Piloten von Linienflug hatten keinen «Sichtkontakt»
Die Piloten der verunglückten Passagiermaschine der Japan Airlines (JAL) haben nach Angaben der Fluggesellschaft keinen «Sichtkontakt» mit dem kollidierenden Küstenwache-Flugzeug gehabt. Die drei Piloten hätten überdies das infolge des Zusammenstosses ausbrechende Feuer vom Cockpit aus nicht sehen können, sagte ein JAL-Sprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Sie seien erst von der Kabinenbesatzung darüber informiert worden.
Die Piloten hätten wenige Sekunden nach der Landung einen Aufprall gespürt, sagte ein JAL-Sprecher. Einem Bericht des Senders NHK zufolge meldete der leitende Flugbegleiter dem Cockpit, dass das Flugzeug brenne und bat um die Erlaubnis für die Kabinenbesatzung, die Notausgänge zu öffnen. Wie auf Aufnahmen zu sehen ist, füllte sich die Kabine zu diesem Zeitpunkt bereits mit Rauch.
Am Donnerstag setzten Ermittler aus Japan, Frankreich, Grossbritannien und Kanada ihre Untersuchungen zu den Hintergründen des Unglücks fort. Die völlig ausgebrannten Wracks der beiden Flugzeuge waren am Donnerstag noch immer auf einer der vier Start- und Landebahnen von Haneda zu sehen.
Passagierflugzeug hatte Landeerlaubnis
Der Flugschreiber und der Stimmenrekorder der nach der Kollision auf dem Rollfeld ausgebrannten Küstenwache-Maschine wurden nach Angaben der Flugsicherheitsbehörde geborgen, nach dem Stimmenrekorder der Linienmaschine wurde am Donnerstag noch gesucht.
Am Mittwoch vom Verkehrsministerium veröffentlichte Mitschriften des Funkverkehrs mit dem Tower belegten laut japanischen Medien, dass das Passagierflugzeug der Japan Airlines (JAL) Landeerlaubnis hatte, während das Flugzeug der Küstenwache Anweisungen erhielt, sich zu einer Stelle neben der Start- und Landebahn zu begeben.
Der Fernsehsender NHK hatte unter Berufung auf eine Quelle im Verkehrsministerium bereits berichtet, ein Fluglotse habe das Küstenwache-Flugzeug angewiesen, abseits der Start- und Landebahn zu warten. Gleichzeitig zitierte NHK einen Vertreter der Küstenwache mit der Aussage, der überlebende Pilot der Maschine habe direkt nach dem Unglück versichert, dass er eine Startgenehmigung gehabt habe.
Durfte Flugzeug nicht auf Startbahn?
Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyoto am Mittwochmittag Schweizer Zeit berichtet, soll der Crash eines japanischen Passagierflugzeugs mit einer Maschine der Küstenwache auf dem Tokioter Flughafen Haneda menschliches Versagen gewesen sein. Demnach habe das Flugzeug der Küstenwache keine Erlaubnis gehabt, auf die Start- und Landebahn zu rollen.
Der Pilot hatte eine gegenteilige Aussage gemacht und angegeben, er habe eine Erlaubnis gehabt, auf die Landebahn zu rollen, berichtete Kyoto unter Berufung auf das Verkehrsministerium.
Führte Missverständnis zum Unfall?
Japanischen Medienberichten zufolge erhielt die JAL-Maschine die Erlaubnis vom Fluglotsen zur Landung und führte das Landemanöver entsprechend durch. Als sie aber dabei war, aufzusetzen, habe sich die Maschine der Küstenwache scheinbar bereits auf der Start- und Landebahn befunden.
Die Flugsicherung hatte dem Flugzeug der Küstenwache kurz vor dem katastrophalen Zusammenstoss befohlen, kurz vor der Landebahn zu halten, heisst es weiter.
Möglicherweise habe es ein Missverständnis zwischen dem Fluglotsen und dem Piloten der Maschine gegeben. Die Behörden wollen nun im Detail der Kommunikation zwischen beiden Seiten nachgehen.
Weitere Details zum Unfallhergang bekannt
Jetzt kommen mehr Details zum Zusammenstoss ans Licht. Der Unfall ereignete sich, als das Flugzeug der Japan Airlines auf einer der vier Landebahnen des Flughafens landete, auf der sich der Flieger der Küstenwache auf den Start vorbereitete. Dies berichtet der Leiter des Büros für Zivilluftfahrt des Verkehrsministeriums.
Weiter teilt Vizekommandant Yoshio Seguchi mit, dass der Pilot der Küstenwache seiner Basis meldete, dass sein Flugzeug nach der Kollision mit dem Passagierflugzeug explodiert sei. Beamte der Verkehrssicherheitsbehörde untersuchen derzeit die Kommunikation zwischen den Beamten der Luftfahrtkontrolle und den beiden Flugzeugen.
In der Zwischenzeit ist der Flugbetrieb auf dem Flughafen Haneda teilweise wieder aufgenommen worden: Wie ein Beamter des japanischen Verkehrsministeriums mitteilte, hat der Flughafen drei Start- und Landebahnen wieder freigegeben.
Beamte versuchen, den Flughafen wieder zu öffnen
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag informierte der japanische Minister für Land, Verkehr und Infrastruktur, Tetsuo Saito, über die aktuelle Lage.
Die Ursache des Unfalls sei nach wie vor unbekannt. Derzeit würden die Beamten versuchen, das Katastrophengebiet zu sichern und gleichzeitig den Rest des Flughafens wieder zu öffnen. «Wir tun unser Bestes, um den Betrieb ab morgen wieder nach dem normalen Zeitplan aufzunehmen», sagt er.
Die Start- und Landebahnen A, B und D könnten möglicherweise heute wieder geöffnet werden, sollten aber «spätestens morgen» wieder in Betrieb sein, fügt er hinzu.
Japanischer Premierminister spricht «Beileid und Dankbarkeit» aus
An einer Pressekonferenz hat der japanische Premierminister Fumio Kishida den Zusammenstoss zwischen einem Passagierflugzeug und einem Flugzeug der Küstenwache, bei dem fünf Menschen an Bord des letzteren ums Leben gekommen sind, bestätigt. «Es ist eine sehr enttäuschende und traurige Situation», so Kishida, der sein «tief empfundenes Beileid» aussprach.
Tote Crewmitglieder identifiziert
Das Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus hat die fünf Todesopfer der Küstenwache identifiziert und ihre Namen veröffentlicht. Es handelt sich um einen Vizekapitän im Alter von 41 Jahren sowie vier weitere Crewmitglieder im Alter von 27, 37, 39 und 56 Jahren.
Unfall-Ursache bleibt unklar
Der Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus äusserte sich zum Flugunglück: «Die Ursache der Kollision ist derzeit unbekannt. Wir werden mit der Untersuchung fortfahren und Massnahmen ergreifen, um eine Wiederholung zu verhindern.»
Küstenwachen-Flieger fing Feuer
Der japanische Sender NHK berichtet, dass bei dem Unfall auch der Flieger der Küstenwache Feuer fing. Dieses sei rund vier Stunden nach dem Unfall gelöscht worden. Die Löscharbeiten am Airbus der Japan Airlines sind hingegen noch in Gang.
Passagiere: «Dann gab es plötzlich einen Knall»
Eine Passagierin des Japan-Airlines-Fliegers erzählt von der Horror-Landung: «Es gab einen Knall und ich dachte, es wäre eine holprige Landung, aber ich hatte keine Ahnung, dass ein Unfall passiert war.»
Ein zweiter Passagier erzählt dem Sender NHK: «In dem Moment, als wir landeten, sah alles normal aus, aber dann hörte ich einen Knall, und dann blinkte die Aussenseite plötzlich orange. Ich konnte sehen, dass es brannte.» Dann gab es Durchsagen, in denen die Passagiere aufgefordert wurden, sich zu beruhigen und das Flugzeug ohne Gepäck zu verlassen.
Der Japan Airlines Flieger 516 fing am Dienstag am Haneda Flughafen in Tokio Flammen. Ein Video aus den sozialen Medien zeigt, wie der brennende Airbus A350 mit schnellem Tempo über die Landebahn rollt. Bilder von «Sky News» und der Nachrichtenagentur AP zeigen, dass der Flieger in Vollbrand steht. Hohe Flammen und dichter Rauch waren zu sehen. Noch ist unklar, ob es Verletzte gab. An Bord sollen über 300 Menschen gewesen sein.
Das Flugzeug soll von New Chitose nach Haneda unterwegs gewesen sein. Japanische Medien berichten, dass der Passagierflieger um 17.47 Uhr Ortszeit (9.47 Uhr Schweizer Zeit) Feuer fing, als er landen wollte. Weiter wird unter Berufung auf Angaben der örtlichen Feuerwehr berichtet, dass der Flieger womöglich mit einem anderen Flieger der japanischen Küstenwache auf der Landebahn kollidierte. Die Löscharbeiten seien derzeit im Gang, wie Live-Bilder vom Newsportal «NHK» zeigen. (mrs)