 516 der Japan Airlines war am Dienstag von New Chitose nach Haneda unterwegs. Um 17.47 Uhr Ortszeit (9.47 Uhr Schweizer Zeit) kollidierte der Airbus A350 beim Landeanflug mit einem Flugzeug der Küstenwache. Dies berichten japanische Medien. Das vordere Fahrwerk des Airbus kollabierte, durch das ausströmende Kerosin gerieten beide Triebwerke in Brand. Live-Bilder vom Newsportal NHK zeigten sofort eingeleitete Löscharbeiten. Der Haneda-Flughafen schloss alle Start- und Landebahnen.
Wie kam es dazu?
Die japanische Küstenwache bestätigte die Kollision des Passagierflugzeuges mit einem Flieger der Küstenwache auf der Landebahn. Wie der Leiter des Büros für Zivilluftfahrt des Verkehrsministeriums berichtet, landete die Maschine der Japan Airlines auf einer der vier Landebahnen des Flughafens, auf der sich das Küstenwachen-Flugzeug auf den Start vorbereitete. Dieses wollte Material in das Erdbebengebiet an der Westküste Japans bringen. Am Montag hatte es dort starke Erdbeben und Tsunami-Warnungen gegeben. Fast 50 Menschen liessen bei dieser Katastrophe ihr Leben.
Gemäss Sky News handelt es sich bei Maschine der Küstenwache um einen 20 Tonnen schweren Flieger vom Typ Bombardier Dash-8. Dieser sei «nicht annähernd so gross wie die A350», erklärt ein Aviatikexperte dem Sender, aber «gross genug, um eine beträchtliche Treibstoffmenge an Bord zu haben».
Die Flugtracking-Seite Flightradar 24 präzisiert gegenüber Sky News, dass es sich bei dem Flugzeug der Küstenwache um eine De Havilland Canada DHC-8-315Q MPA, auch Dash-8 genannt, mit der Kennung JA772A handle. Die Maschine verfüge über keine modernen ADS-B-Transponder. Diese dienen dazu, Bodenlotsen und anderen Flugzeugen hochpräzise Informationen über die Position eines Flugzeugs zu übermitteln.
Wie Vizekommandant Yoshio Seguchi mitteilt, habe der Pilot der Küstenwache seiner Basis gemeldet, dass sein Flugzeug nach der Kollision mit der Passagiermaschine explodiert sei. Beamte der Verkehrssicherheitsbehörde analysieren nun die Kommunikation zwischen den Fluglotsen und den beiden Flugzeugen. Noch ist die genaue Unfallursache unklar.
Wie geht es den Passagieren?
Aufnahmen vom Inneren des Airbus A350 zeigten schreiende Passagiere, die sich aufgrund des Rauches Nase und Mund verdeckten. Durch das Fenster erkennt man die Landebahn – und die Flammen.
An Bord des Fliegers waren 367 Passagiere, darunter acht Kinder, sowie zwölf Crewmitglieder. Wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtet, konnten alle Passagiere und Crewmitglieder des Japan-Airlines-Fluges evakuiert werden. 17 Personen wurden dabei laut der örtlichen Polizei verletzt, jedoch niemand lebensbedrohlich.
Was wissen wir über die Besatzung des Küstenwachen-Flieger?
Zunächst wurden fünf von sechs Besatzungsmitgliedern vermisst, während der Pilot sich rettete. Wenig später dann die traurige Gewissheit: Die vermissten fünf der sechs Besatzungsmitglieder kamen beim Zusammenstoss mit dem Airbus ums Leben. Der Pilot befindet sich zudem in Lebensgefahr. Dies berichten japanische Medien unter Berufung auf die Polizei.
Die fünf Todesopfer wurden vom Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus identifiziert. Es handelt sich um den 41-jährigen Vizekapitän sowie vier weitere Besatzungsmitglieder im Alter von 27, 37, 39 und 56 Jahren.
Wie lief die Rettung ab?
Dutzende Einsatzkräfte waren mit rund 100 Feuerwehrautos vor Ort, um den Brand unter Kontrolle zu bringen, wie der japanische Sender NHK berichtet. Die Löscharbeiten am Airbus sind noch immer in Gang. Auch der Küstenwachen-Flieger fing nach Angaben des Fernsehsenders Feuer. Nach rund vier Stunden konnte dieses aber gelöscht werden.
Ein 17-jähriger Passagier erzählt der schwedischen Zeitung «Aftonbladet»: «Die gesamte Kabine war innerhalb weniger Minuten mit Rauch gefüllt.» Passagiere hätten sich auf den Boden geworfen. «Dann wurden die Nottüren geöffnet, und wir sind darauf losgerannt. Der Rauch in der Kabine brannte höllisch. Es war die Hölle. Wir hatten keine Ahnung, wohin wir gehen sollten, also rannten wir einfach aufs Feld. Es herrschte Chaos.»
Ein anderer Passagier erzählt gegenüber dem Sender NHK von einer Durchsage: Die Menschen wurden aufgefordert, sich zu beruhigen und den Flieger ohne ihr Gepäck zu verlassen.
Wie sieht die Situation am Flughafen aus?
Tetsuo Saito, der japanische Minister für Land, Verkehr und Infrastruktur, informierte am Dienstag bei einer Pressekonferenz über die aktuelle Lage. «Wir tun unser Bestes, um den Betrieb ab morgen wieder nach dem normalen Zeitplan aufzunehmen», sagt er. Nach wie vor sei die Ursache des Unfalls unbekannt.
Zurzeit versuchen Beamten, das Katastrophengebiet zu sichern und den Rest des Flughafens wieder zu öffnen. Mittlerweile wurden drei Start- und Landebahnen wieder freigegeben. (gs)